SPOX: Herr Vranjes, Sie sind von Fotografie und Golf begeistert. Bleibt einem Handball-Trainer genügend Zeit, um seinen Hobbies nachzugehen?
Ljubomir Vranjes: Die Zeit eines Trainers, der so arbeitet wie ich, ist mehr als nur begrenzt. Mein größtes Hobby ist meine Familie, den Großteil meiner Freizeit verbringe ich mit meiner Frau und meinen Kindern. Klar versuche ich die Fotografie auch weiter als Hobby zu behalten, nehme mir dafür meist im Urlaub Zeit. Im Alltag versuche ich das Hobby ein wenig durch Instagram auszuleben, was mir auch viel Spaß macht. Aber Golf? Ich kann dazu nur sagen, dass ich als Trainer wirklich keine Zeit finde, um richtig und ernsthaft Golf zu spielen. Ich frage mich auch ab und an, wie meine Trainerkollegen das hinbekommen.
SPOX: Nicht weniger stressig wäre es wohl in einer anderen Sportart geworden. Sie waren als Jugendlicher ein hervorragender Fußballer, es gab damals sogar ein Angebot von IFK Göteborg. Ihr Traumverein war Manchester United. Wäre im Fußball auch eine große Karriere möglich gewesen und inwiefern verfolgen Sie Fußball heute noch?
Vranjes: Ich schaue natürlich die Fußball-Bundesliga gemeinsam mit meinem Sohn und auch die Spiele von ManUnited versuche ich alle zu verfolgen, wenn es die Zeit erlaubt. Ansonsten beschäftige ich mich aber nicht weiter mit Fußball, von Endspielen bei Welt- oder Europameisterschaften mal abgesehen. Ich glaube, wenn ich mich damals für Fußball entschieden hätte, hätte ich auch da zumindest eine Chance auf eine Karriere gehabt.
SPOX: Womöglich aber nicht so unglaublich erfolgreich wie im Handball. Nach riesigen Erfolgen als Spieler - Sie waren Welt- und Europameister - wurden Sie im vergangenen Jahr als Coach Champions-League-Sieger. Und das im Finale gegen den THW. Wie oft denken Sie noch an die beiden verrückten Tage beim Final Four in Köln?
Vranjes: Ich denke nicht so oft an das Wochenende zurück. Aber natürlich ist speziell das Finale gegen Kiel jetzt gerade wieder präsent, weil diese Begegnung im Achtelfinale wieder ansteht. Für uns alle, und damit meine ich Mannschaft, Trainer, Offizielle, Partner und Fans, war dieses Wochenende ein außergewöhnliches Erlebnis. Ich persönlich werde immer stolz auf diesen Titel sein. Aber man lebt ja nicht in der Vergangenheit und hat dann auch lieber neue und weitere Titel im Kopf.
Die Champions League im Überblick
SPOX: Auf die Neuauflage schon im Achtelfinale gegen Kiel hätten Sie wohl gerne verzichtet, oder?
Vranjes: Nein, das ist so nicht richtig. Alle drei potentiellen Gegner wären eine riesige Aufgabe für uns geworden. Es war mir daher egal, gegen wen wir im Achtelfinale spielen.
SPOX: Wobei es beim 21:30 im Hinspiel eine böse Packung gab.
Vranjes: Das war nicht unser Tag. Neun technische Fehler sind uns alleine im ersten Durchgang unterlaufen. Das sind viel zu viele - so hat man gegen Kiel keine Chance.
SPOX: Unter welcher Prämisse geht man nun also das Rückspiel an?
Vranbjes: Das ist vorbei für uns, das muss man sagen. Im Rückspiel wollen wir es aber in jedem Fall besser machen. Ich will eine Steigerung sehen.
SPOX: Sie haben mal als Spieler vor einem Derby gegen Kiel in einem Interview gesagt: "Ich brauche etwas Hass." Gilt das als Trainer immer noch und erwarten Sie das auch von den Spielern?
Vranjes (lacht): Das habe ich gesagt? Es ist so: Wir spielen alle drei Tage. Da benötigt man etwas Besonderes, was dir selbst als Trainer und der ganzen Mannschaft in dieser kurzen Zeit von Spiel zu Spiel als Motivationsquelle dient. Das kann natürlich Hass sein, aber auch jede andere Emotion.
SPOX: Beschreiben Sie doch bitte, welche Faszination das Duell Flensburg gegen Kiel - unabhängig vom bitteren Hinspiel - auf Sie persönlich ausübt?
Vranjes: Ich würde es gerne erklären und die Frage damit beantworten, aber ich kann nur sagen: Es ist nicht zu erklären. Man kann dieses spezielle Gefühl nicht in Worte fassen. Ich hab ja teilweise schon Gänsehaut, wenn ich mit dem Auto oder dem Mannschaftsbus zur Halle fahre. Diese Partien sind für mich persönlich und meine Spieler immer etwas ganz Besonderes.
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