Schlagmann Hannes Ocik brüllte seine Freude heraus, Maximilian Munski riss die Arme in die Höhe, und Eric Johannesen klatschte mit der Hand aufs Wasser: Nach ihrer furiosen Aufholjagd zum vierten EM-Titel in Serie ließen die Athleten des Deutschland-Achters ihren Glücksgefühlen freien Lauf.
Den Erfolg vor Russland und Weltmeister Großbritannien bei äußerst schwierigen Windbedingungen in Brandenburg an der Havel sollte man zwar nicht überbewerten, doch der perfekte Einstand in die olympische Saison verleiht dem Flaggschiff des DRV reichlich Rückenwind Richtung Rio.
"So ein Einstieg ist natürlich super. Wir dürfen uns jetzt aber nicht ausruhen. Abgerechnet wird in Rio", sagte Achter-Trainer Ralf Holtmeyer nach dem packenden Finale bei starkem Seitenwind.
Sieg unter schwierigen Bedingungen
Nach den ersten 500 m hatte das DRV-Paradeboot noch auf dem letzten Platz gelegen. Doch Schlag für Schlag kämpften sich die London-Olympiasieger besser ins Rennen. Vor den letzten 500 der insgesamt 2000 m hatte das deutsche Großboot als Zweiter noch 1,65 Sekunden Rückstand auf die überraschend starken Russen, doch angetrieben vom Publikum holte sich der Deutschland-Achter mit einem fulminanten Endspurt doch noch die ersehnte Goldmedaille.
"Das war schon grenzwertig und ein bisschen Glückslotterie", sagte Johannesen. Daher trat der Hamburger ebenso wie Steuermann Martin Sauer (Berlin) trotz aller Freude die Euphoriebremse. "Die Aussagekraft hält sich in Grenzen", sagte Johannesen, während Sauer erklärte, der Sieg sei angesichts der Bedingungen nicht so viel wert. Nach drei verlorenen WM-Finals in Serie gegen die Briten ist der EM-Titel aber gut für das zuletzt leicht angekratzte Selbstvertrauen.
Der Deutschland-Achter sorgte bei der Heim-EM für einen glänzenden Schlussakkord, doch schon die Ouvertüre bei der ersten internationalen Standortbestimmung in der olympischen Saison konnte sich aus Sicht der deutschen Flotte sehen lassen: Zwei Gold-, fünf Silber- und eine Bronzemedaillen in den 14 olympischen Klassen lassen den DRV auf erfolgreiche Sommerspiele in Rio (5. bis 21. August) hoffen.
Bei der EM in Posen vor einem Jahr gewann der DRV in den olympischen Klassen drei Gold- und eine Silbermedaille. "Das ist ein gutes Ergebnis. Wir freuen uns, dass wir ein bisschen mehr Breite gezeigt haben", sagte DRV-Cheftrainer Marcus Schwarzrock.
Einser machen Sorgen
Der Frauen-Doppelvierer verteidigte in Brandenburg seinen EM-Titel ebenfalls erfolgreich. Der WM-Zweite verwies Polen mit deutlichem Vorsprung auf Platz zwei. "Das war in meiner Karriere bisher das schwierigste Rennen. Wir haben es aber ganz gut bewältigt und sind kompakt geblieben", sagte Schlagfrau Lisa Schmidla (Krefeld).
EM-Silber holten Marcel Hacker/Stephan Krüger (Magdeburg/Rostock) als Titelverteidiger im Doppelzweier, Moritz Moos/Jason Osborne (beide Mainz) im Leichtgewichts-Doppelzweier, Kerstin Hartmann/Kathrin Marchand (Ulm/Leverkusen) im Zweier ohne Steuerfrau, die WM-Dritten Julia Lier/Mareike Adams (Halle/Saale/Essen) im Doppelzweier sowie Fini Sturm/Marie-Louise Dräger (Brandenburg/Rostock) im Leichtgewichts-Doppelzweier.
Bronze sicherte sich zudem der Leichtgewichts-Vierer ohne Steuermann. "Ich bin froh, dass ich bei den Bedingungen nicht rausgefallen bin", sagte der ehemalige Einer-Weltmeister Hacker.
Mit Blick auf die Olympia-Qualifikation in Luzern (22. bis 24. Mai) bereiten dem DRV in erster Linie die Einer große Sorgen. Philipp-Andre Syring (Magdeburg) als Zwölfter und Julia Richter (Berlin) als Zehnte fuhren der europäischen Spitze deutlich hinterher. In Rio sind die deutschen Ruderer bisher mit neun Booten vertreten, fünf weitere könnten bei der Quali auf dem Rotsee noch hinzukommen.