Die WM-Versager kehrten unter massivem Polizeischutz in die Heimat zurück, der Staatspräsident traf einen der Rebellenführer persönlich, und die Regierung forderte die Ablösung des Verbandsbosses: Frankreich arbeitet die Skandal-WM auf höchster Ebene im Eiltempo auf.
Nachdem die Nationalmannschaft nach den Chaos-Tagen in Südafrika auf dem Militärflughafen Le Bourget in der Nähe von Paris gelandet war, düste Kapitän Thierry Henry sofort in einer Staatskarosse mit Polizei-Eskorte zum Elysee-Palast.
Dort traf sich der Spielführer der Equipe Tricolore, der beim WM-Fiasko nur Reservist gewesen war, mit Nicolas Sarkozy. Das Treffen fand auf Wunsch Henrys statt und wurde offiziell als "privat" eingestuft. Über den Inhalt gab es keine Angaben.
Sarkozy erklärt WM-Blamage zur Chefsache
"Wir werden sehen, was er mir sagen will", hatte Sarkozy, der ein Treffen mit Nichtregierungsorganisationen vor dem G-8-Gipfel in Toronto dafür absagte, zuvor gesagt: "Wenn ich mich jetzt um dieses Problem kümmere, heißt das nicht, dass ich ständig bei diesem Thema intervenieren werde."
Der Präsident hat die WM-Blamage zur Chefsache erklärt und für Oktober eine Generalversammlung des französischen Fußballs einberufen. "Dann sollen die Verantwortlichen schnell die Konsequenzen aus diesem Desaster ziehen", sagte Sarkozy.
Ob dann der in die Kritik geratene Verbandspräsident Jean-Pierre Escalettes noch im Amt ist, ist fraglich. Ein Rücktritt des 75-Jährigen sei "unvermeidlich", sagte Sportministerin Roselyne Bachelot am Donnerstag: "Auch wenn ich es mir anders gewünscht hätte." Verantwortlich für die "Katastrophe" bei der Fußball-WM seien aber die Spieler.
Escalettes zunehmend unter Druck
Escalettes, der als größter Fürsprecher des gescheiterten Nationaltrainers Raymond Domenech gilt und seinen Schützling sogar weiter im Verband beschäftigen will, hatte einen Rücktritt zuletzt abgelehnt.
Das entspreche nicht seiner Art, sagte der Verbandsboss, dessen Vertrag noch zwei Jahre läuft. Neuer Trainer des Weltmeisters von 1998 wird Ex-Nationalspieler Laurent Blanc.
Bei der Aufarbeitung der Geschehnisse drückt auch der Verband aufs Gaspedal: Die ursprünglich für den 20. Juli geplante Versammlung des FFF wird nach Informationen der Tageszeitung Le Parisien "aus aktuellem Anlass" auf den 2. Juli vorgezogen.
Spieler von Polizei abgeschottet
Mit einem massiven Polizeiaufgebot waren die Nationalspieler nach ihrer Rückkehr von Fans und Journalisten abgeschottet worden. Die meisten Spieler der "Blauen" stiegen sofort in zwei Busse mit getönten Scheiben, die den Flughafen durch einen Hintereingang verließen.
Franck Ribery und die Profis von Olympique Lyon flogen mit Privatjets weiter. Der Mittelfeldstar von Bayern München kehrte mit einem von seinem Klub gecharterten Flieger nach München zurück, um sich am Freitag einer schon länger geplanten Leistenoperation zu unterziehen.Diesen reinen Routine-Eingriff hatte Ribery schon am Ende der abgelaufenen Saison mit Bayern-Arzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt abgesprochen. Der Franzose leidet unter einer sogenannten "weichen Leiste".
Ribery wird nach dem Eingriff einige Tage in der Klinik bleiben, ehe er in den Sommer-Urlaub geht. Nach aktuellem Stand der Dinge kann Bayern-Trainer Louis van Gaal beim Start in die neue Saison mit dem dribbelstarken Flügelflitzer planen.