1860 München - Dennis Erdmann im Interview: "Wenn ich kein Bierchen mehr trinken darf, höre ich mit dem Profifußball auf"

Dennis Erdmann feiert mit seinen Kollegen vom 1. FC Magdeburg den Aufstieg in die 2. Bundesliga 2018.
© getty
Cookie-Einstellungen

Über die Stationen SC Brühl und Bergisch Gladbach 09 sind Sie mit 21 Jahren in der Reserve des FC Schalke 04 gelandet. Was war dort anders als bei den kleineren Vereinen, für die Sie zuvor gespielt haben?

Erdmann: Ich habe viel, viel Geld gesehen.

Haben Sie sich deshalb anders verhalten?

Erdmann: Nein, ich habe mich genauso verhalten wie früher in der Kreisliga. Ich habe meine Schuhe selbst geputzt und meine Schienbeinschoner selbst eingepackt. Meiner Meinung nach gehört es als Fußballer zu den Basics, dass man seine eigenen Dinge in Ordnung hält und sich nicht alles abnehmen lässt. Man sollte seinen Kopf einschalten, anstatt seine Zeit zu verschwenden und nur Love Island oder Bachelorette zu schauen.

Schauen Sie denn auch fern?

Erdmann: Ja, viele Tier-Dokumentationen.

Und was ist Ihr Lieblingstier?

Erdmann: Das Erdmännchen.

Nur wegen des Namens?

Erdmann: Nein, weil es angriffslustig ist und einen Beschützerinstinkt hat.

Nach Ihrem Abschied von Schalke II spielten Sie nacheinander bei den rivalisierenden Ost-Klubs Dynamo Dresden, Hansa Rostock und beim 1. FC Magdeburg.

Erdmann: Das ist einzigartig und darauf bin ich stolz. Vor mir gab es keinen Fußballer, der für die drei Klubs gespielt hat.

Im Osten beliebt: Dennis Erdmann unterschreibt als Spieler von Hansa Rostock ein Trikot von Dynamo Dresden.
© getty
Im Osten beliebt: Dennis Erdmann unterschreibt als Spieler von Hansa Rostock ein Trikot von Dynamo Dresden.

Wurden Sie nach den jeweiligen Wechseln angefeindet?

Erdmann: Heute hören Sie in Dresden, Rostock und Magdeburg wahrscheinlich nur positive Sachen über mich, am Anfang war das anders. Natürlich wurde ich angefeindet, das gehört dazu. Ich bin aber nicht so weich, als dass mir das etwas ausmachen würde. Ansonsten hätte ich mich schon längst irgendwo ertränkt.

Wie geht Ihre Familie damit um?

Erdmann: Meine Mutter verfolgt sehr genau, was über mich geschrieben und gesagt wird, und macht sich dann entsprechend Sorgen. Wenn sie mich darauf anspricht, sage ich ihr aber immer nur: 'Mama, du kannst dir gar nicht vorstellen wie scheißegal mir das alles ist.' Sie versucht trotzdem, mich immer zu beschützen, wenn ich unfair behandelt werde.

Haben Sie ein Beispiel?

Erdmann: Im Profifußball geht es gesittet zu, da musste sie noch nicht eingreifen. Das war in der Kreisliga anders. Da ist meine Mutter mal mit dem Regenschirm auf einen Schiedsrichter losgegangen, weil er so scheiße gepfiffen hat. Vor der Frau muss man sich in jedem Stadion Deutschlands in Acht nehmen.

Als Sie noch in Magdeburg gespielt haben, haben Sie auf Instagram ein Foto einer Pyro-Show der Fans gepostet. Taugt Ihnen das?

Erdmann: Ich verstehe, dass Pyrotechnik eine Anziehungskraft auf die Leute hat. Es sieht ja auch gut aus. Aber wenn damit Unbeteiligte gefährdet werden, hört der Spaß auf.

Finden Sie, dass Fans in Deutschland schikaniert werden?

Erdmann: Man muss Fans Fans sein lassen. Ich habe schon bei verschiedenen Ost-Derbys erlebt, dass Fans von der Polizei eingekesselt wurden und deswegen gar nicht oder zu spät ins Stadion gekommen sind. Das finde ich falsch. Aber die Fans müssen auch einen Schritt entgegenkommen: Wenn sie sich unbedingt schlagen wollen, sollen sie das machen - aber irgendwo außerhalb des Stadions, wo keine Kinder dabei sind.

Seit diesem Sommer spielen Sie bei 1860. Was hat den Ausschlag für den Wechsel gegeben?

Erdmann: Ich spiele nur für Traditionsvereine und nicht für aufgeputschte Retortenvereine mit 200 Fans. Deswegen war 1860 interessant für mich. Die Gespräche mit Trainer Daniel Bierofka liefen auch hervorragend, also habe ich unterschrieben.

Gibt es einen Klub auf der Welt, der Sie so sehr reizt, dass Sie gratis für ihn spielen würden?

Erdmann: Für den 1. FC Köln würde ich definitiv gratis spielen - oder vielleicht für einen Kasten Bier. Ich bin Kölner und liebe den Effzeh. Meine Eltern sind schon zum Effzeh gegangenen, als ich noch gar nicht auf der Welt war. Wenn ich da nicht Fan geworden wäre, hätte es Ärger gegeben.

Köln, Effzeh - dann sicher auch Karneval?

Erdmann: Natürlich! Was für die Leute hier in München die Wiesn ist, ist für mich der Karneval. Am liebsten will ich jedes Jahr dorthin. Leider ist es mit den Trainingsplänen aber nicht immer zu vereinbaren.

Wie sieht denn Ihr perfektes Karnevals-Wochenende aus?

Erdmann: Donnerstag Abschlusstraining, Freitagabend Spiel und wegen des Sieges gibt der Trainer zwei Tage frei. Samstag und Sonntag - ach, auch schon Freitag nach dem Spiel - auf die Pirsch. Am Montag dann wieder Training. Der Umzug am Rosenmontag ist sowieso nur der Ausklang, darauf habe ich keinen Bock.

Weiberfastnacht am Donnerstag wird ausgelassen?

Erdmann: Ja, dafür bin ich zu professionell. Erst die Arbeit, dann der Spaß. Erst die Gegner verputzen, dann die Bierchen verputzen.

Dennis Erdmann feiert mit seinen Kollegen vom 1. FC Magdeburg den Aufstieg in die 2. Bundesliga 2018.
© getty
Dennis Erdmann feiert mit seinen Kollegen vom 1. FC Magdeburg den Aufstieg in die 2. Bundesliga 2018.

Zu Ihrer Zeit in Rostock haben Sie gemeinsam mit dem Label "Hauptbild Makellos" eine Modekollektion herausgebracht. War das eine einmalige Aktion oder können Sie sich weitere Tätigkeiten in dieser Branche vorstellen?

Erdmann: Das war eine einmalige Aktion. Es hat zwar Spaß gemacht, war mir aber letztlich zu stressig. Für die Zeit nach der Karriere habe ich andere Pläne.

Und zwar?

Erdmann: Ich will noch fünf Jahre Fußball spielen, dann gehe ich in die Politik. Ich will eine Partei gründen und mit ihr meinen ganz eigenen Weg gehen.

Für was soll diese Partei stehen?

Erdmann: Das finale Konzept muss ich mir noch ausdenken. Meine Partei wird aber auf jeden Fall für Sauberkeit und Ordnung stehen.

Inhalt: