Liverpool-Fan Danny Willett gewinnt das Masters in Augusta, sein Bruder wird zum Internet-Star - Jordan Spieth landet dagegen in der Hölle. NBA-Superstar Stephen Curry bricht deswegen zusammen. Außerdem: Es lebe der Krückstock von Bernhard Langer und der Albert Einstein mit der Datschkapp.
10. Es lebe der Krückstock! Bernhard, Du Legende! Das waren mal wieder ziemlich lässige Tage mit Dir. 58 Jahre bist Du jetzt, gewinnst natürlich so gut wie immer auf der Champions Tour und am Samstagabend hast Du bestimmt gedacht, dass Du vielleicht tatsächlich nochmal so ein Grünes Jackett abstauben kannst. 31 Jahre nach deinem ersten Triumph in Augusta. Leider ging es am Finaltag sofort mies los und Du warst in der britischen Spezial-Übertragung auf Sky kaum mehr zu sehen. Schade. Irgendwann muss doch nochmal so ein alter Sack so ein Ding gewinnen und Julios Boros als ältesten Major-Sieger ablösen. Der war bei der PGA Championship 1968 nur lächerliche 48 Jahre alt.
SPOX-Par-10 zur PGA Championship
Die meisten Leute in Deutschland haben ja leider keinen Plan, wie krass es ist, was Du da abziehst. An Tag 3 hast Du mit Jason Day gespielt. Wie viel weiter haut der den Ball? 30 Yards? 40? Auch mal 60? Aber Dir doch egal, haust Du eben statt eines kurzen Eisens ein Hybrid oder was auch immer auf die beinharten Grüns, ziehst deinen Krückstock aus der Tasche (ob fixiert oder nicht ist Dir doch egal) und kommst mit einem besseren Score ins Clubhaus als die Nummer eins der Welt. Machst ihn schön nass. 30 Jahre nachdem Du die erste Nummer eins der Welt warst. Bernhard, Du bist echt unfassbar.
9. Martin Kaymer und dieses Augusta: Ganz im Ernst: Was will man dazu noch sagen? Ja, Kaymer schaffte immerhin zum vierten Mal den Cut. Das ist irgendwie ganz solide, aber wer will denn schon solide sein?! Ja, das Finish an Tag 4 (-4 für die letzten 5 inkl. Eagle an der 14) war auch ganz nett, aber das bringt ja alles nix. Viel zu wenig Kasalla. Fakt ist und bleibt, dass es keinen Menschen gibt, der jedes Jahr ins Golf-Paradies fährt und es so wenig genießen kann wie Kaymer.
Der am Abschlag steht und "gegen sein eigenes Gefühl" spielen muss, wie er es jetzt beschrieb. Der deshalb viel zu wenige Birdies spielt und nach wie vor bei nur zwei Runden unter Par steht. Bei neun Teilnahmen! Echt bitter. Okay, ziemlich zum Kotzen trifft es besser. Kaymer wird noch 20 Jahre nach Augusta reisen, aber so kann es doch nicht weitergehen. Wer hat Ideen?
8. Typisch Bubba! Nach dem ernüchternden Kaymer-Punkt braucht es was zum Schmunzeln. Bubba-Time! Watson war zwar in den Masters-Tagen ähnlich wie einige andere (Phil? Rickie? Schönes Wochenende gehabt?) überraschend gar kein Faktor auf dem Leaderboard, aber er sorgte immerhin für ein bisschen Spaß mit den Zuschauern. Als Watson am Samstag seinen Ball an der 10 per Slice in den Wald zimmerte, bat er einen Fan, doch etwas Abstand zu nehmen.
Bubba: "Kannst Du etwas zurückgehen, Du gehörst hier nicht wirklich hin."
Fan: "Dein Ball auch nicht."
Bubba: "Also ich weiß ja nicht, wie es bei Dir ist, aber ich habe zwei Green Jackets. Danke fürs Kommen."
Weltklasse.
7. Watson und Lil Wayne?! Es war mal wieder einer dieser bewegenden Abschieds-Momente. Tom Watson spielte im Alter von 66 Jahren sein letztes Masters. Ein letztes Mal lief er die 18 hinauf. Ein letztes Mal gab es Standing Ovations für den zweimaligen Masters-Champion, der in 15 Jahren zwischen 1977 und 1991 in Augusta nie schlechter als auf Rang 14 landete. Ziemlich kranke Statistik übrigens.
Es gab aber nicht nur Standing Ovations live vor Ort. Es gab auch Standing Ovations im Wohnzimmer. Im Wohnzimmer von Rapper Lil Wayne. Via Twitter (crazy, diese sozialen Netzwerke) tauschten sich die beiden aus und Watson versprach, Lil Wayne seinerseits eine Standing O zu geben bei einer seiner kommenden Shows.
Wayne hat in seinen Raps immer wieder Golf-Anspielungen drin, zum Beispiel in La La. "I'm 9 under par in the Bentley golf cart." Guter Mann.
getty6. Albert Einstein mit der Datschkapp: Da Par-10-Liebling Miguel Angel Jimenez inzwischen eher auf der Champions Tour seinen Rioja trinkt, fehlt dem Golfsport etwas in der Kategorie "interessantester Mann der Welt". Zum Glück kommt jetzt Bryson DeChambeau! Was ein Name, so geht es ja schon mal los. DeChambeau ist 22, sieht aus wie ein Model und trägt als Markenzeichen eine Datschkapp. Er hat im vergangenen Jahr sowohl die US Amateur Championship als auch die NCAA Championship gewonnen. Das schafften vor ihm nur vier Leute. Sie hören auf die Namen Jack Nicklaus, Tiger Woods, Phil Mickelson und Ryan Moore.DeChambeau hat also Talent, wie er auch jetzt beim Masters mit seinem 21. Platz eindrucksvoll unter Beweis stellte. Er ist aber auch ein ganz besonderer Typ. Man könnte auch sagen, er hat nicht alle Latten am Zaun. Beispiele gefällig? Er hat seinen Schwung aus einem Buch mit dem Titel "The Golfing Machine" gelernt. Um alle seine Schläger im 70-Grad-Winkel schlagen zu können, benutzt er Eisen, die alle gleich lang sind. Statt Nummern hat er den Schlägern Namen gegeben.
Was hast Du ins 13. Grün geschlagen, Bryson? DeChambeau: "Gamma." Ah, Gamma, dritter Buchstabe des griechischen Alphabets, also Eisen 3, alles klar. Ach ja, er taucht seine Bälle in Bittersalz, um die mit der perfekten Balance zu finden. Sein Idol? Albert Einstein. Okay, es reicht. Von sich selbst ist er auch einigermaßen überzeugt: "Es geht mir darum, dass Golf dank mir wächst. Das will ich schaffen, genauso wie Arnold Palmer und Jack Nicklaus es gemacht haben." Bei der RBC Heritage feiert DeChambeau in dieser Woche sein Profi-Debüt. Wir werden noch einiges von ihm hören.
5. Rory hat ein Problem: Rory McIlroy will ums Verrecken den Career Grand Slam vollenden. Es fehlt ihm dieses verdammte Grüne Jackett. Und er kriegt es nicht auf die Reihe. Zur Halbzeit war McIlroy in perfekter Position und ging mit einem Schlag Rückstand auf Jordan Spieth im letzten Flight in den Moving-Day. Da bewegte sich aber dann mal gar nichts vorwärts. McIlroy spielte seltsam defensiv, nichts war von der gewohnten Rory-Attack zu sehen. Die Folge: Zum ersten Mal nach 80 Major-Runden blieb er ohne einziges Birdie. Autsch.
Man konnte sehen und spüren, wie der Druck und auch dieser Spieth ihm im Kopf saßen. Es ist auch nicht einfach, damit klarzukommen, dass man Spieth praktisch an jedem Loch 30, 40 Yards abnimmt, der andere die Bälle in der Gegend herumschießt, aber einen aufgrund seines Putters trotzdem fertig macht.
Die 77 an Tag 3 killte McIlroys Chancen, am Ende sprang ein geteilter 10. Platz heraus, der McIlroy nicht die Bohne interessiert. Er muss das Ding in den kommenden Jahren irgendwann gewinnen. Ob er es packt? Man würde meinen ja, aber es ist schon interessant, dass er selbst offen zugab, ein mentales Problem zu haben in Augusta und dass er das in den Griff kriegen müsse, wenn er sich seinen Traum erfüllen will.
4. Der geyipte Sechs-Putt: Wir müssten so viel im Par-10 thematisieren. Wir müssten drüber sprechen, dass es in diesem Jahr wieder "EUROPE! EUROPE! heißen wird. Wir sagen nur: 7 Europäer in den Top-10 und so. Wir müssten über die ganzen Hole-in-Ones sprechen. Klar, über das schräge Billard-Ass von Louis Oosthuizen, aber auch über das Hole-in-One von Ryder-Cup-Captain Davis Love III und die Reaktion von Webb Simpson (Du Schleimer!), der sich wohl wieder eine Wildcard erhofft.
Aber wir müssen vor allem über Ernie Els sprechen. Da hatte er gedacht, er hat den Yips Anfang des Jahres besiegt, da kommt er zum Masters und fabriziert am ersten Loch aus unter einem Meter Entfernung einen Sechs-Putt. Das Ergebnis: 9. Quintuple-Bogey. So schlecht hat noch nie jemand die 1 im Augusta National Golf Club gespielt.
Die unglaublichen Szenen erinnerten an andere berühmte Opfer des Yips wie Eric Bristow, dessen Darts-Karriere gestoppt wurde, weil er "Dartitis" bekam und den Pfeil nicht mehr gescheit loslassen konnte. Das eigentlich Erstaunlichste an der ganzen Big-Easy-Geschichte jetzt in Augusta: Wie zur Hölle hat er es danach geschafft, noch die restlichen 17 Löcher zu spielen? Kann sich jeder mal vorstellen, was er gemacht hätte...
3. Wer ist Danny Willett? Willett kam mit dem Label "bester Golfer auf dem Planeten, den keine Sau kennt" nach Augusta, jetzt hat sich das für immer geändert. Danny Willett ist Masters-Champion. Richtig überraschend kommt das sicher nicht. Willett hatte sich in den letzten zwölf Monaten von Rang 102 der Welt auf Platz 12 nach vorne gekämpft. Der 28-Jährige gehört zu einer Gruppe an Engländern hinter den schon etablierten Namen, die jederzeit für große Siege infrage kommen. Danny Willett, Andy Sullivan, Chris Wood, Matthew Fitzpatrick (erst 21 und T7 diese Woche - watch out!) - England muss wohl nicht wieder 20 Jahre auf einen Masters-Champ warten.
Die Parallelen zwischen den Siegen von Sir Nick Faldo 1996 und Willett 2016 sind bizarr. Beide schossen am Finaltag überragende 67er-Runden und beide profitierten von historischen Einbrüchen. Jetzt war es Jordan Spieth, damals Greg Norman. Das Drama um Spieth wird in den Köpfen bleiben, aber wir dürfen nicht vergessen, dass Willett eine geniale Runde spielte. Alleine für seinen abartig guten Chip an der 17 aus völlig unmöglicher Lage hat er sich den Sieg verdient.
Aber wer ist dieser Danny Willett eigentlich? Ein paar Infos: Vater Steve war Vikar, Mutter Elisabet Mathe-Lehrerin. Er hat einen Mops namens Spike, den er abgöttisch liebt. Der Geburtstermin für sein erstes Kind wäre der Masters-Sonntag gewesen. Ganz ehrlich: Das kann man schon besser planen, aber egal, da Zachariah James zwölf Tage zu früh auf die Welt kam, erlaubte Frau Nicole den Trip nach Augusta. Läuft. Seinen ersten Sieg auf der European Tour feierte Willett 2012 bei der BMW International Open in Pulheim. Als Kind spielte er gerne einen Par-3-Kurs mitten in einem Schafs-Feld. Er kommt aus Sheffield, ist aber aus unerklärlichen Gründen Liverpool-Fan. Und er hat einen ganz witzigen Bruder. Peter Willett wurde am Finalabend nämlich nebenbei zum Twitter-Star...
Auszüge:
"3 Putt und du kannst in Amerika bleiben!"
"Spieth richtet sich für seinen Putt aus. Wenn ich schnell bin, reicht es noch, um ein Bier zu holen, aufs Klo zu gehen und das Gästezimmer zu streichen, bevor er puttet."
"Wenn der Junge das tut, was er tun sollte, werde ich sagen können, dass ich mir mit einem Masters-Champion das Bad geteilt habe. Brillant! "
2. Man nennt es Hölle: So, gerade alle Bilder der Ceremony angeschaut. Wie Jordan Spieth da sitzt. Wie er guckt. Wie er Danny Willett ins Green Jackett helfen und dabei lächeln muss. Das kann kein Mensch aushalten. Und als Krönung musst Du danach noch komplett bescheurte Fragen von uns Journalisten beantworten. "Wie enttäuscht bist Du?" "Was bist Du denn für ein Penner? Ich habe gerade Bogey, Bogey, Quadruple gespielt, bei mir dreht sich alles und Du fragst mich, wie enttäuscht ich bin? Leck mich halt am Arsch!"
So hätte der Par-10-Autor potenziell geantwortet, weil er von der Persönlichkeitsstruktur näher an Cam Newton dran ist, aber Spieth hat natürlich nicht so geantwortet. Es war einmal mehr beeindruckend, wie Spieth in seiner bisher schwärzesten Stunde reagierte. Mehr Klasse kann man gar nicht zeigen. Wie ehrlich er auch war, als er erzählte, dass er zu seinem Caddie Michael Greller meinte: "Hey Buddy, ich glaube, wir brechen hier gerade komplett zusammen."
Es war wohl eine der seltsamsten Golfrunden, die man bislang so gesehen hat. Spieth führte insgesamt 7 Runden in Folge das Masters an, er spielte am Finaltag 7 Birdies - und er verlor es trotzdem mit drei Schlägen und verpasste die Titelverteidigung. Kompletter Wahnsinn. Auf der einen Seite lag das Desaster die ganze Woche irgendwie in der Luft, weil Spieth die ganze Woche extrem zappelig und gereizt war. Er merkte natürlich, dass er nicht in Topform war und unglaublich streute im langen Spiel. Aber es war eben auch wieder Tiger-esque, wie er teilweise grottig spielte, aber dank einer unfassbaren Putting-Leistung dennoch alles unter der Kontrolle hatte.
Er hätte schon vor dem Finaltag eigentlich viel klarer in Führung liegen können, ja müssen. Spätestens nach den vier Birdies in Serie von der 5 bis zur 9 und fünf Schlägen Vorsprung war die Sache dann eigentlich durch. Selbst die Bogeys an der 11 und 12 waren noch kein Beinbruch, aber dann kam diese mystische 12, dieses unschuldig aussehende 150-Yards-Loch namens Golden Bell, das ein Opfer nach dem anderen fordert. Spieths zweiter Wasserschlag war so fett getroffen, der hätte es beinahe nicht mal ins Wasser geschafft. Es war einer dieser Momente, bei denen du vor dem Fernseher stehst und dir denkst: Das gibt's nur im Golf, ich muss schreien. Ach ja, Spieths letzte fünf Platzierungen in Majors lesen sich übrigens so: 1., 1., 4., 2., 2. Kein weiterer Kommentar nötig.
1. Da dreht selbst Steph Curry durch! Stephen Curry ist aktuell der beste Basketballer auf dem Planeten, aber viel wichtiger: Er ist ein totaler Golf-Nerd! Deshalb war das Beste an der Championship mit den Golden State Warriors für ihn und den ebenfalls Golf-gestörten Andre Iguodala auch, dass sie als Belohnung vor ein paar Monaten Augusta spielen durften. Kurzum: Golf rules bei Curry! Er ist zwar gerade dabei, mit seinem Team den 72-Siege-Rekord der Chicago Bulls zu brechen, aber wen interessiert das, wenn Masters-Wochenende ist?! Wer Curry in den letzten Tagen beim Warmup beobachtete, der wusste, wo er mit seinen Gedanken ist. Bei seinem Kumpel Jordan Spieth und dessen Weg zum nächsten Green Jacket.
Als Spieth sein Waterloo an der 12 erlebte, war Curry gerade vor dem Spiel bei den San Antonio Spurs beim Warmup. Plötzlich kam Iguodala aus der Kabine geschossen und berichtete Curry, was passiert war. Curry brach förmlich zusammen und sank zu Boden, so fassungslos war er. Er beendete sein Warmup danach so schnell wie wahrscheinlich nie zuvor und eilte zurück in die Kabine. Er wollte natürlich verfolgen, wie es mit Spieth weiterging, ehe er dann irgendwann zu so einem nicht ganz unbedeutenden Basketball-Spiel wieder raus musste. Mit den Gedanken war er auf jeden Fall in Augusta. Wo auch sonst.
Die Weltrangliste im Überblick