Italien: Andrea Pirlo
Das Spiel gegen Mexiko hatte Nationalcoach Marcello Lippi zum großen WM-Test ausgerufen. Doch die Italiener verloren nicht nur die Partie gegen die Mittelamerikaner, sondern - viel schlimmer - auch Mittelfeldstratege Andrea Pirlo. Der Milan-Star zog sich eine Zerrung an der linken Wade zu und fällt laut italienischem Teamarzt 15 bis 20 Tage aus.
Pirlo wird dennoch mit nach Südafrika reisen und alles versuchen, um doch noch zum Einsatz kommen zu können. Ganz nach dem Vorbild von Gennaro Gattuso, der bei der WM 2006 erst zum dritten Gruppenspiel fit wurde, dann aber bis zum Titelgewinn in der ersten Elf stand.
Wie wird der Ausfall personell kompensiert? Die Italiener versuchen alles, um Pirlo fit zu bekommen. Bis zum 13. Juni darf Lippi noch nachnominieren. Falls sich der Weltmeister-Coach tatsächlich dafür entscheidet, Pirlo nach Hause zu schicken, würden Andrea Cossu (Cagliari) oder Antonio Candreva (Juve) in den Kader nachrücken. Beste Karten für Pirlos Platz in der Startelf hat wohl Angelo Palombo von Sampdoria Genua. Fiorentinas Riccardo Montolivo hat nicht mehr als Außenseiterchancen.
Was heißt der Ausfall für Italiens Spiel? Lippi muss nun alles nochmal überdenken. Der 62-Jährige hatte eigentlich ein 4-2-3-1 mit den spielstarken Sechsern Pirlo und De Rossi favorisiert. Nun allerdings fällt mit Pirlo das Herzstück zumindest für die ersten beiden Spiele aus. Gut möglich, dass Lippi deshalb wieder auf ein 4-4-2 mit zwei offensiven Außen setzt und De Rossi, abgesichert durch Palombo, mit mehr Freiheiten ausstattet. Egal mit welchem System Italien spielen wird, fest steht: Ohne Pirlo ändert sich die Spielweise der Squadra Azzurra erheblich. Pirlo erhielt im Spiel nach vorne stets den ersten Ball, leitete daraufhin fast jeden Angriff ein und war durch seine Ballsicherheit und Übersicht für hohe Ballbesitzzeiten verantwortlich. Nun wird Italien versuchen (müssen), zügig das Mittelfeld zu überbrücken und vorne den schnellen Abschluss zu suchen. Ähnlich wie es Inter in dieser Saison gezeigt hat.
Was ändert sich durch den Ausfall im Team? Ein Mann großer Worte oder Gesten war Pirlo noch nie, der 31-Jährige ist vielmehr so etwas wie der stille Leader, der innerhalb der Mannschaft enorm hohes Ansehen genießt. In diese Rolle muss auf dem Platz nun De Rossi schlüpfen, der mittlerweile auch bei der Roma die Kommandos gibt und sich nicht davor drückt, Verantwortung zu übernehmen. Lippis verlängerter Arm ist mit oder ohne Pirlo Kapitän Fabio Cannavaro. Auch das Wort von Keeper Gianluigi Buffon hat bei Trainer wie Spielern viel Gewicht.
Ghana: Michael Essien
Lange hatten die Ghanaer gehofft, dass Essien fit werden würde. Die anhaltenden Knieprobleme, die den 27-Jährigen seit dem Afrika-Cup plagen, lassen eine WM-Teilnahme allerdings nicht zu. "In Deutschland glauben viele Leute, die Verletzung von Ballack sei der Weltuntergang. Ich glaube, dass Essien noch ein Stück besser ist als Ballack. Daran kann man ermessen, was sein Ausfall für uns bedeutet", sagte Leverkusens Hans Sarpei.
38 Länderspiele hat Essien für die Black Stars zwar erst absolviert, dennoch ist er der unumstrittene Chef im Team. Obwohl Stephen Appiah die Kapitänsbinde trägt, gibt Essien intern die Richtung vor und geht auf dem Feld voran. "Essien ist Kopf, Herz und Seele unseres Teams", sagt Coach Milovan Rajevac.
Wie wird der Ausfall personell kompensiert? Für Essien rückte Derek Boateng vom FC Getafe in den WM-Kader auf. Auf Essiens Platz in der Startelf hat der Ex-Kölner allerdings keine Chance. Dafür hat sein Namensvetter Kevin-Prince Boateng seinen Stammplatz nun wohl vorerst sicher, auch weil Kapitän Appiah nicht die nötige Fitness für 90 Minuten hat.
Was heißt der Ausfall für Ghanas Spiel? Mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit steht nach Essiens Ausfall fest, dass die Black Stars nun mit zwei echten Spitzen agieren. Amoah und Tagoe streiten um den zweiten Platz neben Gyan. Was Ghana ohne Essien abgeht: Der Chelsea-Star sorgte für ein perfektes Gleichgewicht zwischen Defensive und Offensive. Bei gegnerischem Ballbesitz ließ er sich auf die Sechserposition neben Annan fallen, stopfte viele Löcher und hielt den offensivstärkeren Muntari und Asamoah so den Rücken frei. Im eigenen Spielaufbau forderte er meist den ersten Ball, initiierte viele Offensivaktionen oder suchte selbst den Abschluss.
Was ändert sich durch den Ausfall im Team? Sportlich ist Essien schon kaum zu ersetzen, als Typ und Leader ist sein Fehlen allerdings schlichtweg nicht zu kompensieren. Denn: Die wenigen verbliebenen Führungsspieler haben allesamt ihre eigenen Probleme. Appiah kam in der Rückrunde in Bologna nur zu zwei Einsätzen und ist alles andere als in WM-Form, Abwehrchef John Mensah plagt sich mit Verletzungssorgen herum und Sulley Muntari hat nicht unbedingt das beste Verhältnis zu Coach Rajevac. Nichtsdestotrotz muss der Inter-Star nun Essiens Rolle als Leader übernehmen.