SPOX: Bayern-Präsident Uli Hoeneß erzählt, dass er erst von der Idee des Basketball-Projekts überzeugt war, als er Sie bei einem Abendessen persönlich kennen gelernt hat. Derart faszinierend sei Ihre Aura gewesen. Wie fesselt man einen Mann wie Hoeneß?
Dirk Bauermann: Wir haben bei dem Treffen sehr schnell eine gemeinsame Ebene gefunden, die es ihm erlaubt hat, das Projekt zu befürworten und mitzutragen. Das ehrt mich - aber was er genau meint, kann ich leider nicht beantworten. Es ist immer schwer, über sich selbst zu reden.
SPOX: Noch vor einigen Jahren galten Sie als erfolgsbesessener Pedant und wurden wegen der defensiven Spielweise Ihrer Teams von einigen gegnerischen Fans beschimpft. Was hat sich seitdem verändert?
Bauermann: Was die Spielweise anbetrifft: nicht viel. Früher war ich mit meinem Fokus auf Athletik und knüppelharte Verteidigung fast schon ein Exot. Mir wurde das von einigen richtiggehend übel genommen, weil ich so den Basketball zerstören würde. Umgekehrt habe ich mich immer gewundert, warum in Deutschland so viele der Meinung waren, dass Defense schädlich sei für den Sport, obwohl international nur Mannschaften mit einer guten Verteidigung erfolgreich waren. Selbst sonst so offensivstarke Nationen wie Russland und Litauen haben das in den letzten Jahren verstanden und ihren Stil den Erfordernissen angepasst.
SPOX: Ist die von Ihnen bevorzugte Spielweise das Ergebnis einer rationalen Entscheidungsfindung - oder spiegelt sie auch Ihren Charakter wieder?
Bauermann: Kalkül spielte eine Rolle, genauso wichtig war es jedoch, dass diese Philosophie auch zu meiner Persönlichkeit passt. Es gefällt mir, Verteidigung zu lehren und den Gegner mit einem Defensivkonzept kontinuierlich zu schwächen, so als ob ich mit einem Pikser die Luft aus einem Ballon entweichen lasse. Im Basketball gibt es ein Naturgesetz: Entweder du heulst mit den Wölfen, oder du wirst von ihnen gefressen. Ich habe schon als Spieler mitgeheult und diese Maxime lebe ich auch als Trainer vor.
SPOX: Ihre Philosophie hat sich demnach nicht groß verändert, dennoch wirken Sie nicht mehr wie der Trainer von vor zehn, 15 Jahren.
Bauermann: Ich bin wesentlich entspannter geworden. Durch all die Erfolge habe ich eine Selbstsicherheit gefunden, die offenbar auch auf Andere ausstrahlt. In den ersten Jahren ließ ich mich mehr vom Druck treiben. Ich habe in Leverkusen als Cheftrainer angefangen, und in diesem verwöhnten Umfeld war kein Platz für Scheitern. In meiner Debüt-Saison holten wir das Double, aber keiner hat gratuliert, stattdessen wurde mir gesagt: 'Dirk, es war vielleicht nur eine Eintagsfliege.' Dann wiederholten wir den Erfolg, plötzlich hieß es: ' Wir waren nur wegen der US-Spieler im Kader so gut.' Und so ging es immer weiter.
SPOX: Wie lange setzte sich der Kreislauf aus Erwartungen und zunehmendem Druck fort?
Bauermann: Dies war besonders zu Beginn meiner Zeit in Leverkusen prägend, nach all den Erfolgen kehrte aber schrittweise eine innere Ruhe ein, die viele Dinge relativiert hat. Anfangs habe ich mir Szenarien ausgemalt, was passiert, wenn ich als Trainer jemals entlassen werden würde. Ob ich dann als Lehrer arbeiten müsste, was trotz meines abgeschlossenen Lehramtsstudiums keine schöne Vorstellung war. Mittlerweile habe ich jedoch eine Gelassenheit in mir, die mir dabei hilft, junge Spieler besser auszubilden und ihnen beizustehen.
SPOX: Wie meinen Sie das?
Bauermann: Würde ich noch heute wie zu Beginn meiner Trainerkarriere fordern, dass jeder Ballbesitz perfekt ausgespielt und in jeder Einheit Vollgas gegeben werden muss, könnte ich die Talente bei der deutschen Nationalmannschaft verbrennen. Meine frühere Kompromisslosigkeit war nicht böse gemeint, führte aber zu Verkrampftheit bei allen Beteiligten, was ich erst mit der Zeit verstanden habe. Umso erstaunlicher, wie erfolgreich wir dennoch waren.
SPOX: Zu Ihrem damaligen Führungsstil passte Ihr Kleidungsstil: Sie waren immer ganz in schwarz gekleidet und strahlten so eine Unnahbarkeit aus.
Bauermann: Das war aber keine bewusste Steuerung meines Images, ich besaß auch keinen PR-Berater, der mir dazu geraten hätte. Im Grunde hat mein Outfit viel mehr Aufmerksamkeit erregt, als es sollte. Der Grund für meine Kleidungswahl war simpel: Weil ich nie das passende Shirt zur Hose oder Jacke gefunden habe, machte ich es mir einfach und habe alles in einer Farbe gekauft. Und selbst ich weiß, dass man mit schwarz nichts falsch machen kann.
Bauermann über die doppelte Intrige gegen sich: Hier geht's weiter!