Wenn ab Donnerstag ab 17.00 Uhr Ortszeit (22.00 MESZ im LIVE-TICKER) beim Eröffnungsspiel gegen Kroatien der Ball rollt, wird 2417 Tage nach der Vergabe der Endrunde endlich der Fußball selbst in den Mittelpunkt rücken.
Dazwischen bestimmten Demonstrationen des Volkes oder das Chaos mit sogar acht Toten auf den Stadion-Baustellen die Schlagzeilen. Wie sehr solche Zwischenfälle auch die 32 Tage der WM prägen, hängt für viele Beobachter vom Abschneiden der Selecao ab. Ein zusätzlicher Druck, der auf den schmalen Schultern vor allem von Superstar Neymar lastet.
Der 22-Jährige präsentierte sich am Mittwochabend aber betont siegessicher. "Die Zeit ist gekommen", sagte der Offensivstar im aus allen Nähten platzenden Presseraum der Arena in São Paulo. Mit der Teilnahme an der Heim-WM sei "mein Traum schon in Erfüllung gegangen. Nun will ich helfen, damit der Traum aller Brasilianer in Erfüllung geht". An seiner Seite saß Nationaltrainer Luiz Felipe Scolari und stellte klar: "Das wird unsere WM!"
Doch nur mit positiven Ergebnissen ist es nicht getan. Auf die Frage, ob der Gastgeber den Titel holen müsse, antwortete der frühere Bundesliga-Stürmer Giovane Elber: "Ja, und sie müssen außerdem noch schön spielen."Lutz Pfannenstiel, der als einziger deutscher Profi in Brasilien spielte, berichtete dem "SID" nach zahlreichen Reisen in das WM-Land: "Seit dem Gewinn des Confed Cups erwartet jeder Straßenhund von Brasilien den Titel."
"Neymar wird eine große WM spielen"
Dafür gilt Neymar vom FC Barcelona als der größte Trumpf. "Er wird eine große WM spielen und hat das Zeug, bald der Beste der Welt zu sein", meinte Wolfsburgs Mittelfeldspieler Luiz Gustavo, der im Gegensatz zu Bayern Münchens Innenverteidiger Dante gegen Kroatien wohl in der Startelf stehen wird.
Und auch Pele hat seine Meinung über seinen x-ten Nachfolger mit der Nummer 10 geändert: "Der Junge ist ein Genie", sagte er dieser Tage - nachdem er ihn vor einigen Jahren wegen seiner Fallsucht noch als "Hampelmann" bezeichnet hatte. Klar ist für den inzwischen 73 Jahre alten Weltmeister von 1958, 1962 und 1970 aber auch heute noch: "Nur wenn Neymar keine Show macht, kann er Brasilien zum Titel führen."
Und damit endlich das Trauma von 1950 beenden, als die Selecao vor 200.000 Zuschauern im Maracana von Rio den Titel bei der bisher einzigen WM im eigenen Land an Uruguay verlor.
Nahezu jede Statistik spricht am Donnerstag jedenfalls für die so abergläubischen Brasilianer. Seit 1934 haben sie kein Auftaktspiel verloren, die letzten acht haben sie gewonnen, gegen Kroatien gab es ebenso noch keine Niederlage wie in den bisherigen drei WM-Eröffnungsspielen. Zudem liegt der letzte Sieg der Kroaten bei einer WM-Endrunde mehr als zwölf Jahre zurück.
Suker pessimistisch, Kovac will die Sensation
Wahrscheinlich dachte Davor Suker, Held des WM-Dritten 1998 und heutiger Verbandspräsident daran, als er erklärte, Kroatien "könne nur auf der Playstation Weltmeister werden". Zuversichtlicher ist dagegen Trainer Niko Kovac. "Diese Mannschaft kann Historisches schaffen", sagte der gebürtige Berliner: "Wir werden alles geben, um Brasilien zu überraschen."
Zwar versprach der langjährige Bundesliga-Profi (Hertha BSC, Bayer Leverkusen, Hamburger SV, Bayern München) "keinen Bus im Strafraum zu parken, sondern zu attackieren". Dennoch ist sein erstes Ziel, so lange wie möglich das 0:0 zu halten.
"Wir wollen alles dafür tun, dass die Fans buhen und pfeifen", sagte der 42-Jährige schmunzelnd: "Brasilien muss gewinnen und auch noch schön spielen. Je länger wir ein gutes Resultat halten, desto größer ist die Chance, dass Fans und Spieler nervös werden." Kovac erklärte aber auch, es sei "ziemlich realistisch", dass Brasilien den Titel gewinne.
Neymar, den Superstar der Selecao, bezeichnete er als "einen der drei besten Spieler der Welt". Verzichten muss Kovac im Eröffnungsspiel auf Bayern-Torjäger Mario Mandzukic, der aufgrund einer Rotsperre erst in der zweiten Partie eingreifen kann.
Die voraussichtlichen Mannschaftsaufstellungen:
Brasilien: Julio Cesar - Dani Alves, Thiago Silva, David Luiz, Marcelo - Paulinho, Luiz Gustavo - Oscar, Neymar, Hulk - Fred. - Trainer: Scolari.
Kroatien: Pletikosa - Srna, Corluka, Lovren, Vrsaljko - Modric, Rakitic - Perisic, Kovacic, Olic - Jelavic. - Trainer: Niko Kovac.
Schiedsrichter: Yuichi Nishimura (Japan)