SPOX: Herr Schnatterer, Sie haben in recht kurzer Zeit zwei Aufstiege mit Heidenheim gefeiert. Jetzt sind Sie plötzlich Zweitligaprofi. Bleibt da überhaupt noch Zeit für alte Kumpels?
Marc Schnatterer: Es ist schon so, dass man sich mit dem einen oder anderen Spieler von früher, gerade aus meiner Freiberger Zeit, noch ab und zu schreibt. Sich zu sehen, ist aber relativ schwierig. Da ist es eher so, dass man sich mal zufällig über den Weg läuft, wenn man in der Heimat ist.
SPOX: Geht man dann auch mal zusammen Party machen oder wie sieht das Programm zuhause dann aus?
Schnatterer: Wenn ich dort bin, unternehme ich natürlich viel mit meinen Freunden und meiner Familie, dann geht man zusammen weg und trifft meistens noch mehr Bekannte. Zum Beispiel habe ich auf der Wiesn in München einen alten Kollegen getroffen. Das ist natürlich entspannend, wenn man dann ganz normal zusammen was trinken und reden kann. Das ist einfach immer noch etwas Schönes.
SPOX: Solche Momente dürften angesichts der größeren Verantwortung und Belastung aber recht rar geworden sein.
Schnatterer: Ich glaube die Verantwortung oder die Richtlinien, wie man sich in der Öffentlichkeit zu verhalten hat, sind in der 3. und der 2. Liga ähnlich. Man muss da auch Führungsspieler sein. Man wird vielleicht mittlerweile mehr erkannt, aber es ist ja auch nicht so, dass ich jeden Abend nach Stuttgart fahre, um mich da zu verabreden.
SPOX: Sie sind jetzt schon im sechsten Jahr in Heidenheim, sind von der Regionalliga in die 2. Liga sämtliche Schritte mitgegangen und haben die Entwicklung erlebt. In Liga zwei läuft es momentan sehr gut. Wie groß ist die Euphorie in Heidenheim? Und wie groß innerhalb der Mannschaft?
Schnatterer: Da muss man wirklich beide Seiten betrachten. Natürlich ist das Publikum euphorisiert, wenn in der englischen Woche Mannschaften wie Nürnberg und Bochum zu uns kommen und man diese Spiele dann mit 3:0 und 5:0 klar gewinnt. Vielleicht träumen manche dann sogar schon von anderen Dingen, aber innerhalb der Mannschaft ist das überhaupt gar kein Problem.
SPOX: Was ist das Wertvollste, das man aus einer so erfolgreichen Woche mitnimmt?
Schnatterer: Nachdem wir in Düsseldorf eine bittere Niederlage hinnehmen mussten, war zunächst einmal wichtig, dass wir uns stabilisiert und wichtige Punkte gesammelt haben. Noch mehr gefreut hat uns aber, dass wir richtig gute Spiele gemacht haben. Das sollte uns Sicherheit und Selbstvertrauen für die kommenden Aufgaben geben.
SPOX: Besteht da nicht die Gefahr abzuheben?
Schnatterer: Wir fangen jetzt nicht an zu schweben oder über andere Dinge zu reden, die gar nicht der Realität entsprechen. Das wäre viel zu vermessen. In diesem Punkt kann ich auch sagen: "Wir wissen, wo wir her kommen". Wir wollen unsere Punkte holen, um die Klasse zu sichern. Es gibt da auch keinen, den der Trainer wieder runterholen müsste. Da sind alle auf dem Boden geblieben, denn wir haben vor der Liga und dem Gegner den nötigen Respekt. Wir wissen, dass wir uns im nächsten Spiel wieder alles neu erarbeiten müssen und das wird schwer genug.
SPOX: Sie haben ihren Trainer angesprochen, der ja eine ganz spezielle Ausstrahlung hat. Wie kann man sich Frank Schmidt im Umgang mit seinen Spielern denn vorstellen? Ist er ein strenger Trainer oder eher der Kumpeltyp?
Schnatterer: Er hat von allem etwas. Es ist wichtig für einen Trainer, dass er nicht nur eine Linie hat. Bei mir war es zwar nicht der Fall, aber der eine oder andere hat ja sogar noch mit ihm zusammengespielt. Er hat es geschafft den Sprung vom Spieler zum Trainer wirklich gut zu meistern und die nötige Distanz zu den Spielern herzustellen.
SPOX: Was macht ihn zu einem guten Trainer?
Schnatterer: Sein großes Plus ist, dass er immer bis in die Haarspitzen motiviert ist - auch im Training. Er überlässt nichts dem Zufall, sondern versucht die Mannschaft immer perfekt auf den Gegner einzustellen. Ihm ist keine Minute oder Stunde zu schade, um sich noch mehr auf den Gegner einzuarbeiten. Er macht seinen Job mit viel Leidenschaft und Willen, aber auch mit Herz. Das kommt an, auch weil er immer die richtigen Worte gegenüber der Mannschaft findet.
SPOX: Ist Frank Schmidt ein Mensch, der Fußball lebt?
Schnatterer: Natürlich ist er ein positiv Fußballverrückter und das lebt er auch wirklich vor in jedem Training. Er ist quasi ein Kind Heidenheims, er kommt von hier und eine bessere Identifikation gibt es eigentlich gar nicht im Fußball. Er ist für uns alle im Verein und drum herum die perfekte Besetzung.
SPOX: Identifikation ist ein gutes Stichwort. Sie haben Ihren Vertrag in Heidenheim kürzlich bis 2020 verlängert. Kann man da von einer Art "Rentenvertrag" sprechen?
Schnatterer: Soweit ich informiert bin, beginnt die Rente ja erst mit 65 und so alt bin ich ja noch nicht, wenn der Vertrag ausläuft. Fußball-Rentner ist vielleicht in Ordnung.
SPOX: Haben sie denn schon Pläne für die Zeit nach der Karriere?
Schnatterer: Klar. Ich habe angefangen, ein Sportmanagement-Fernstudium zu machen und versuche jetzt, den Sportfachwirt anzuschließen. Ich will zunächst einmal etwas in der Hand haben und das in den nächsten ein bis zwei Jahren hinbekommen.
SPOX: Zurück zur Vertragsverlängerung. Welche Rolle hat das neue Arbeitspapier ihres Trainers, das auch bis 2020 läuft, dabei gespielt?
Schnatterer: Die Vertragslaufzeit des Trainers war nicht ausschlaggebend. Der Verein oder der Geschäftsführer haben sich sicherlich beim Trainer informiert, wie er mich sieht. Und der wird wahrscheinlich gesagt haben, dass ich noch Luft nach oben habe oder auf dem Niveau noch ein bisschen spielen kann. Ich bin froh, dass es so gekommen ist und der Verein mir so viel Vertrauen entgegen bringt.
SPOX: Ihr vorheriger Vertrag wäre nach der Saison ausgelaufen. Gab es für Sie andere Möglichkeiten außer dem FCH?
Schnatterer: Ich habe meinen Vertrag früh verlängert, daher kann ich Ihnen gar nicht sagen, ob da was möglich gewesen wäre. Aber darüber brauchen wir auch nicht zu reden. Da müsste man bei anderen Vereinen nachhaken, ob sie eventuell Interesse gehabt hätten.
SPOX: Gab es in der Vergangenheit Gelegenheiten, Heidenheim zu verlassen?
Schnatterer: Im Sommer 2013 und auch im Jahr davor gab es Anfragen. Auch von höherklassigen Vereinen. Aber ich hab mich sehr wohl gefühlt und bin dem Verein sehr verbunden. Aber klar gab es eine Zeit, in der man sich etwas mehr Gedanken über einen Abschied gemacht hat, als wir wieder so knapp am Aufstieg gescheitert sind.
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