SPOX-WM-Experte Pascal Hens zieht in seiner letzten Kolumne Bilanz und sieht für das DHB-Team eine gute Zukunft. Außerdem freut er sich wie die komplette Handball-Welt mit den Franzosen über den WM-Titel.
Hallo Handball-Fans,
ich melde mich noch mal zum Abschluss bei Euch und werde mich an meinem persönlichen WM-Fazit versuchen. Was sollen wir jetzt mit dem Turnier der deutschen Mannschaft und dem 7. Platz anfangen? Klar ist, dass es gegen Katar im Viertelfinale und dann auch gegen Kroatien nicht mehr so rund lief. Meiner Meinung nach haben wir ziemlich deutlich gesehen, was noch ein Manko bei uns ist.
Das DHB-Team in der Einzelkritik
Steffen Weinhold hat ein überragendes Turnier gespielt und war unser bestimmender Mann im Rückraum. Sobald diese prägende Figur wegfällt bzw. angeschlagen ist, können wir das nicht kompensieren. Ohne Jens Schöngarth, der seine Sache gut gemacht hat, zu nahe treten zu wollen: Ein dominanter Weinhold hat uns dann sehr gefehlt.
Es wäre noch mehr drin gewesen
Dennoch hat das Team im so wichtigen Spiel um Rang 7 nochmal alles aus sich herausgeholt und diese Aufgabe relativ souverän gemeistert. Wir haben alle Möglichkeiten, um uns für Rio 2016 zu qualifizieren, damit wurde das gesteckte Minimalziel erreicht, das ist das Wichtigste.
Es wäre sicher ein bisschen mehr drin gewesen, aber wir müssen auch sehen, dass es wieder ein extrem enges Turnier gewesen ist. Spanien wird Vierter, Dänemark Fünfter, Kroatien Sechster - das sind alles Top-Mannschaften. Unsere Jungs können auf jeden Fall stolz sein auf das, was sie in Katar geleistet haben.
Uns fehlen die Backups
Die Abwehrleistung hat im Verbund mit den Torhütern gepasst, auch vorne hat das Team gut umgesetzt, was Dagur Sigurdsson ihnen mitgegeben hat. Wir haben gesehen: Wenn alles gut läuft, können wir mit den Großen mitspielen. Aber wir haben wie angedeutet noch nicht die Backups, die es bräuchte, um wirklich zur Weltspitze zu gehören.
Ein Turnier ist lang, da musst du auch mal durchwechseln können, das konnte der Bundestrainer nicht in dem nötigen Maße. Aber insgesamt haben es die Jungs super gemacht und wieder für Handball-Begeisterung im Land gesorgt, das war absolut positiv und darauf können wir aufbauen.
Der 7. Platz war wichtig wegen der Quali für die Olympia-Quali, aber ansonsten ist das nackte Resultat gar nicht so entscheidend für mich. Wichtig war das Auftreten. Wichtig war zu sehen, dass wir wieder eine junge und hungrige Truppe am Start haben, die wirklich was reißen will und größtenteils sehr gut gespielt hat. Was jetzt noch fehlt, ist Erfahrung. Da haben die Jungs jetzt schon in Katar einige gesammelt, wenn das in den nächsten Jahren so weitergeht, können wir auch wieder ganz oben angreifen.
Zum Glück ist Frankreich Weltmeister
Wobei wir uns natürlich die Frage stellen müssen, wer diese Franzosen denn mal schlagen will... Im Finale gegen Katar war ja plötzlich die komplette Handball-Welt für Frankreich, auch die Leute, die vorher noch nie für Frankreich waren. Ich muss zugeben: Bei mir war es ähnlich.
Ich bin auch froh, dass Frankreich Weltmeister geworden ist. Ich will über die ganzen Katar-Geschichten gar nicht groß urteilen, aber es ist einfach gut und wichtig für die Sportart, dass die spielerisch beste Mannschaft am Ende auch verdient den Titel geholt hat. Außerdem freut es mich natürlich für meinen HSV-Kollegen Kentin Mahe.
Jetzt sind die Franzosen also schon wieder amtierender Weltmeister, amtierender Europameister und amtierender Olympiasieger, Wahnsinn. Und ich sehe nicht, dass sie in den nächsten Jahren abbauen werden. Die große französische Generation wird die EM in Polen und dann Rio auf jeden Fall noch mitnehmen, da können sie dann noch einen EM-Titel und noch einen Olympiasieg abstauben.
Fernandez könnte mal aufhören
Diese große Generation um Nikola Karabatic, Daniel Narcisse oder Thierry Omeyer hat alles schon tausendfach erlebt und gewonnen, denen machst du nichts mehr vor. Wenn ich an einen Jerome Fernandez denke, ich habe großen Respekt, wie der das immer noch macht, aber der könnte sich doch jetzt auch endlich mal verabschieden, er hat genug gewonnen ;-)
Aber die Franzosen haben auch junge Leute dahinter, das muss man auch sehen. Lange hatten sie keinen Linkshänder, das ist gar kein Thema mehr. Und wenn ein Luc Abalo ausfällt, spielt ein Valentin Porte ein super Turnier, er hat mich sehr beeindruckt. Dazu kommt ein William Accambray von der Bank, ein Mahe, der bei uns in Hamburg auf der Mitte spielt, gibt einen super Linksaußen, das hat alles große Klasse.
Die Franzosen sind momentan die beste Mannschaft und werden auch in den nächsten Jahren oben bleiben, aber es ist auch ganz wichtig festzuhalten, dass sie nicht so weit weg sind vom Rest. Deutschland gehört wieder zu den Teams, die da in Zukunft ein Wörtchen mitreden könnten. Das ist doch ein schönes Signal dieser WM.
In diesem Sinne, macht's gut und bis bald!
Euer Pommes
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