Das Pressing
Zwar kann Chile durchaus auch das Spiel machen, die große Stärke und wohl die gefährlichste Offensiv-Waffe ist aber das bedingungslose Pressing. Gegnerische Angriffe sollen beendet werden, bevor sie überhaupt richtig beginnen. Chile ist das wohl beste Pressing-Team dieser WM.
Für die Spieler ist diese Spielweise extrem fordernd. Eine permanent hohe Intensität sowie Laufbereitschaft sind Grundvoraussetzungen, nur so kann der ballführende Gegner schnell attackiert und Überzahlsituationen kreiert werden.
Was die Profis dafür leisten müssen, wurde im Spiel gegen Spanien überdeutlich: Diaz riss 12,59 Kilometer ab, während Arturo Vidal 66 Mal zum Sprint ansetzte.
Sampaoli baut dabei auf eine Art Manndeckung. Während Sanchez und Vargas in der gegnerischen Viererkette permanent für Unruhe sorgen und Passwege zustellen, setzt das Trio im zentralen Mittelfeld um Diaz, Vidal und Charles Aranguiz die gegnerischen Aufbauspieler Mann gegen Mann knallhart unter Druck.
Ballgewinne in der gegnerischen Hälfte, welche durch das schnelle Umschaltspiel brandgefährlich werden können, sind so fast die logische Folge.
Chile schafft es so, im Mittelfeld immer wieder Überzahlsituationen zu kreieren, ohne dabei ein zu hohes Risiko einzugehen.
Die defensive Dreierkette steht tief und wird, wenn die drei zentralen Mittelfeldspieler pressen, von den Außenverteidigern Isla und Eugenio Mena unterstützt. So stehen selbst wenn das Pressing nicht greift noch immer fünf Spieler zwischen Gegner und Tor.
Jeder einzelne der Mittelfeldspieler kann daher extrem aggressiv und risikoreich spielen. Dennoch sieht man kaum blindlings geführte Zweikämpfe: Gegen Spanien waren 77,8 Prozent der chilenischen Tacklings erfolgreich, gegenüber nur 58,3 Prozent der spanischen Versuche. Insgesamt steht Chile jetzt bei 82,9 Prozent erfolgreichen Tacklings im Turnier - eine sensationelle Quote.
Was passiert, wenn Chiles Pressing greift, bekamen sowohl die Spanier, als auch die Australier bereits zu spüren. Gepaart mit den auf die Außen ausweichenden Stürmern sowie der eigenen Ballsicherheit kann sich Chile nach Ballgewinn schnell nach vorne kombinieren.
Sollte die Mannschaft die intensive Spielweise über das komplette Turnier hochhalten, ist mit Chile auch weiter zu rechnen.