Der VfB Stuttgart ist nach einem Jahr in der 2. Liga zurück im Fußball-Oberhaus. Schmerzhafte Abgänge haben die Schwaben nicht zu beklagen. Dennoch gibt es vor allem in der Abwehr mächtig Nachholbedarf. Da die Mitglieder für die Ausgliederung stimmten, kann der VfB mit den Daimler-Millionen shoppen gehen. Doch wohin mit dem Geld?
Tor
Personal: Mitchell Langerak, Jens Grahl
Offene Position: Ernsthafter Konkurrent für Langerak
Kandidaten: Marwin Hitz, Ron-Robert Zieler, Frederik Rönnow
Situation: Der VfB Stuttgart ist zwischen den Pfosten nicht gerade auf Rosen gebettet. Ersatzkeeper Jens Grahl verpasste die komplette Rückrunde der abgelaufenen Saison aufgrund einer schweren Meniskusverletzung im Knie. Er will im Sommer zwar wieder in die Vorbereitung einsteigen, doch die Position als nominelle Nummer zwei trauen die Schwaben dem 28-Jährigen nicht zu. Talent Benjamin Uphoff, der sich zuletzt mit Grahl um den Platz auf der Bank stritt, verlässt den Verein in Richtung Karlsruhe.
Manager Schindelmeiser stellte deshalb bereits früh klar, dass ein neuer Keeper kommen wird. Die Frage, in welches Regal die Stuttgarter dabei greifen, hängt davon ab, ob sie Langerak eine konstant gute Bundesligasaison zutrauen. Aktuell scheint das nicht der Fall zu sein. Der 28-Jährige leistete sich in der Hinrunde einige Patzer, strahlte bei hohen Bällen nicht die nötige Sicherheit aus und verzögerte das Aufbauspiel durch seine Schwäche mit dem Fuß am Ball oft unnötig.
Die wahrscheinlichste Variante ist demnach, dass Langerak wie schon bei Dortmund ins zweite Glied rutscht und Stuttgart einen gestandenen Keeper mit Bundesliga-Erfahrung ins Tor stellt. Marwin Hitz und Ron-Robert Zieler sind ernsthafte Kandidaten. Sie könnten sich einen harten Konkurrenzkampf mit Langerak liefern.
Abwehr
Personal: Timo Baumgartl, Benjamin Pavard, Jerome Onguene, Marcin Kaminski, Emiliano Insua, Jean Zimmer
Offene Positionen: Linksverteidiger, Innenverteidiger, Rechtsverteidiger
Kandidaten: Felix Passlack, Andy Najar, Fabiano, Ivan Balliu, Holger Badstuber
Situation: Im Vergleich zur VfB-Abwehrproblematik ist das Bahnhofsprojekt "Stuttgart 21" eine kleine Hinterhofbaustelle. Seit mehreren Jahren werkeln die Schwaben mit unterschiedlichen Baumeistern und unterschiedlichen Werkzeugen an der Schwachstelle herum, so richtig kitten konnte das Loch allerdings noch niemand. Alleine in der 2. Liga setzte es im Schnitt mehr als ein Gegentor pro Spiel (insgesamt 37). Schindelmeiser kündigte deshalb erneut großflächige Veränderungen an: ein Rechtsverteidiger, ein Innenverteidiger und ein Linksverteidiger sollen kommen.
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Vor allem rechts in der Viererkette drückt der Schuh. Der fest eingeplante Kevin Großkreutz brach in der Mitte der abgelaufenen Saison überraschend weg und hinterließ trotz überschaubaren Leistungen eine Lücke. Den weiteren Rechtsverteidigern im Kader, Jean Zimmer und Florian Klein, der Stuttgart ablösefrei verlässt, traute VfB-Coach Hannes Wolf die Aufgabe auf Dauer nicht zu und zog Innenverteidiger Benjamin Pavard nach außen. Der Franzose machte seine Aufgabe defensiv zwar ordentlich, setzte allerdings keine offensiven Impulse. Das soll sich in der neuen Saison ändern. Mit Felix Passlack, den Wolf noch aus seiner Dortmunder Zeit kennt, Andy Najar (RSC Anderlecht) und Fabiano (Palmeiras) stehen drei Kandidaten auf der Liste.
Durch einen neuen Rechtsverteidiger ist der hoch veranlagte Pavard frei für die Position in der Innenverteidigung. Dort sollte um Timo Baumgartl eigentlich eine neue Abwehr aufgebaut werden. Doch vor allem gegen Ende der vergangenen Saison leistete sich der Stuttgarter Jung den ein oder anderen Wackler zu viel, sodass das Vertrauen angeknackst ist.
Für den etwas behäbig wirkenden Marcin Kaminski scheint die Bundesliga auf den ersten Blick eine Nummer zu groß, der im Winter verpflichtete Jerome Onguene machte bislang noch kein Pflichtspiel und das Missverständnis mit Toni Sunjic (wechselt zu Dinamo Moskau) wurde beendet. In welcher Konstellation Wolf deshalb spielen lässt, steht noch komplett in den Sternen. Das Duo Pavard/Baumgartl ist in Kombination wohl zu grün hinter den Ohren. Ein erfahrener Innenverteidiger würde den beiden Talenten sicher gut tun.
Links in der Viererkette ist Emiliano Insua seit zwei Jahren die Konstante im Spiel der Schwaben. Der Argentinier verpasste in seiner VfB-Zeit exakt ein Spiel. Hinter Insua wird es allerdings schnell dunkel. Denn einen wirklichen Ersatz gibt es nicht. Ein neuer Linksverteidiger soll deshalb die Abwehr-Großbaustelle abrunden.
Mittelfeld
Personal: Ebenezer Ofori, Matthias Zimmermann, Hans Sarpei, Christian Gentner, Anto Grgic, Alexandru Maxim, Berkay Özcan, Orel Mangala
Offene Positionen: Defensives Mittelfeld, Offensives Mittelfeld
Kandidaten: Anderson Esiti, Mikel Merino, Ante Coric, Sofiane Hanni
Situation: Über der Kaderplanung im Mittelfeld schlummern zwei zentrale Fragen: Bleibt Alexandru Maxim? Und wenn ja, spielt er in den Planungen von Trainer von Wolf langfristig eine Rolle? Der technisch bärenstarke Rumäne schaffte es seit seinem Wechsel 2013 gekonnt, bei jedem einzelnen der unzähligen Trainer stets nur kurzfristig zu glänzen. So auch im Endspurt der vergangenen Saison, als Maxim mit Geniestreichen den ein oder anderen Dreier sicherte. Das Vertrauen konnte sich Maxim dennoch nicht erarbeiten. Es deutet vieles darauf hin, dass die Schwaben Maxim bei einem entsprechenden Angebot keine Steine in den Weg legen und er Stuttgart verlässt.
Wie der VfB mit einem möglichen Maxim-Abgang umgeht, steht auf einem ganz anderen Papier. Denn Trainer Wolf ließ in der vergangenen Saison diverse Systeme spielen. Im 4-1-4-1 und im 4-4-2 wäre eine klassischer Zehner der Marke Maxim eigentlich nicht mehr nötig. Zudem stehen mit Berkay Özcan und Orel Mangala zwei große Talente im Kader, die in die Rolle im Offensiven Mittelfeld schlüpfen könnten.
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Ob mit Zehner oder ohne Zehner: Sollte Maxim die Schwaben tatsächlich verlassen, fehlt den Schwaben im Schaltraum allerdings deutlich die Kreativität. Kapitän Christian Gentner macht mit seiner Routine noch viel wett, doch für die Rolle im offensiven Mittelfeld reicht es wohl nicht mehr. Er ist für das Defensive Mittelfeld eingeplant. Die Position neben ihm ist noch vakant. Ebenezer Ofori, der erst im Winter kam, spielte sich gegen Ende der Saison in die Startelf und hatte die Nase gegenüber Matthias Zimmermann vorne. Auch hier wird der VfB wohl noch nachlegen.
Angriff
Personal: Josip Brekalo, Tobias Werner, Julian Green, Carlos Mane, Simon Terodde, Takuma Asano, Daniel Ginczek, Jan Kliment, Borys Tashchy
Offene Positionen: Ein bis zwei Flügelspieler
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Kandidaten: Ezgjan Alioski, Renato Steffen, Anastasios Donis
Situation: Wo wäre der VfB in der letzten Saison nur ohne diese schlagkräftige Offensive gelandet? Insgesamt 63 Tore erzielten die Schwaben und glichen so die wackelige Defensive aus. Vor allem nach dem Verbleib von Lebensversicherung Simon Terodde setzten die VfB-Verantwortlichen in der Kaderplanung einen Haken hinter den Sturm.
In Kombination mit Daniel Ginczek, der nach seiner langen Verletzung vor allem im Saisonendspurt wieder besser in Fahrt kam (8 Scorerpunkte aus den letzten 6 Spielen), haben die Schwaben ein bärenstarkes Duo. Denkbar ist ein Kopf-an-Kopf-Rennen in einem System mit einer Spitze oder die Doppelspitze Ginczek/Terodde in einem 4-4-2.
Links und rechts neben dem Angriffsduo poppen jedoch zahlreiche Fragezeichen auf. Carlos Mane, dessen Vertrag sich nach dem Aufstieg automatisch um ein Jahr bis 2018 verlängerte, war fest auf dem Flügel eingeplant. Doch der Portugiese musste sich einer Knie-OP unterziehen und fällt auf unbestimmt Zeit aus. Sogar ein Karriereende steht im Raum.
Die beiden Flügelpositionen in der Stammformation sind deshalb noch zu besetzen. An Kandidaten mangelt es nicht, die nötige Qualität für die Bundesliga bringt allerdings kaum ein Spieler im aktuellen Kader auf den Rasen.
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Da gibt es zum einen Takuma Asano und Josip Brekalo. Die beiden Leihspieler sind ohne Frage begabte Dribbler und aufgrund ihrer Schnelligkeit ein Pfund in der 2. Liga. Doch gerade in puncto Spielübersicht und Ballmitnahme haben sie noch erhebliche Defizite. Das führte auch dazu, dass die Leistungen im Unterhaus keineswegs konstant waren.
Tobias Werner und Julian Green wurden beim VfB bislang überhaupt glücklich und müssen sich weit hinten anstellen. Ihnen kommt in der kommenden Saison wohl keine tragende Rolle zu. Die Schwaben schauen sich deshalb zurecht nach Alternativen um. Der Wechsel von Anastasios Donis (Juventus), der auf dem Flügel und im Sturmzentrum eingesetzt werden kann, soll bereits fix sein, Ezgjan Alioski, Shootingstar aus der Schweizer Liga (16 Tore, 14 Asissts in 34 Spielen) und Renato Steffen vom FC Basel sind weitere Kandidaten.
Borys Tashchy (zuletzt an Zbrojovka Brünn ausgeliehen) und Jan Kliment (zuletzt an Bröndby IF ausgeliehen) spielen in den Planungen von Wolf hingegen gar keine Rolle mehr und können den Verein verlassen.