SPOX: Wie haben Sie sich dann ihren Traum vom Profi-Fußball-Trainer erfüllt, nachdem es als Spieler "nur" für die Bayernliga gereicht hat?
Düwel: Es gehört immer das Quäntchen Glück dazu. Dass man zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist. Trotzdem ist totaler Fleiß nicht weniger wichtig. Ich habe während meiner Uni-Zeit die Fußballlehrer-Lizenz erworben, was mit sehr viel Stress verbunden war. Ich habe immer versucht, auch bevor ich noch nicht im Profi-Fußball war, Hospitationen zu bekommen, entsprechende Kontakte zu knüpfen, Networking zu betreiben und hart zu arbeiten. Auch einem Profi fliegt das nicht einfach zu.
SPOX: Nach Ihrer Zeit als Co-Trainer von Mirko Slomka bei Hannover 96 sind Sie 2014 Cheftrainer bei Union Berlin geworden. Wie blicken Sie auf die Zeit in der Hauptstadt zurück?
Düwel: Ich habe dort einen guten Job gemacht. Einen Großteil des aktuellen Kaders habe ich damals zusammengestellt. Ich war nicht nur Trainer, sondern in gewisser Weise auch Sportdirektor.
SPOX: Und dann war in der zweiten Spielzeit schon nach dem 5. Spieltag Schluss...
Düwel: Naja, das war so eine Sache... Ist es sinnvoll, einen Trainer nach fünf Spielen mit nur einer Niederlage zu entlassen? Es war so und damit muss ich in diesem Geschäft leben. Ich hätte das Projekt gerne weitergeführt, weil ich gemerkt habe, dass da was rauszuholen ist. Ich glaube weiterhin, dass wir an die Tür zur Bundesliga hätten anklopfen können. In diesem Jahr ist Union soweit und das ist auch schön. Die Jungs und die Leute, die jeden Tag alles für den Verein geben, haben das verdient.
SPOX: Also kein Groll gegen den Ex-Klub?
Düwel: Auf keinen Fall! Gut, der Zeitpunkt und die Art und Weise meiner Entlassung waren diskutabel. Vor allem, weil wir in der Vorsaison nach einem kompletten Umbruch und vielen Unwägbarkeiten einen herausragenden siebten Platz erreicht haben, der so nicht zu erwarten war. Wir hatten am Ende die jüngste Mannschaft der Vereinshistorie, viele wären mit dieser Platzierung am Ende sehr zufrieden gewesen. Dass es in der neuen Saison so schnell zu Ende ging, war schade. Ich war auch enttäuscht.
SPOX: In der Presse sorgten Sie auch mit der frühzeitigen Ausbootung von Klublegende Thorsten Mattuschka und der Mittelfinger-Affäre im Heimspiel gegen 1860 für Aufsehen. Könnten diese Themen am Ende vielleicht ausschlaggebend gewesen sein, gegen Sie zu argumentieren?
Düwel: Es gibt die reinen Fakten und die Außendarstellung. Die Aktion bei mir mit dem Mittelfinger basierte auf einer Provokation von der Tribüne, das war also nichts anderes als bei Carlo Ancelotti in Berlin. Aber das wurde aufgebauscht, sodass leider die Arbeit auf und neben dem Platz in ein anderes Licht gerückt wurde. Und ich habe Mattuschka nicht degradiert, das war ein ganz normaler Prozess. Ich habe befunden, dass er in dem Moment nicht gut genug war für die erste Elf. Wenn ich bei so etwas Rücksicht auf Namen nehme, mache ich mich unglaubwürdig. Wir hatten in dieser Saison aber auch mit heftigeren Problemen zu kämpfen.
SPOX: Sie sprechen die Krebserkrankung von Benjamin Köhler an.
Düwel: Das war das Schlimmste, was ich erlebt habe. Ein Spieler war wie aus dem Nichts plötzlich mit dieser schlimmen Diagnose konfrontiert. Wir waren paralysiert. Ich kann mich noch an die Reaktionen erinnern, als ich der Mannschaft die Nachricht beigebracht habe. Das war unfassbar, in ihre Gesichter zu sehen. Da fehlte uns plötzlich nicht nur einer unserer besten Spieler, sondern es war eine lange Zeit diese Ungewissheit, ob er wieder gesund wird oder nicht. Die spontane Aktion, als wir das Spiel gegen Bochum in der siebten Minute unterbrochen haben und das ganze Stadion sich für Benny erhoben hat, war so unglaublich emotional. Am Ende war es die totale Erleichterung und Freude, als wir hörten, dass er den Krebs besiegt hatte.
SPOX: Benjamin Köhler feierte schließlich sein Comeback. Sehen wir auch Sie in der nächsten Saison wieder auf der Trainerbank?
Düwel: Vielleicht auch schon eher. Sie wissen ja, wie es in diesem Geschäft laufen kann. (lacht) Es ist auf jeden Fall mein Ziel, wieder Cheftrainer zu sein, darauf habe ich Jahre lang hingearbeitet. Und ich habe bis jetzt in allen Bereichen gute Arbeit geleistet. Ich könnte mir aber auch vorstellen, in einem anderen Bereich im Verein tätig zu sein. Für mich ist es ganz wichtig, dass ich das Gefühl habe, wieder etwas bewegen zu können.
Norbert Düwel im Steckbrief