Ein Olympiasieger auf Augenhöhe mit Viertliga-Fußballern - wenn es gut läuft: So schätzt Speerwurf-Olympiasieger Thomas Röhler seinen eigenen Promistatus im Vergleich zu den Fußballern ein.
"Habe ich ein gutes Jahr, kann ich mich vielleicht mit meinen Viertligajungs aus der selben Stadt vergleichen", sagte der 26-Jährige: "Habe ich ein schlechtes Jahr, sieht es auch mal ganz dunkel aus." Selbst ein Leichtathletik-Olympiasieger muss der Dominanz des Fußballs Tribut zollen.
Neidisch ist Röhler aber nicht auf die Fußballer: "Ziel müsste es sein, dass man auch auf unsere Sportart neidisch ist", stellte der fünfmalige deutsche Meister auf der siebten Sportkonferenz des Deutschlandfunks am Donnerstagabend in Köln klar.
Zugpferd oder Raubtier?
Zugpferd oder Raubtier? Der Fußball hat in seiner Entwicklung vieles richtig gemacht und ist mit den meisten Zuschauern, den besten Einschaltquoten und dem höchsten Umsatz Vorreiter in allen Bereichen, er zieht aber auch im Verdrängungswettbewerb in den Medien den Großteil der Aufmerksamkeit der Sportinteressierten auf sich.
Das hat Folgen. In anderen europäischen Ländern existieren neben dem Fußball auch andere große Sportarten. Die Briten haben Rugby, die Spanier Basketball. In Deutschland kommt nach dem Fußball in der breiten öffentlichen Wahrnehmung lange nichts.
"Es gibt auch andere Sportarten, die neben uns gut existieren, zum Beispiel Biathlon. Wir sehen uns als Zugpferd, keinesfalls als Raubtier", sagte Rainer Koch, Vizepräsident des DFB.
Der Biathlon hat sich dem Fernsehen angepasst, ist telegen geworden. "Wenn ich mich vermarktbar mache, interessieren sich die Leute. Wenn sich die Leute interessieren, interessiert sich auch das Fernsehen dafür", sagte Koch.
ARD möchte speziell den Handball fördern
ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky bekommt "sechs bis neun Prozent Sendefläche für den Sport" und räumt ein, dass "keine zweite Teamsportart so stark werden kann wie der Fußball", möchte speziell den Handball aber weiter verstärkt fördern.
An Fernsehpräsenz als "Allheilmittel" glaubt aber auch Koch nicht: "Wenn wir wieder einen Ringer-Olympiasieger haben wollen, kommt das nicht davon, dass die deutschen Meisterschaften in der ARD gezeigt werden", sagte Koch und mahnte eine bessere Sportförderung in Deutschland an.
Digitalisierung als Chance
Eine Chance für die Zukunft? Die Digitalisierung. Sie bietet auch kleineren Sportarten immer mehr Möglichkeiten, auf sich aufmerksam zu machen. Doch es benötigt Erfolg für dauerhaft gesteigertes Interesse und eine Vermarktung.
Eine große Rolle im Rennen um die Aufmerksamkeit spielt zudem die Zugkraft von Superstars. Sportarten werden auf ihre erfolgreichsten Protagonisten heruntergebrochen: die Vorbilder.
Im Fußball sind das Lionel Messi und Cristiano Ronaldo - in der Leichtathletik Usain Bolt. "Der Stareffekt ist wichtig für jede Sportart, so funktioniert der Mensch", sagte Röhler.
Erfolg alleine ist zu wenig
Doch sieht er diese Entwicklung auch kritisch, in Deutschland reiche es leider nicht mehr, "nur" erfolgreich zu sein. "Viele Athleten müssen einen toten Hamster zu Hause haben, damit die Goldmedaille überhaupt etwas wert ist", betonte Röhler: "Wenn mir mehr Leute zugucken, wenn ich eine Lasagne koche, dann sollte ich vielleicht das machen."
Wie es geht, hat beispielsweise eSports vorgemacht. Er hat die neuen Medien perfekt zur eigenen Inszenierung und Vermarktung ausgenutzt, unabhängig von "klassischen Medien" sich eine "Community" vor allem bei Jugendlichen erarbeitet. Der Bereich des virtuellen Sports wächst rasant.