Das DBB-Team gilt als Team der Zukunft - doch in der WM-Vorbereitung enttäuschen ausgerechnet die NBA-Hoffnungen. Beim Supercup in Bamberg verlor Deutschland nach dem Kroatien-Spiel auch das Duell gegen Litauen deutlich. Bundestrainer Dirk Bauermann schlägt Alarm.
An der ernüchternden Niederlage war Tibor Pleiß schuldlos. Das für viele Experten größte Center-Talent Europas wurde von Bundestrainer Dirk Bauermann geschont, so dass er das verdiente 67:78 des DBB-Teams gegen Litauen am zweiten Tag des Supercups in Bamberg lediglich von den Zuschauerrängen miterlebte.
Am Freitag verlor Deutschland bereits das Auftaktduell beim wichtigsten Vorbereitungsturnier vor der WM in der Türkei (28. August bis 12. September) gegen Kroatien mit 67:79. Die vierte Pleite in den letzten fünf Testspielen.
Nach dem Litauen-Spiel verordnete Bauermann seinem an Nummer 31 gedrafteten Starting-Center jedoch eine Extra-Einheit: Zwar bekam Pleiß körperlich eine Verschnaufpause, doch er sollte sich geistig auf das Abschlussspiel gegen die Türkei präparieren, in dem er sich das Duell des WM-Gastgebers gegen Kroatien (61:72) aus der ersten Reihe anschaute und dabei vor allem auf die Spielweise der langen Garde achtete.
Unzufrieden wegen Benzing und Harris
"Die Türkei hat eine unfassbar physische Truppe beisammen. Von daher wird es ein wichtiger Schritt für Tibor sein, richtig dagegenzuhalten. Erfahrenen Spielern macht das nichts, aber die Jungen müssen sich daran erst gewöhnen", sagt Bauermann.
Sollte Pleiß gegen die Türken jedoch enttäuschen, muss auch er mit Kritik vom Bundestrainer rechnen. Denn: Bauermann ist angesichts der durchwachsenen Vorbereitung besonders mit der Leistung seiner größten Talente unzufrieden. Robin Benzing und Elias Harris, neben Pleiß die beiden NBA-Hoffnungen des DBB, bekamen dies bereits zu spüren.
"Sie müssen wissen, dass das ganze Gerede über NBA und Draft das Eine ist, sich auf dem höchsten europäischen Niveau zu bewähren aber das Andere. Man muss dahin kommen, dass sie ihr Talent umsetzen", sagt Bauermann.
"Robin muss härter arbeiten"
Besonders der Ulmer Benzing befindet sich in einem Loch, seine Ausbeute gegen Litauen: 19 Minuten, 0 Punkte, 0 von 3 Würfen, 2 Turnover. Für Bauermann ein Zeichen dafür, dass der 21-Jährige nicht genügend an seinen athletischen Fähigkeiten arbeitet.
Der Bundestrainer: "Im letzten Jahr ist Robin noch einmal auf 2,09 oder 2,10 Meter gewachsen, deswegen muss er erstmal in seinen Körper reinwachsen, und das dauert. Umso wichtiger ist es für ihn aber zu verstehen, dass er härter an seinem Defizit arbeiten muss als andere Spieler, die vielleicht weniger Talent mitbringen. Man muss einen auf die Backe bekommen, um zu merken: 'Ich muss mich in diesem Bereich massiv weiterentwickeln, wenn ich mich durchsetzen will.'"
Harris spielt zu blauäugig
Mangelnde Athletik lässt sich bei Harris nicht bemängeln, immerhin gehörte der Forward von der Gonzaga University auch dank seiner körperlichen Überlegenheit zu den College-Entdeckungen der vergangenen Saison. Was Bauermann jedoch beanstandet: die Blauäugigkeit des 21-Jährigen.
Hintergrund: Gegen Litauen musste er zum zweiten Mal in der Vorbereitung wegen einer Schulterverletzung pausieren. Eine Schulterverletzung, die selbstverschuldet ist und nur bedingt mit Pech zusammenhängt.
"Elias hat sich zum zweiten Mal fast die Schulter ausgerenkt, weil er in die vom Gegner gestellten Blocks reinläuft. Das funktioniert gegen Gleichaltrige am College, wo ein wesentlich weniger physisches Spiel möglich ist, aber auf unserem Niveau ist die Schulter sofort im Eimer. Er muss lernen, dass er mittlerweile die Small-Forward-Position spielt und um die Blocks herumlaufen muss statt hinein."
Die Historie macht Mut
Übertriebener Pessimismus vor der WM sei aber nicht angebracht.
Bauermann: "Die deutsche Nationalmannschaft hat vor einem Großturnier fast nie brilliert. 2005 kassierten wir vor dem zweiten Platz bei EM bei einem Vorbereitungsturnier in Griechenland herbe Schlappen - das lag aber daran, dass wir härter trainierten als die anderen und schwere Beine hatten. Das gilt auch für dieses Jahr. Und: Manchmal ist es nicht so schlecht, wenn man in der Vorbereitung nicht dominant auftritt, weil der Gegner dazu neigt, einen zu unterschätzen."
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