FC Bayern München - Erkenntnisse zum DFB-Pokal-Spiel beim FSV Mainz 05: Der Cancelo-Hype kommt zu früh

Von Philipp Schmidt
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Der FC Bayern ist mit einem souveränen 4:0-Sieg ins Viertelfinale des DFB-Pokals eingezogen. Der Erfolg in Mainz sorgte für strahlende Gesichter und viel Lob, Neuzugang João Cancelo bestimmte die Schlagzeilen - aber ist der Hype wirklich schon angebracht? Zudem gab es einen unverhofften Gewinner. Drei Erkenntnisse zum Spiel.

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FC Bayern - João Cancelo: Der Hype kommt zu früh

Es war ein Start nach Maß! Erst am Dienstag gab der FC Bayern die Leihe des portugiesischen Außenverteidigers von Manchester City bekannt, einen Tag später stand er bereits in der Startformation in Mainz. "Keine Wunderdinge" erwarte er von seinem Spieler, sagte Julian Nagelsmann vor der Partie, primär solle Cancelo dem Bayern-Spiel "sehr viel Offensivpower geben". Und genau das war der Fall.

Von Sekunde eins an war Cancelo aktiv ins Spiel eingebunden, viel lief über seine rechte Seite. Nach drei Minuten gab er die Vorlage für eine Müller-Flanke, die Eric Maxim Choupo-Moting nicht veredeln konnte, in Minute 17 war er es selbst, der den Kameruner bediente und so die Führung vorbereitete - und das nur, weil er offenbar die Ansage seines Trainers ignorierte. "Er hat Benji, Benji gerufen, weil er wollte, dass er den Ball zurückspielt. Hat der Cancelo wahrscheinlich nicht verstanden", hatte ARD-Experte Bastian Schweinsteiger im Umfeld der Bayern-Bank von Nagelsmann aufgeschnappt.

Auch in der restlichen Halbzeit war Cancelo auffällig und schlug eine weitere Flanke, die fast von Erfolg gekrönt war (in den Sozialen Medien war bereits zu lesen, dass dies mehr erfolgreiche Flanken gewesen seien, als von Benjamin Pavard in seiner kompletten Bayern-Zeit zu sehen waren). Entsprechend euphorisch fielen die Reaktionen der Kollegen nach dem Sieg aus.

Jamal Musiala, Torschütze zum 2:0, erklärte, dass Cancelo sehr gut ins Team passe, überragende Flanken schlage und eine sehr große Hilfe sei. Ähnlich äußerten sich Präsident Herbert Hainer ("Er ist ein klasse Fußballer, egal ob es das Stellungsspiel ist oder die Ballbehandlung. Er wird uns echt gut tun."), Joshua Kimmich ("Er macht die Mannschaft auf jeden Fall besser. Er hat eine Riesen-Qualität.") oder auch Thomas Müller ("Für sein erstes Spiel war das ein ziemlich guter Eindruck. Er hat ein Auge, wenn er einen freien Fuß hat, seine Flanken sind sehr gut. Seine Spielfreude hat man gesehen.").

Gleichzeitig war es aber auch Müller, der die Euphorie dämpfte und die gute Mannschaftsleistung dafür verantwortlich machte, dass der Debütant glänzen konnte. "Wir haben seine Stärken gut ins Spiel gebracht." Zudem wäre es kontraproduktiv, Cancelo mit Erwartungen zu überladen. "Irgendwann wird er aber auch mal einen Fehlpass spielen. Da werdet Ihr auf der Lauer sein", sagte er an die Journalisten gerichtet. Man solle die Partie "nicht überbewerten, aber an und für sich war das ein top Start".

In der Tat blieb es über 90 Minuten bei den zwei geschilderten Flanken, seine Passquote war die drittschlechteste aller Spieler der Startelf (79 Prozent), Cancelos Pendant auf der linken Seite, Kingsley Coman, war im Laufe des Spiels deutlich besser in die Angriffe involviert als der Portugiese (82 zu 61 Ballaktionen). In Halbzeit zwei leistete er sich die ein oder andere suboptimale Abwehraktion, klärte in die gefährliche Zone zentral vor dem eigenen Sechzehner - ohne Folgen.

Der Anfang ist gemacht, aber für ein finales Urteil, wie groß der Einfluss Cancelos sein wird, um die Bayern-Saison positiv zu beenden, ist es viel zu früh. Kann er gemeinsam mit Alphonso Davies als extrem offensives Außenverteidiger-Duo auch in einer Viererkette funktionieren? Können die Kollegen seine durchaus vorhandenen defensiven Defizite in den großen Spielen auffangen, gegen Mannschaften, die über mehr Vollstreckerqualitäten als Mainz verfügen? Das wird sich in den kommenden Wochen zeigen.

Dass die Entscheidung, auf eine Dreierkette zu setzen, in erster Linie wegen Cancelo getroffen wurde, verneinte Nagelsmann: "Wir wollten einen Spieler mehr im Zentrum haben. Meistens ist es aber keine Frage der Ordnung, sondern der Einstellung und Umsetzung." Gegen Mainz sei das System erfolgreich gewesen und könne auch eine Zukunft haben - unabhängig von der konkreten Rolle Cancelos.

Benjamin Pavard
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FC Bayern: Pavard als Gewinner der Systemumstellung?

Einer, der sich über die systematischen Veränderungen gegen Mainz sicher gefreut haben dürfte, ist Benjamin Pavard. Obwohl auch Dayot Upamecano und Matthijs de Ligt auf dem Feld standen, durfte er in der Abwehrzentrale ran - als rechter Innenverteidiger.

Immer wieder hatte der Franzose in der Vergangenheit zum Ausdruck gebracht, dass er sich als Innenverteidiger sieht und es entscheidend für seine Zukunftsplanung sein werde, ob und wo ihm dieser Wunsch erfüllt wird. Blickt man auf die bisherige Bundesligasaison, so fand sich Pavard in zehn von 15 Spielen auf der rechten Seite wieder. Kein Zufall, dass er in der WM-Pause seinen Wechselwunsch öffentlichkeitswirksam untermauerte.

"Mit Bayern München habe ich alles gewonnen. Ich spiele, um zu gewinnen und ich bin bereit, neue interessante Projekte zu bewerten, aber als zentraler Verteidiger", sagte er im November der Gazzetta dello Sport. Diese Aussage wiederholte er in der Folge mehrfach. Zudem soll er gar den FC Barcelona kontaktiert haben, um einen Wechsel auszuloten. Pavards Vertrag läuft bis 2024, spätestens im Sommer dürfte eine Entscheidung für einen Verkauf oder eine Verlängerung fallen - mit Tendenz zum erstgenannten. Auch die Personalie Cancelo dürfte damit in einem direkten Zusammenhang stehen.

Ein Verkauf im Winter war hingegen nie ein Thema. Spätestens nach der schweren Verletzung von Lucas Hernández bei der WM gingen Nagelsmann die hochkarätigen Alternativen in der Defensive aus, Neuzugang Daley Blind, der wie Cancelo in Mainz debütierte, ist eher als Investition in die Kaderbreite zu sehen. Vor dem Spiel untermauerte Nagelsmann zudem, wie wichtig Pavard für den Verein ist und bestätigte, dass Pavards Forderung in Erfüllung gehen werde.

"Er hat bei mir sehr viel gespielt, ohne Lucas haben wir innen einen Spieler weniger, er wird mehr innen spielen als zuletzt. Dort hatte er es immer gut gemacht. Er gibt uns in der Innenverteidigung ein gutes Element. Er ist ein wichtiger Bestandteil", sagte Nagelsmann. Zudem bräuchten die einzigen noch verbliebenen Kandidaten Upamecano und de Ligt immer wieder Pausen. Sollte die Bedeutung der Dreierkette in den kommenden Wochen und Monaten zunehmen, führt sowieso kein Weg mehr an Pavard vorbei. Ob jedoch die Zukunft über die Saison hinaus durch diese Tatsache verändert wird, dürfte dennoch fraglich sein.

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FC Bayern: Richtiges Zeichen zum richtigen Zeitpunkt - von allen

"Das Fortune, zwischen den Linien mit Risiko zu spielen, haben wir ein wenig vermissen lassen. Wir müssen im Zentrum wieder unseren sehr guten Fußball finden, haben viel um den tiefen Block herumgespielt. Ich bin guter Dinge, dass wir das wieder hinkriegen, werde ein paar Anpassungen vornehmen und hoffe, dass das fruchtet", sagte Nagelsmann über das Remis gegen Frankfurt am vergangenen Samstag. Und was er in Mainz sah, dürfte ihm gefallen haben.

Immer wieder zeigte sich das Team zielstrebig, präsentierte sich im Mittelfeld variabel und fand schnörkellos den Weg vor das gegnerische Tor. Mit Coman, Cancelo sowie der Mittelfeldreihe Leroy Sané, Müller und Musiala gab es fünf Spieler, die für die Mainzer Defensive ein nicht zu lösendes Rätsel darstellten, immer wieder rochierten, Überzahlsituationen herstellten und die Harmlosigkeit aus dem Frankfurt-Spiel vergessen machten. Neben den drei Treffern im ersten Durchgang gab es weitere gefährliche Szenen, dass nach der Pause ein bis zwei Gänge zurückgeschaltet wurde, liegt in der Natur der Sache.

Es ist ein schmaler Grat, auf dem sich der FC Bayern hinsichtlich seiner Ausrichtung bewegt, gegen Mainz wurde Nagelsmanns Forderung des mutigeren Spielens absolut erfüllt. "Julian findet immer Lösungen. Das hat man auch im September gesehen, als wir die Spiele nicht gewonnen haben. Ich war absolut überzeugt davon, dass ihm das wieder gelingt. Das war sehr kreativ und genau das richtige Konzept", stellte sich Hainer hinter seinen Trainer.

Dass es auch in Mainz defensive Sequenzen gab, in denen nicht alles passte, sei für Nagelmann logisch. "Wir haben zwei, drei Fehlpässe gehabt. Ich habe gefordert, dass wir mehr Risiko nehmen, das haben wir gemacht und dann geht auch mal was schief. Das kalkulieren wir mit ein."

Zudem waren einige Beteiligte darum bemüht, irgendwelche Spielermeetings ohne den Trainer ins Reich der Fabeln zu verweisen und etwaige Unstimmigkeiten zu dementieren. Laut Joshua Kimmich habe es am Montag eine Sitzung gegeben, "bei der auch die Spieler zu Wort gekommen sind" - im Beisein des Trainers. Nagelsmann selbst hatte zuvor bei Sky mit folgender Aussage für Verwirrung gesorgt: "Es ist ja Teamsport. Die Spieler haben sich hingesetzt und ohne Trainer mal gesprochen." Später ergänzte er: "Es gab jetzt keinen offiziellen Termin, wo sich die Mannschaft getroffen hat und ich nicht dabei war."

Dieser betonte, dass alle "in einem gemeinsamen Boot sitzen" und jeder "total selbstkritisch" sei: "Jeder, der auf dem Platz steht oder drumherum steht, hat Verantwortung für das Gesamte. Es gibt keinen, die mit dem Finger nur auf mich zeigt, und auch ich zeige mit dem Finger nicht auf die Spieler." Die Zeichen stehen positiv, der Spaß ist zurück, sagte Müller. Für die Zukunft bedeute dies allerdings nichts.

Mit einem Verweis auf den prächtig besetzten Kader ("Wenn man sieht, welches Personal wir haben, was da noch draußen auf der Bank gelauert hat ..."), gelte es nun, auch in der Liga im Jahr 2023 anzukommen. "Wenn du als FC Bayern dreimal in Folge nur Unentschieden spielst, ist die Welt nicht in Ordnung. Wir sind in der Liga absolut in der Bringschuld, das muss uns bewusst sein."

Und sogar Niko Kovac, dessen Team VfL Wolfsburg der kommende Bayern-Gegner ist, stimmte Müller zu. Dieser hatte zuletzt spöttisch angemerkt, dass es schwieriger sei, bei Union Berlin zu gewinnen als beim FC Bayern. "Wenn man die Fakten zusammenfasst, hat er recht." Ein bisschen Extra-Motivation dürften die Aussagen des Ex-Coaches sicherlich dennoch sein.

FC Bayern München: Die nächsten Spiele des FCB

DatumUhrzeitWettbewerbGegner
5. Februar17.30 UhrBundesligaVfL Wolfsburg (A)
11. Februar15.30 UhrBundesligaVfL Bochum (H)
14. Februar21 UhrChampions LeagueParis Saint-Germain (A)
18. Februar15.30 UhrBundesligaBorussia Mönchengladbach (A)
26. Februar17.30 UhrBundesligaUnion Berlin (H)
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