Es gehört zu den negativen Seiten der modernen Informationsgesellschaft, dass beinahe alles für jeden immer und überall zugänglich ist. Auch Sachen, die man am liebsten nicht mehr sehen oder hören will. Auf Gareth Bale, der am Mittwoch mit Wales auf die deutsche Nationalmannschaft trifft (20.30 Uhr im SPOX-TICKER), dürfte das zutreffen.
Seine Mutter gab der Öffentlichkeit 2006 vor seinem Länderspieldebüt gegen Trinidad und Tobago mehr Einblick in sein Privatleben als ihm lieb gewesen sein dürfte.
"Er streitet immer noch mit seiner Schwester Vicky darum, wer den Abwasch macht und Abtrocknen muss. Meistens hat er das schlechtere Ende für sich", so Debbie Bale. Und als ob das nicht schon genug wäre fügte sie hinzu: "Er ist immer noch mein kleiner Junge."
Bale war damals 16 Jahre und 295 Tage alt, neun Tage später trug er zum ersten Mal das Trikot mit dem walisischen Drachen, brach den Rekord von Lewin Nyatanga (17 Jahre und 181 Tage) und wurde zum jüngsten Nationalspieler der Geschichte seines Landes.
Begnadeter Freistoßschütze
Gleich in seinem ersten Spiel bereitete er den 2:1-Siegtreffer vor, drei Monate später wurde er zum jüngsten Torschützen der Geschichte, als er bei der 1:5-Niederlage gegen die Slowakei einen wunderbaren Freistoß versenkte - ein Markenzeichen des mittlerweile 19-Jährigen.
Seine Standards sind auf der Insel gefürchtet. Seine Schusstechnik und Körperhaltung erinnern an Ian Harte, den gefürchteten irischen Freistoßschützen von Leeds United.
Gefährlicher Wachstumsschub
Dabei stand Bales Karriere 2004 noch auf der Kippe. Ein plötzlicher Wachstumsschub verursachte große Probleme, im Rücken hatte sich einiges verschoben.
"Ich konnte nicht mal richtig laufen", sagt Bale, der für kurze Zeit mit dem Fußballspielen aufhören musste.
Doch wie viele Jugendliche in diesem Alter erholte er sich im Laufe der Zeit, auch dank fachgerechter Behandlung.
Giggs' legitimer Nachfolger
Zum Glück für Bale und zum Glück für den walisischen Fußball. Denn Bale ist der sportliche Hoffnungsträger der kleinen Nation im Westen der britischen Insel und der legitime Nachfolger von Ryan Giggs.
Zwar ist Bale im Gegensatz zu Giggs ein Linksverteidiger, aber unübersehbare Gemeinsamkeiten rufen diesen Vergleich immer wieder auf den Plan: Beide kommen aus Cardiff, beide sind Linksfüßer und beide wurden die jüngsten Nationalspieler ihrer Zeit.
"Er hatte einfach alles"
Mitschuld an diesem Vergleich trägt auch der walisische Jugendkoordinator und U-21-Trainer Brian Flynn, der sich direkt an den jungen Giggs erinnert fühlte, als er Bale bei einem U-17-Sichtungslehrgang in Swansea das erste Mal sah.
"Ich kann es gar nicht in Worte fassen, wie gut er war. Er hatte einfach alles: Technik, Körperbeherrschung, einen feinen linken Fuß, die nötige Begabung - einfach das ganze Paket", schwärmt Flynn, der in Bale das Talent sieht, das man nur einmal in einer ganzen Generation findet.
Freundschaft mit Walcott
Ein Talent, das hart für seinen Erfolg gearbeitet hat und früh gefordert und gefördert wurde. Mit neun Jahren fiel der Junge aus Whitchurch, einem Randbezirk Cardiffs, den Scouts von Southampton auf.
Von da an trainierte er an der Außenstelle der Saints in Bath im Westen Englands und fuhr drei Mal pro Woche mit seinen Eltern nach Southampton. In der Schule ließ ihn sein Sportlehrer nur mit dem rechten Fuß und einem Kontakt spielen.
Mit 16 ging er endgültig an die Südküste. Dort traf er auf einen gewissen Theo Walcott, mit dem ihn noch immer eine Freundschaft verbindet. Vor Walcotts Wechsel zu Arsenal dachten beide sogar darüber nach, sich gemeinsam eine Wohnung zu nehmen.
Zehn Millionen für einen Fuß
Doch auch Bales Zeit in Southampton war bald zu Ende. Die großen Klubs der Premier League standen Schlange. Ein Angebot von Manchester United über angeblich zehn Millionen Euro wehrte Saints-Manager George Burley, der in Bale einen besseren Linksverteidiger als Chelseas Ashley Cole sieht, mit der Frage ab: "War das für den rechten oder den linken Fuß?"
Am Ende wechselte er für rund 15 Millionen Euro zu Tottenham Hotspur. Auch weil sich die Spurs am meisten um ihn bemühten und ihm die beste Perspektive boten.
Noch konnte er seine Fähigkeiten nur in Ansätzen beweisen. Eine Sprunggelenksverletzung im Dezember 2007 setzte ihn acht Monate außer Gefecht.
Doch kein Grund zu jammern, er nutzte die Zeit um im Kraftraum körperliche Defizite aufzuarbeiten. "Ich bin robuster, fühle mich viel besser als letztes Jahr und kann auch in den Zweikämpfen besser bestehen", meint Bale. Mit etwas Glück gewinnt er auch den mit seiner Schwester.
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