Liebling aus dem Wettbüro

Andreas Lehner
17. Oktober 201313:34
Andros Townsend feierte gegen Montenegro seine Premiere für die Three Lionsgetty
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Andros Townsend verpasste wegen einer Wett-Affäre die U-21-EM und führte jetzt England zur WM. Alexis Sanchez entwickelt sich zum Kopfballungeheuer. Panama wird von der Geschichte verarscht. Und Bance hat Nerven aus Stahl.

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Europa

Das Team der Stunde: Belgien. Acht Siege, zwei Unentschieden, Platz eins. Nur Deutschland und die Niederlande holten mehr Zähler als das Team des Ex-Schalkers Marc Wilmots. Der entscheidende 2:1-Sieg beim direkten Konkurrenten Kroatien war ein Zeugnis beeindruckender Reife des jungen Teams. Beeindruckend auch die beiden Tore von Romelu Lukaku, der für einen 20-Jährigen eine erstaunliche Physis mitbringt und abgezockt die Tore machte. Dass Belgien über eine Vielzahl herausragender Talente verfügt, war schon lange bekannt. Unter Wilmots hat sich ein Team entwickelt, das zumindest als Geheimfavorit nach Brasilien fährt. Ganz nebenbei hat die Nationalmannschaft Vorbildcharakter für das in Flamen und Wallonen gespaltene Land. Ministerpräsident Elio Di Rupo spricht von der Nationalelf als "großer Quell des Stolzes".

Der Spieler der Stunde: Andros Townsend (England). Noch spielt Townsend auf Bewährung. Nicht bei Nationaltrainer Roy Hodgson, sondern beim nationalen Verband FA. Dieser hatte den Angreifer der Spurs im Juni wegen Verstoßes gegen Wettregeln vier Monate gesperrt, drei davon auf Bewährung. Seinen Platz im Kader für die U-21-EM war er damit los. Gegen Montenegro feierte der 22-Jährige sein Debüt in der A-Nationalmannschaft und war gleich bester Mann auf dem Platz. Das 1:0 von Wayne Rooney bereitete er vor, das 3:1 erzielte er selbst. "Brillant" nannte Wayne Rooney die Leistung seines Zuarbeiters. Townsend habe den Unterschied gemacht, meinte Gary Cahill. Auch im entscheidenden Spiel gegen Polen war er mit seiner Schnelligkeit und seinem Zug zum Tor immer eine Bedrohung, bei einem Lattenschuss hatte er Pech. Durch seine beiden Auftritte ist Townsend ein sicherer Tipp für ein WM-Ticket im kommenden Jahr. Nur Townsend selbst sollte vielleicht nicht drauf wetten.

Der Bundesliga-Legionär der Stunde: Vedad Ibisevic. Nach Schlusspfiff gab es kein Halten mehr. Durch das Tor des Stuttgarter Stürmers Ibisevic qualifizierte sich das kleine Bosnien-Herzegowina erstmals für eine Fußball-WM. Selbst die Moderatoren des bosnischen Fernsehens waren dermaßen aus dem Häuschen, dass sie mit der Mannschaft den Triumph im litauischen Kaunas ausgelassen feierten und Schlachtgesänge in die Kamera grölten. "Die Straßen der Hauptstadt brennen vor Gesang und Freude", schrieb die Nachrichtenseite "Klix". Ibisevic ist mit insgesamt acht Toren drittbester Torjäger in der WM-Quali Europas. Nur Robin van Persie (11) und sein Sturmkollege Edin Dzeko (10) waren noch besser.

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Südamerika

Das Team der Stunde: Kolumbien. Zum ersten Mal seit 1998 haben sich die Cafeteros für eine Weltmeisterschaftsendrunde qualifiziert. Damals hießen die Stars noch Carlos Valderrama, Freddy Rincon und Adolfo Valencia. Damals wie heute dabei: Faryd Mondragon. Der unumstrittene Star ist natürlich Radamel Falcao, der mit seinen beiden Elfmetertoren den benötigten Punkt beim 3:3 nach 0:3 gegen Chile sicherstellte. Trainiert werden die Kolumbianer vom Argentinier Jose Pekerman. Der ist vielen in Deutschland noch ein Begriff, weil er bei der WM 2006 im Viertelfinale mit seinem Heimatland am Gastgeber scheiterte und dabei zweifelhafte Wechselentscheidungen traf. Vor allem der komplette Verzicht auf Messi hängt ihm in Argentinien immer noch nach. Dabei war Pekerman über zwei Jahrzehnte im Nachwuchsbereich tätig, gewann 1995, 1997, 2001 die U-20-Weltmeisterschaft und war als Talentförderer bekannt. In Brasilien bekommt er seine zweite Chance auf den Weltpokal.

Der Spieler der Stunde: Alexis Sanchez (Chile). Als Kopfballungeheuer ist der Barca-Angreifer noch nie wirklich in Erscheinung getreten. An den beiden entscheidenden Spieltagen der Südamerika-Quali war "Air Sanchez" aber ein wichtiger Baustein für den Erfolg von Chile. Beim 3:3 in Kolumbien erzielte er zwei Treffer, das zweite Tor war ein Abstauber nach einem sehenswerten Flugkopfball. Am letzten Spieltag gegen Ecuador erzielte Sanchez das 1:0 per Kopf und bereitete das zweite von Gary Medel nach einer Ecke per Kopf vor. Die ungeahnten Qualitäten des nur 1,70 Meter großen Sanchez sicherten Chile das WM-Ticket. Im Überschwang der Gefühle formulierte Sanchez große Ziele: "Ich bin sehr glücklich und widme diesen Erfolg meiner Familie. Jetzt will ich Weltmeister werden."

Der Bundesliga-Legionär der Stunde: Claudio Pizarro. Der Bayer, Carlos Zambrano und Juan Arango waren die einzigen drei Bundesliga-Spieler, die in den letzten Spielen "Eliminatorias" eingesetzt wurden. Perus Kapitän Pizarro brachte sein Team beim schweren Auswärtsspiel in Argentinien sogar in Führung, am Ende hieß es trotzdem 1:3. Das 1:1 gegen Bolivien könnte das letzte Spiel des 35- Jährigen in der Nationalmannschaft gewesen sein. Pizarro will zwar nicht aus der Blanquirroja zurücktreten, aber falls ein neuer Trainer kommt, könnte er einem Neuanfang zum Opfer fallen. Pizarro will sich aber für den Verbleib von Sergio Markarian einsetzen.

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Nord- und Mittelamerika

Das Team der Stunde: Mexiko. Glück, Schützenhilfe des Erzrivalen USA und Geschick haben El Tri die Hintertür zur WM offen gehalten. In zwei Playoff-Spielen geht es jetzt gegen Neuseeland um die Brasilien-Reise. Dass es zu diesen Spielen kommt, hat auch mit dem sensationellen Fallrückzieher zu tun, den Raul Jimenez beim 2:1-Heimsieg gegen Panama fünf Minuten vor Schluss auspackte. Ein Unentschieden hätte Panama geholfen. Dass die 1:2-Niederlage Mexikos am letzten Spieltag in Costa Rica ohne Folgen blieb, ist nur dem Last-Minute-Sieg der USA in Panama zu verdanken. Denn bei einer Niederlage der USA wäre auch Mexiko draußen gewesen und Panama hätte gegen Neuseeland antreten dürfen.

Der Spieler der Stunde: Luis Tejada (Panama). Es hätte alles so schön sein können. Eingewechselt gegen Mexiko in der 68. Minute und 13 Minuten später den wichtigen Ausgleich erzielt. Eingewechselt gegen die USA in der 78. Minute und fünf Minuten später den wichtigen Führungstreffer erzielt. Die Geschichte schien einen Heldenplatz für den 31-Jährigen reserviert zu haben, wendete sich dann aber gegen Tejada und Panama. Das Fallrückziehertor von Jimenez (siehe oben) raubte Panama das Remis in Mexiko und Graham Zusis Ausgleich in der zweiten Minute der Nachspielzeit für die USA zerstörten schließlich die WM-Träume Panamas.

Der Bundesliga-Legionär der Stunde: Jermaine Jones. Bei Schalke nach seiner indiskutablen Leistung in Hoffenheim suspendiert, bei Jürgen Klinsmanns US-Nationalteam im Mittelfeld gesetzt. Musste allerdings nach dem Sieg über Jamaika wegen Knieproblemen vorzeitig abreisen.

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Afrika

Das Team der Stunde: Ghana. Die Black Stars haben ihr WM-Ticket schon fast gelöst. Mit 6:1 schoss Ghana das ebenfalls hoch eingestufte Ägypten ab. Selbst der Ausfall der etatmäßigen Innenverteidigung Mensah und Boye konnte den Ghanaern nichts anhaben. Für den verletzten Kevin-Prince Boateng dürfte eine Rückkehr in die Startelf durch diesen Erfolg noch schwieriger werden. Dass Ghana den Vorsprung im Rückspiel noch verspielt, erscheint utopisch. Zumal Ägypten zuhause ohne sein fanatisches Publikum auskommen muss. Das Rückspiel findet zwar, wie schon die Heimspiele zuvor, auf ägyptischen Boden, jedoch ohne Zuschauer statt. SPOX

Der Spieler der Stunde: Emmanuel Emenike (Nigeria). Der Stürmer von Fenerbahce rettete den Super Eagles den Auswärtssieg beim krassen Außenseiter Äthiopien. Die Nigerianer taten sich in Addis Abeba enorm schwer, waren eine Stunde lang die unterlegene Mannschaft und lagen nach einem Stellungsfehler von Torhüter Vincent Enyeama in Rückstand. Dieser hatte eine Flanke unterschätzt und erst hinter der Linie gefangen. Dann drehte Emenike die Partie im Alleingang. Erst schloss er ein Solo per Weitschuss ab, dann holte er einen Elfmeter heraus, den er selbst souverän verwandelte.

Der Bundesliga-Legionär der Stunde: Aristide Bance. In Deutschland hat der Mann aus Burkina Faso nicht gerade den Ruf, ein Vollstrecker mit Nerven aus Drahtseilen zu sein. Das Gegenteil bewies der Düsseldorfer im Playoff-Hinspiel gegen Algerien. Burkina Faso bekommt fünf Minuten vor Schluss einen mehr als zweifelhaften Elfmeter zugesprochen. Bance tritt an und hämmert das Ding zum 3:2-Siegtreffer in die Mitte. Torhüter Adi Mbolhi ist zwar noch dran, kann das Geschoss aber nicht abwehren. Umso bemerkenswerter Bances Nervenstärke, da er in der ersten Halbzeit mit einem halbhoch aufs rechte Eck geschossenen Elfmeter schon an Mbolhi gescheitert war.

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