Der Ein-Mann-Umbruch weckt Erinnerungen: Wie Michael Olise den FC Bayern München belebt

olise-oktoberfest-1600
© getty

Michael Olise legte einen beeindruckenden Start bei Bayern hin und weckt Erinnerungen an zwei Ikonen. Seine Bilanz: Mehr Scorer als Spiele und Worte.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Wenn die gerne klug daher philosophierte Redewendung "Taten sagen mehr als Worte" ein Fußballer wäre, dann hieße sie wohl Michael Olise. Konsequent wie kaum ein anderer Profi verzichtet der 22-jährige Franzose auf öffentliche Wortmeldungen.

Im Sommer wechselte Olise für 53 Millionen Euro von Crystal Palace zum FC Bayern, sein bekanntestes Vermächtnis in England - abgesehen von spektakulären Dribblings, Assists und Toren - ist ein YouTube-Video namens "Das schlechteste Interview aller Zeiten geht an Michael Olise". Nach einem Last-Minute-Tor gegen West Ham United brachte Olise den Fragesteller mit seiner Einsilbigkeit zur Verzweiflung. Immerhin war der Spuk nach 21 Sekunden vorbei.

Ähnlich wortkarg präsentierte sich Olise bei seiner weniger als siebenminütigen Vorstellungs-Pressekonferenz in München. Unterschiede zwischen der Premier League und der Bundesliga? "Wahrscheinlich sind sie ein bisschen unterschiedlich." Was ihm lieber sind, Tore oder Assists? "Whatever, beides." Und so weiter. Beim 5:0-Sieg gegen Werder Bremen vergangenes Wochenende ging Olise jedenfalls beiden Leidenschaften nach: Zwei Tore und zwei Assists, womit er sich wiederum für seine unliebste Tätigkeit qualifizierte.

"Heute musst du Interviews geben", soll Jamal Musiala Ohrenzeugenberichten zufolge in Richtung seines Teamkollegen gerufen haben. "Auf geht's, das gehört zum Geschäft dazu." Wiederholt habe Olise versucht zu flüchten, Musiala aber ließ ihn nicht entwischen und zerrte ihn vor die Kamera des klubeigenen TV-Senders. Anders als Olises Körper konnte Musiala dessen Mund aber nicht bewegen. Letztlich antwortete Musiala im Namen des neben ihm schweigenden Olise und rief ihm dann stolz zu: "Das war mal ein Anfang, Michael."

FC Bayern München, FCB, Michael Olise, Jamal Musiala
© getty

FC Bayern: Michael Olise glänzt bisher als einziger Neuzugang

Olise selbst sagte an diesem für ihn persönlich und den ganzen FC Bayern so erfreulichen Samstagnachmittag in Bremen öffentlich tatsächlich nichts. Dafür sagten alle anderen ziemlich viel über ihn. Etwa Musiala, als er dann auch noch in seinem eigenen Namen sprach: "Er ist ein super Spieler. Wir verstehen uns gut." Harry Kane nannte Olise "eine permanente Gefahr" und einen "fantastischen Spieler" und erklärte: "Von außen sieht man den echten Michael nicht so, aber innen drin ist er ein echt guter Typ."

Mittelstürmer Kane, Zehner Musiala, Rechtsaußen Olise und dazu der gegen Bremen eingewechselte Serge Gnabry sind bis dato die prägendsten Münchner Offensivspieler in dieser Saison. Sie sind die Gesichter der sagenhaften 20-Tore-Woche mit drei Schützenfesten gegen Holstein Kiel, Dinamo Zagreb und eben Bremen. Überhaupt gewann der FC Bayern alle bisherigen sechs Pflichtspiele dieser Saison unter dem neuen Trainer Vincent Kompany.

Nach der titellosen und so unglaublich schwerfälligen Vorsaison plante der FC Bayern im Sommer eigentlich einen großen Umbruch. Letztlich blieb es bei einem Umbrüchchen. Einerseits verließen keine absoluten Schlüsselspieler den Klub, die prominentesten Abgänge waren Matthijs de Ligt und Noussair Mazraoui. Andererseits spielt in dieser Saison bis dato nur ein Neuzugang eine prägende Rolle: Olise. Die langersehnte Holding Six Joao Palhinha fristet sein Dasein als Ersatzspieler, Hiroki Ito und Rückkehrer Josip Stanisic sind verletzt. Dieser Umstand macht Kompanys Arbeit und Olises Einfluss umso bemerkenswerter.

Wahlweise wird er schon mit den beiden größten Flügelstürmern der jüngeren Klubgeschichte verglichen. Mit Franck Ribéry wegen dessen französischer Nationalität und Dribbelstärke. Mit Arjen Robben wegen des Drangs, von rechts in die Mitte zu ziehen und dort mit dem starken linken Fuß abzuziehen.

olise-michael-bayern-1600
© getty

Michael Olise weckt Vergleiche mit Franck Ribéry und Arjen Robben

Gefragt nach Ribéry gab Olise übrigens eine der ausführlichsten Antworten seiner Vorstellungs-Pressekonferenz: "Ich mag Franck Ribéry sehr. Wenn ich an die Franzosen des FC Bayern denke, dann denke ich vor allem an ihn." Sportvorstand Max Eberl betonte: "Michael ist ein Spieler, der wie ein junger Ribéry oder ein junger Robben Außergewöhnliches leisten kann."

Die beiden Ikonen waren bei ihren Wechseln zum FC Bayern übrigens beide älter als jetzt Olise, zudem legten sie beide zumindest statistisch schlechtere Starts hin. Olise verzeichnete in seinen ersten sechs Pflichtspielen für den FC Bayern mit fünf Toren und drei Assists schon acht Scorerpunkte. Ribéry kam 2007 auf zwei, Robben 2009 auf vier. Ähnlich wie nun Olise schlug 2015 dagegen ein anderer Flügelstürmer ein: Douglas Costa.

Der Brasilianer kam für 30 Millionen Euro von Shakhtar Donezk, um das verletzungsanfällige Duo Ribéry/Robben herauszufordern. In den ersten sechs Pflichtspielen gelangen ihm fünf Scorerpunkte, in den ersten sieben Bundesligaspielen war er immer an mindestens einem Treffer direkt beteiligt. Dann aber baute Costa zunehmend ab, ehe er nach einigen Verletzungssorgen zwei Jahre später zunächst an Juventus Turin verliehen und dann verkauft wurde. Seine zweite Stippvisite in München 2020/21 verlief völlig enttäuschend.

Wie Costa und auch Ribéry und Robben gilt Olise übrigens ebenfalls als durchaus verletzungsanfällig. Aufgrund von zwei Oberschenkelblessuren fehlte er vergangene Saison insgesamt sechs Monate. Gerade mit Blick auf seine Olympia-Teilnahme im Sommer und die aufgeblähte Champions League muss Kompany Olises Belastung gut steuern. Beim Bundesliga-Topspiel gegen Bayer Leverkusen am Samstag wird er aber kaum auf seinen Ein-Mann-Umbruch verzichten.