Zebra-Attacke: Die Löwen-Killer aus Kiel

Felix Götz
03. September 201612:01
EM-Held Andreas Wolff steht in dieser Saison beim THW Kiel zwischen den Pfostengetty
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Die HBL-Saison 2016/2017 beginnt (live auf DAZN). Das Spitzentrio THW Kiel, SG Flensburg-Handewitt und die Rhein-Neckar Löwen zanken sich um den Titel. Wer kommt direkt dahinter, was machen die WM-Helden im Tabellenkeller? SPOX macht den Check.

18. GWD Minden

Lineup: Eijlers - Sjöstrand, Freiman, Doder, Rambo, Svitlica, Gullerud

Gekommen um zu bleiben? Sicher ist: Für Minden wird der Weg zum Klassenerhalt brutal steinig. Zwei absolute Leistungsträger im Team von Coach Frank Carstens sind Abwehrchef Magnus Jernemyr und Spielmacher Dalibor Doder. Doch dann wird es schon überschaubar im Kader.

Wichtig wäre, dass der vom dänischen Verein SonderjyskE Handbold gekommene Kreisläufer Magnus Gullerud richtig fit ist. Doch der Norweger hatte vor nicht allzu langer Zeit mit einem Bandscheibenvorfall zu kämpfen.

17. HSC 2000 Coburg

Lineup: Krechel - Coßbau, Wetzel, Büdel, Lilienfelds, Billek, Kelm

Generell gilt: Im Abstiegskampf wird es unfassbar eng zugehen. Sollten Coburg oder Minden aber die Klasse halten, wäre das eine große Leistung. Ein Pfund der Oberfranken ist sicherlich Trainer Jan Gorr, der als absoluter Fachmann gilt.

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Ansonsten bleibt dem Aufsteiger nichts anderes übrig, als auf Teamgeist zu setzen. Stars sucht man im Kader nämlich vergeblich. Einen Blick sollte man auf Rechtsaußen Florian Billek haben, der in den letzten beiden Spielzeiten insgesamt 423 Tore erzielte.

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16. Bergischer HC

Lineup: Gustavsson - Hoße, Gutbrod, Babak, Nippes, Gunnarsson, Vilovski

Jahrelang war er das Herz des Vereins, nun ist er nur noch Sportlicher Leiter: Ohne Viktor Szilagyi auf der Platte dürfte es für den Bergischen HC extrem kompliziert werden, im Oberhaus zu bleiben. Schließlich gab der 37-Jährige seiner Mannschaft in den vergangenen Jahren in engen Situationen die entscheidenden Impulse.

Was für den Klassenerhalt spricht: Außer dem Karriereende von Szilagyi hat sich der Kader von Trainer Sebastian Hinze kaum verändert, die Truppe ist einigermaßen ausgeglichen und eingespielt. Zudem konnte in der Vorbereitung gut gearbeitet werden, weil alle Mann an Bord waren.

15. HBW Balingen-Weilstetten

Lineup: Mrkva - Kunkel, Hens, Strobel, Friedrich, Wilke, Wagner

Spätestens ab Balingen wird die Luft verdammt eng nach unten. Für die Gallier von der Alb kann es um nichts anderes als den Klassenerhalt gehen. Ob es wirklich ruhiger als in der Vorsaison zugeht, als Trainer Markus Gaugisch früh entlassen wurde und auch sein Nachfolger Frank Bergemann nicht bleiben durfte, muss sich erstmal zeigen.

Mit dem Isländer Runar Sigtryggsson wurde ein neuer Trainer verpflichtet, das Team hat mit sieben Ab- und acht Zugängen ein völlig neues Gesicht und muss sich deshalb erst einmal finden. Besonders die Abwehr könnte für Balingen zu einem großen Problem werden. Die interessantesten Personalien im Kader sind DHB-Spielmacher Martin Strobel und Neuzugang Pascal Hens (Midtiylland). Doch kann Pommes noch helfen?

14. TBV Lemgo

Lineup: Wyszomirski - Zieker, Valiullin, Suton, Hermann, Hornke, Mansson

Trainer Florian Kehrmann macht in Lemgo einen ausgezeichneten Job. Nach dem letztlich souveränen Klassenerhalt wird es der TBV erneut nicht einfach haben, am Ende wird es aber zu einem weiteren Jahr HBL-Verbleib reichen.

Besonders interessant sind die beiden Neuen Piotr Wyszomirski und Azat Valiullin. Keeper Wyszomirski kam aus Szeged und bringt Champions-League-Erfahrung mit, der linke Rückraumspieler Valiullin sorgte in Eisenach für Aufsehen.

13. TVB Stuttgart

Lineup: Bitter - Schimmelbauer, Kraus, Schweikardt, M'Bengue, Schagen, Baumgarten

Torhüter Johannes Bitter, Spielmacher Mimi Kraus und der frühere Rückraum-Mitte-Mann und heutige Trainer Markus Baur: In Stuttgart wimmelt es nur so von WM-Helden von 2007! Eine Garantie für den Klassenerhalt ist das nicht, dennoch stehen die Chancen nicht so schlecht.

Zwar wechselte Torjäger Michael Spatz nach Großwallstadt. Doch neben den Weltmeistern Bitter und Kraus verfügen die Schwaben mit Spielmacher Michael Schweikardt und Neuzugang Bobby Schlagen (Lübbecke) noch immer über genügend Qualität im Kader.

12. SC DHfK Leipzig

Lineup: Vortmann - Binder, Rivesjö, Pieczkowski, Rojewski, Krzikalla, Milosevic

Mit dem elften Platz hat Aufsteiger Leipzig in der vergangenen Spielzeit für eine fette Überraschung gesorgt. Zwar sollten sich Coach Christian Prokop und seine Mannschaft zunächst einmal darauf konzentrieren, nichts mit dem Abstieg zu tun zu haben, doch auch die Bestätigung der gezeigten Leistung scheint möglich.

Leipzig profitierte 2015/2016 von seinem guten Torhüter-Duo Milos Putera und Jens Vortmann und einer starken Abwehr. Aus dem Rückraum kam hingegen nicht so viel. Entsprechend reagierten die Sachsen im Sommer. Mit Niclas Pieczkowski (Lübbecke), Andreas Rojewski (Magdeburg), Roman Bevar (Rostock) und Tobias Rivesjö (Erlangen) wurden gleich vier neue Rückraumspieler geholt.

11. HC Erlangen

Lineup: Katsigiannis - Stranovsky, Link, Haaß, Bayer, Rahmel, Bundalo

In der Saison 2014/2015 stieg Erlangen als Aufsteiger direkt wieder ab. Das wird diesmal nicht passieren. Dafür ist der Kader im Vergleich zu den anderen Klubs in der zweiten Tabellenhälfte einfach zu gut besetzt.

Mit Torhüter Nikolas Katsigiannis (Kiel), Kreisläufer Uros Bundalo (Nantes) und dem linken Rückraumspieler Isiaias Guardiola (Veszprem) haben sich die Franken toll verstärkt. Dazu wurde mit Spielmacher Michael Haaß (Magdeburg) ein Weltmeister von 2007 verpflichtet. Machen wir es kurz: Erlangen bleibt drin!

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10. HSG Wetzlar

Lineup: Buric - Holst, Weber, Pöter, Ferraz, Björnsen, Kohlbacher

Mit Andreas Wolff (Kiel) und Steffen Fäth (Berlin) hat Wetzlar seine beiden Leistungsträger verloren. Weil der kleine Kader aber ausgeglichen gut besetzt ist und Kai Wandschneider ein absoluter Trainerfuchs ist, darf die HSG erneut von einer sorgenfreien Saison im Mittelfeld ausgehen.

Besonders spannend ist der linke Rückraum. Mit Stefan Kneer wurde hierfür ein Routinier von den Löwen geholt, dazu kam aus Leipzig Philipp Weber, dem mit seinen 23 Jahren noch ein großer Sprung zugetraut werden darf. Auch für den "bösen" Wolff wurde mit Benjamin Buric (Velenje) ordentlicher Ersatz verpflichtet.

9. VfL Gummersbach

Lineup: Lichtlein - Schmidt, Kühn, Schindler, Nyokas, von Gruchalla, Pevnov

Sagen wir es mal so: Der letzte Dino der HBL ist zum Auftakt ganz schön auf die Schnauze gefallen. Mit dem Pokal-Aus gegen den Zweitligisten Ludwigshafen-Friesenheim hat nun wirklich niemand gerechnet. Dennoch hat die Truppe von Trainer Emir Kurtagic genügend Qualität, um erneut einen einstelligen Tabellenplatz zu erreichen.

Julius Kühns Entwicklung geht steil bergauf, mit Kevin Schmidt wurde der nach Kiel abgewanderte Raul Santos auf Linksaußen bereits während der vergangenen Saison nahezu gleichwertig ersetzt. Und dann wäre da ja noch Kevynn Nyokas, Gummersbachs Transfercoup aus Göppingen. Bleibt der Franzose verletzungsfrei, dürfte er die letztjährige Schwachstelle im rechten Rückraum mehr als nur schließen.

8. TSV Hannover-Burgdorf

Lineup: Ziemer - Mortensen, Böhm, Olsen, Häfner, Johannsen, Schmidt

Nach der mauen Saison mit Rang 13 im Jahr 2015 gelang den Niedersachsen 2016 ein überzeugender siebter Platz. Der Auftrag an den von Dr. Rolf Brack im SPOX-Interview hoch gelobten Coach Jens Bürkle ist klar: Konstanz reinbringen, den Klub unter den besten zehn Mannschaften der Liga etablieren.

Auf Konstanz setzt Hannover-Burgdorf auch im Kader, es wurden nur je zwei Ab- und Zugänge vermeldet, darunter mit Fabian Böhm ein klasse Mann für den linken Rückraum, der aus Balingen kam. Überragender Akteur dürfte erneut Nationalspieler Kai Häfner sein, der in engen Spielen den Unterschied ausmachen kann.

7. Frisch Auf Göppingen

Lineup: Prost - Schiller, Sesum, Kneule, Schöngarth, Halen, Späth

Mimi Kraus und Felix Lobedank zog es nach Stuttgart, mit dem rechten Rückraumspieler Jens Schöngarth (Magdeburg) wurde nur ein echter Neuzugang präsentiert: Die Göppinger werden eine eingespielte Truppe ins Rennen schicken, die im Rückraum mit Zarko Sesum, Tim Kneule oder Lars Kaufmann flexibel agieren kann.

Nach den ersten beiden Jahren unter Trainer Magnus Andersson ist zudem klar: Der Schwede tut den Schwaben gut. Er fährt eine klare Linie und sorgt nicht zuletzt damit für konstant gute Leistungen seiner Truppe. Wenn alles glatt läuft, könnte für Frisch Auf sogar Platz fünf möglich sein.

6. SC Magdeburg

Lineup: Quenstedt - Musche, Damgaard, Bezjak, Christiansen, Weber, Bagerstedt

Platz acht. Die vergangene HBL-Saison war für den SCM eine Enttäuschung, die durch den Pokalsieg aber wieder wettgemacht wurde. Dennoch muss es diesmal ein paar Plätze nach oben gehen, ein Europapokal-Rang ist das erklärte Ziel.

Richten sollen es vor allem die Spielmacher Marko Bezjak und Christian O'Sullivan, der aus Kristianstad verpflichtet wurde. Wobei letztgenannter Spieler aktuell noch mit Verletzungsproblemen zu kämpfen hat. Ein Trio wird womöglich müde, dafür aber mit Selbstvertrauen in die Saison starten: Mit Michael Damgaard, Jannick Green und Mads Christiansen hat der SCM gleich drei dänische Olympiasieger in seinen Reihen.

5. MT Melsungen

Lineup: Sjöstrand - Allendorf, Rnic, Schneider, Müller, Sellin, Maric

Was war das für eine Hammer-Saison der Melsunger? Platz vier, bockstark! Und es spricht einiges dafür, dass die Nordhessen auch in der kommenden Spielzeit wieder eine gute Rolle spielen werden. Wenn es auch nicht dafür reichen wird, unter die besten vier Teams zu kommen.

Die MT muss sich erstmal an die Mehrfachbelastung durch die Teilnahme am EHF-Cup gewöhnen. Ansonsten ist aber fast alles im Lot. Im Gegensatz zu den Top Vier hatte Coach Michael Roth seine Truppe in der Vorbereitung zusammen, mit jeweils drei Zu- und Abgängen herrscht im Kader Kontinuität. Auf wen es ankommt? Natürlich wieder auf Lenker Michael Müller, die starken Kreisläufer Marino Maric und Felix Danner sowie Rückraum-Shooter Momir Rnic.

4. Füchse Berlin

Lineup: Heinevetter - Struck, Drux, Nenadic, Wiede, Zachrisson, Kozina

Petar Nenandic, Drago Vukovic, Paul Drux, Fabian Wiede und Neuzugang Steffen Fäth (Wetzlar) - das ist mal ein flexibler und hochklassiger Rückraum! Zumal Drux wieder voll da ist und Wiede sich immer mehr in Richtung absolute Weltklasse entwickelt.

Ein Fragezeichen steht hinter der Abwehr, wo die nach Paris abgewanderte Schweden-Kante Jesper Nielsen eine Lücke hinterlässt. Trotzdem: Die Füchse haben Rang vier als Ziel ausgegeben - völlig zu Recht!

3. Rhein-Neckar Löwen

Lineup: Appelgren - Sigurdsson, Ekdahl Du Rietz, Schmid, Petersson, Groetzki, Pekeler

Die Löwen ohne Uns Uwe? Geht das überhaupt? Es muss gehen! Nach 13 Jahren hat die Klub-Legende Baden den Rücken gekehrt und ist nach Paris gewechselt. Nun ist Andy Schmid, der wohl beste Spielmacher der HBL, der alleinige und unumstrittene König der Löwen.

Rein sportlich wurde Gensheimers Abgang sensationell aufgefangen. Mit Gudjon Valur Sigurdsson vom FC Barcelona ist ein legendärer Linksaußen nach Deutschland zurückgekehrt, der selbstverständlich allerhöchsten Ansprüchen genügt. Zudem verfügt die Truppe von Trainer Nikolaj Jacobsen mit Neuzugang Andreas Palicka (Aalborg) und Mikael Appelgren über ein starkes Torwart-Duo.

Warum wird der Meister denn nun nur auf Position drei im SPOX-Power-Ranking geführt, fragt ihr euch? Weil der Kader wie schon in der vergangenen Saison sehr dünn besetzt ist. Jede Verletzung eines Leistungsträgers wird üble Folgen haben. Und dass die Löwen noch einmal quasi ohne Verletzungen durch eine Saison kommen, ist bei den aberwitzigen Belastungen für Topspieler im Handball einfach nicht anzunehmen.

2. SG Flensburg-Handewitt

Lineup: Andersson - Eggert, Lauge, Mogensen, Glandorf, Svan, Toft Hansen

16 von 18 HBL-Trainern tippen auf Flensburg als Meister - SPOX nicht. Das gibt uns die Chance, am Ende der Saison womöglich behaupten zu können, mehr Ahnung als der größte Teil der HBL zu haben. Sollte unser Tipp schief gehen, machen wir das natürlich trotzdem.

Jetzt aber zum Thema: Flensburg hat Ivan Horvat (Varazdin, linker Rückraum) verpflichtet und Kresimir Kozina (Berlin, Kreisläufer) abgegeben - das war es dann. Eine große Stärke der Mannschaft von Coach Ljubomir Vranjes sollte also sein, dass sie sich kennt und entsprechend eingespielt ist. Die Qualität, um den Titel zu holen, ist natürlich da.

Allerdings ist die Verletzung von Rasmus Lauge ein herber Schlag. Der linke Rückraumspieler zog sich einen Riss im Außenmeniskus im linken Knie zu und fehlt voraussichtlich noch bis Dezember. Für Unruhe könnte zudem die Tatsache sorgen, dass nach der Saison gleich elf Verträge auslaufen.

1. THW Kiel

Lineup: Landin - Dahmke, Nilsson, Duvnjak, Weinhold, Ekberg, Wiencek

Ein abenteuerliches Verletzungspech, Platz drei, das schlechteste Abschneiden seit 2003, erstmals seit 13 Jahren überhaupt keinen Titel geholt: Das Jammern der Zebras war nach der abgelaufenen Saison riesig, an der Förde herrschte eine lausige Stimmung. Doch Vorsicht: Der THW wird zurückschlagen.

Im Sommer wechselte EM-Held Andreas Wolff aus Wetzlar in den hohen Norden, mit ihm und Niklas Landin hat Coach Alfred Gislason das beste Torhüter-Gespann der gesamten Liga. Linksaußen Raul Santos (Gummersbach), Christian Zeitz (Veszprem) sowie die beiden Super-Talente auf der Königsposition im linken Rückraum, Lukas Nilsson (Ystads) und Nikola Bilyk (Maragareten), runden eine clevere Transferpolitik der Zebras ab. Der Kader ist nun wesentlich breiter aufgestellt.

Zwar war die Vorbereitung kompliziert (fast der ganze THW-Kader war bei Olympia) und es wird womöglich eine Zeit lang dauern, bis sich das Team gefunden hat. Zudem ist die Abhängigkeit von Superstar Domagoj Duvnjak groß. Trotzdem: Geht der Start nicht in die Hose, ist Kiel der heißeste Favorit auf die Meisterschaft.

Die HBL-Saison 2016/2017