Es erinnerte an die Vorbereitung einer Grabrede: "Wenn das Rennwettsteuer-Lotterie-Gesetz gekippt werden sollte, dann sind wir tot." Zu diesen drastischen Worten griff der alte und neue Direktoriums-Präsident Albrecht Woeste am vergangenen Donnerstag bei der Jahrespressekonferenz des Dachverbandes.
Eigentlich müsste man glauben, dass der frühere Henkel-Aufsichtsratschef trotz seiner 75 Jahre voller Schwung in seine nächste und auch letzte Amtszeit geht.
Doch das Damoklesschwert, das eng zusammenhängt mit der gesetzlichen Regelung auf dem Glücksspielmarkt in Deutschland, hing drohend über allem. Auch über den Aussagen des erfolgreichen Unternehmers.
Woeste verscheucht junge Leute und Sponsoren
Bei allem Verständnis für klare Worte: Hätte man eine solche von Angst geprägte Feststellung nicht in andere Worte packen können? Welche jungen Leute, die etwas von einem vermeintlich "toten" Sport hören, begeistern sich denn noch dafür?
Wenn in überregionalen Tageszeitungen dieses Statement zitiert wird, dann fragen sich auch potenzielle Sponsoren: Sollen wir nicht doch in einem anderen Metier investieren und unser Engagement im Turf noch einmal überdenken?
Glücklich gewählt waren diese Worte, die in manchen Medien sogar als Überschrift des Berichts verwendet wurden, sicher nicht, man würde besser für alle Eventualitäten vorsorgen und sich von Verbandsseite Alternativen zur Lösung überlegen.
Tiedtke: Seitenhieb auf Spring- und Dressurreiter
Apropos überraschende Äußerungen - zu diesen zählt sicher auch der verbale Tiefschlag des neuen Chefmanagers des deutschen Galopprennsports, Andreas Tiedtke, über die Spring- und Dressurreiter. Im Rahmen der Klagen über die mangelnde Präsenz der Galopper in den Medien bat er auf der Pressekonferenz darum, sich einen Kommentar gestatten zu dürfen.
Zitat: "Es gibt so viele furchtbare Pferdesportarten, die so etwas von langweilig sind - wie Springen und Dressur - und wenn ich dann sehe, dass selbst der 23. Platz irgendeiner Dressurprüfung in einer überregionalen Zeitung dargestellt und gefeiert wird, dann muss es doch möglich sein, wenn ein deutsches Pferd quasi in der Champions League des internationalen Rennsports im Ausland ein Gruppe-I- oder -II-Rennen gewinnt, dass wir es schaffen, das mit einem Bild dort zu platzieren."
Ob die Chefetage der FN, des Dachverbands der Spring- und Dressurreiter, die für Deutschland 37 Mal Olympisches Gold und nebenbei noch 73 Weltmeistertitel holten, dieses offizielle Statement aus dem Galopperlager "furchtbar langweilig" finden wird oder noch reagiert, das bleibt abzuwarten.
"Münchner Rennsport dient nur Springer"
Aber in seiner Wortwahl überraschte auch ein anderer Galopp-Promi in den vergangenen Tagen.So stellte Helmut von Finck, hocherfolgreicher Münchener Züchter, in einem Interview mit der Fachzeitung "Sport-Welt" auf die Frage: "Wie sehen Sie die Entwicklung des Rennsports in München" fest: "Ich persönlich meine, dass der Münchner Rennsport hauptsächlich dem Buchmacherunternehmen Springer dient."
Paff, das saß! Wird hier der Beweis angetreten, dass der Rennsport nur einem Buchmacher dient? Ist es nicht schade, dass der Sport Geld in die Hand nehmen musste, um selbst Buchmacher zu werden? Hat damit der Wahnsinn endgültig auch das blaue Blut des Turfs erreicht?
Dies vor dem Hintergrund, dass bei dem Artikel kein Autor genannt wurde und nur von der "Sport-Welt"-Redaktion die Rede ist, der interessanterweise in nicht ganz unbedeutender Funktion (wenn auch nie namentlich genannt) der Geschäftsführer von "RaceBets" angehört, einem Konkurrenzunternehmen zu dem von Finck genannten Buchmacher. Nur böse Leute glauben, dass er bei diesem Artikel selbst zur Feder oder der Computer-Tastatur gegriffen hat.