Für Spanien war es im 19. Spiel die erste Niederlage gegen die Schweiz überhaupt. Die Schweiz blieb im fünften WM-Spiel in Folge ohne Gegentor.
Nachbetrachtung:
Es war ein Abziehbild vom erfolglosen Anrennen des FC Barcelona im Champions-League-Halbfinale gegen Inter Mailand. Spanien konnte aus über 73 Prozent Ballbesitz kein Kapital schlagen.
Die Schweiz war ein unbequemer Gegner, doch die Furia Roja muss sich den Vorwurf gefallen lassen, ihre Angriffe nicht mit der nötigen Konsequenz zu Ende gespielt zu haben. Das unerschöpfliche spielerische Potential der Spanier war blockiert. Vicente del Bosque bemängelte fehlende Genauigkeit - der WM-Rekord von 16 Schüssen am Tor vorbei belegt dies.
Auch der Coach hat Fehler gemacht. Der eingewechselte Torres hinterließ infolge einer langen Verletzungspause einen müden Eindruck. Mit Mata und Llorente saßen zwei gesunde Stürmer 90 Minuten auf der Bank.
Vielleicht hat die Niederlage aber auch etwas Gutes für Spanien. Bei der WM 2006 spielte sich die Furia Roja mit brillanten Spielen in der Vorrunde in die Favoritenrolle und schied dann im Achtelfinale gegen Frankreich aus. Gegen Honduras sollte ein Sieg kein Problem sein und Chile ist offensiver ausgerichtet als die Schweiz. Spanien wird sich erholen und die K.o.-Phase erreichen.
Die Schweiz beeindruckte mit eiserner Disziplin. Mit drei unerwarteten Punkten auf der Habenseite sind die Eidgenossen plötzlich Favorit in der Gruppe H. Gegen Chile müssen sie aber auch selbst die Initiative ergreifen. Die Vorzeichen sind günstig: Mit Alex Frei kehrt der beste Stürmer der Schweiz zurück.
Reaktionen:
Vicente del Bosque (Trainer Spanien): "Das war nicht unser Tag. Wir hatten genug Möglichkeiten, ein Tor zu erzielen. Die WM ist noch nicht zu Ende für uns. Wir haben noch zwei Spiele. Wenn wir die beide gewinnen, sind wir im Achtelfinale."
Iker Casillas (Spanien): "Wir sind alle niedergeschlagen. Es tut weh, so zu verlieren. Wir haben ja nicht schlecht gespielt. Aber diese Mannschaft hat den Charakter, die Dinge noch positiv für uns zu gestalten."
Ottmar Hitzfeld (Trainer Schweiz): "Ich bin sehr zufrieden mit meiner Mannschaft. Sie hat diszipliniert und intelligent gespielt. Gegen Spanien kann man nicht so offensiv spielen. Wir haben zum ersten Mal gegen Spanien gewonnen. Irgendwann ist immer das erste Mal. Gegen Chile wird es nicht einfacher. Von uns wird jetzt viel erwartet."
Der SPOX-Spielfilm:
Vor dem Anpfiff: Iniesta hat den Kampf gegen die Zeit gewonnen. Der Mittelfeldspieler steht in Spaniens Startelf. Del Bosque vertraut sechs Barca-Spielern (inklusive Villa) und drei Akteuren von Real Madrid.
Schweiz-Trainer Hitzfeld setzt auf ein 4-4-2 mit Nkufo und Derdiyok im Sturm. Frei und Behrami sitzen angeschlagen auf der Bank.
24.: Die erste dicke Chance. Die Schweiz klärt nach einer Ecke zu kurz und verliert Pique aus den Augen. Iniesta erkennt die Situation blitzschnell und bedient Pique mit einem Pass. Der Innenverteidiger lässt im Sechzehner mit einem Haken seinen Gegenspieler stehen, scheitert aber an Benaglio, der den Winkel geschickt verkürzt.
45.: Villa wird im Strafraum angespielt und tanzt von Bergen aus. Der versuchte Heber über Benaglio geht weit am Tor vorbei.
52., 0:1, Fernandes: Unfassbar! Langer Ball aus der Schweizer Hälfte. N'Kufo verarbeitet den Ball gekonnt und legt ihn dem einlaufenden Derdiyok perfekt in den Lauf. Casillas stürmt aus dem Kasten und rasiert Derdiyok. Der Ball fällt Fernandes vor die Füße, der sich gegen Pique durchtankt und die Kugel über die Linie drückt.
71.: Iniesta legt quer auf Alonso, der aus 18 Metern draufhält. Der Ball kracht an die Latte, den Abpraller klärt die Schweiz.
74.: Derdiyok im Doppelpass mit Nkufo, dann lässt er die spanische Verteidigung ganz alt aussehen, schiebt den Ball auch noch an Casillas vorbei, doch sein Schuss mit dem rechten Innenrist landet nur am rechten Pfosten. Jetzt haben auch die Schweizer ihren Aluminiumtreffer.
Fazit: Paukenschlag in Durban! Die Schweiz verteidigt mit Leidenschaft 95 Minuten lang gegen anrennende, aber ideenlose und am Ende glücklose Spanier.
Der Star des Spiels: Diego Bengalio (SPOX-Note 1). Die Nummer eins der Schweiz hielt alles, was auf seinen Kasten kam. Klasse im Eins-gegen-eins gegen Pique und Villa, stark auf der Linie und fehlerlos in der Strafraumbeherrschung. Super Auftritt des Wolfsburger Keepers.
Auch für die SPOX-User ist Diego Benaglio der "Man of the Match"
Die Gurke des Spiels: Sergio Ramos (SPOX-Note 5). Spaniens Rechtsverteidiger wirkte uninspiriert. Ramos ging viel zu selten mit nach vorne, schlug harmlose Flanken aus dem Halbfeld und spielte ungewohnt viele Fehlpässe. Eines der schwächsten Länderspiele des Real-Verteidigers.
Die Pfeife des Spiels: Howard Webb. Der Engländer pfiff das Champions-League-Finale und gehört zur ersten Garde der Schiedsrichter. Außer ein paar kleinen Fehlern bei der Zweikampfbewertung hatte Webb das über weite Strecken faire Spiel im Griff.
Analyse: Spanien übernahm sofort das Kommando und hatte die totale Spielkontrolle. Die Furia Roja kombinierte gewohnt sicher, zog das Spiel in die Breite und wartete auf die sich bietende Lücke. Xavi, Iniesta und Silva kreiselten um den Sechzehner, Villa lauerte auf Zuspiele in die Spitze.
Doch das Spiel war zu statisch. Silva zog oft in die Mitte und machte den direkten Weg zum Tor noch enger. Weil Ramos sich mit Vorstößen zurücknahm, klaffte auf rechts ein großes Loch. Villa kam in der ersten Halbzeit überhaupt nicht zum Zug.
Die Schweiz igelte sich mit zwei Viererketten ein und verteidigte sehr diszipliniert und leidenschaftlich mit bis zu sieben Mann auf einer Linie. Auch die Stürmer Derdiyok und N'Kufo erledigten in erster Linie Defensivaufgaben. Das Spiel gegen den Ball funktionierte exzellent. Eroberten die Eidgenossen den Ball, wurde er allerdings meist schnell wiederhergegeben.
Nur zwei Mal spielten sich die Schweizer bis in Spaniens Sechzehner, doch das genügte für drei Punkte. Der Rest war eine Abwehrschlacht mit einem bärenstarken Torhüter gegen energisch anrennende, aber an diesem Tag uninspirierte Spanier.
Del Bosque brachte mit Torres und Navas zwei frische Offensivkräfte und stellte auf 4-4-2 um. Navas belebte das Angriffsspiel, ging mit Tempo ins Eins-gegen-eins und versuchte es mit Fernschüssen. Doch Spanien blieb glücklos. Damit steht der Turnierfavorit schon nach dem ersten Spiel mit dem Rücken zur Wand.
Spanien - Schweiz: Daten zum Spiel