Die Sensation des deutschen Basketballs

Von Interview: Haruka Gruber
Per Günther mischt mit Ratiopharm Ulm die BBL auf
© Imago

John Bryant, der Center-Gigant mit NBA-Qualitäten. Eine neue Arena für 27,5 Millionen Euro. Und der Sohn von "Turbo-Diddi": Ulms Nationalspieler Per Günther (23) über den unheimlichen Erfolg und sein Leben als Dunk-Jungfrau.

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SPOX: Mit 10 Siegen aus 12 Spielen hat Ulm gemeinsam mit Double-Sieger Bamberg die beste Bilanz der BBL. Welches Gefühl assoziieren Sie mit dem Saisonstart?

Per Günther: Dass mir der Erfolg fast schon unheimlich ist. Es wirkt fast schon unwirklich, dennoch genieße ich jeden Moment und ziehe mir daraus Energie für schlechte Zeiten, die irgendwann auf uns zukommen werden. Alleine schon um Weihnachten herum kommt es knüppelhart: Wir treten innerhalb von sieben Tagen in Berlin, Bonn und Braunschweig an. Erst danach rentiert es sich, ein erstes Fazit zu ziehen.

SPOX: Ulms Leistungen sind umso erstaunlicher, wenn man die Umstände bedenkt: Unter anderem unterschrieb Topscorer Robin Benzing beim FC Bayern, zuvor trennte sich der Verein im Streit vom längjährigen Trainer Mike Taylor, der Ihr wichtigster Förderer war.

Günther: Das waren schon turbulente Tage. Ich habe Mike Taylor sehr viel zu verdanken, das gleiche gilt aber auch für Manager Dr. Thomas Stoll und den gesamten Verein. Der Neustart mit Thorsten Leibenath im Sommer hat aber rückblickend sicher allen gut getan.

SPOX: Der herausragende Spieler der BBL ist Ihr Mitspieler John Bryant. Ein Center, der früher über 170 Kilo wog, jetzt mit rund 130 Kilo kaum zu stoppen ist und die Rebound- sowie Effektivitäts-Rangliste anführt. Was fällt Ihnen als Erstes zu ihm ein?

Günther: Ich stand noch nie mit einem Spieler wie John in einer Mannschaft. Er war schon letzte Saison überragend, aber weil wir damals nie etwas gewonnen haben, bekommt er endlich diese Saison die gebührende Aufmerksamkeit.

SPOX: Wie reagiert er darauf, dass er fast immer auf sein Gewicht reduziert wird?

Günther: Dass es immer die erste Frage an ihn ist, geht ihm schon auf die Nerven. Doch es stört ihn nicht allzu sehr. John ist ein wahnsinnig entspannter und netter Typ, der total umgänglich ist. Ein klassisch relaxter Kerl aus San Francisco.

SPOX: Auch wenn die BBL international nicht zur Elite gehört, dürften sich Bryants Leistungen bis in die NBA herumgesprochen haben. Trauen Sie ihm den Sprung zu?

Günther: Ja. Viele Leute machen sich Sorgen um seine angebliche Gleichgültigkeit in der Verteidigung. Dabei ist er unglaublich: Sein Riecher für Rebounds ist phänomenal, dazu verwandelt er so hochprozentig aus der Mitteldistanz wie sonst niemand und trifft sogar drei seiner vier Dreier in dieser Saison. Dabei ist John erst 24 Jahre alt. Wer sonst sollte den Sprung schaffen? Wenn er etwas flinker auf den Beinen wird, sorgt er garantiert für Interesse aus der NBA.

SPOX: Lautet Ulms Ziel im Falle eines Bryant-Verbleibs, sich mittelfristig direkt hinter den finanzstärksten Teams aus Bamberg, Berlin und München zu positionieren? Vor eineinhalb Wochen wurde bereits die für 27,5 Millionen Euro erbaute Ratiopharm-Arena eingeweiht, die 6000 Zuschauer fasst.

Günther: Für Ulm beginnt eine neue Zeitrechnung, dabei muss sie aber relativiert werden. Vereine wie Oldenburg, Bonn, Frankfurt und Bremerhaven verfügen seit Jahren über eine neue Arena und einen Etat von 3,5 bis 4 Millionen Euro, wir holten den Rückstand nur auf. Uns kann es nur darum gehen, konstant zu den Playoff-Kandidaten zu zählen.

SPOX: Trotz der neuen Arena und erhöhten Etats überraschte Ihr Entschluss, sich als Nationalspieler bei einem vermeintlichen Abstiegskandidaten bis 2013 zu binden. Gab es keine Angebote?

Günther: Ich suchte eine neue Herausforderung und durch die Quotenregelung kommt man als Nationalspieler bei einem Großteil der BBL-Klubs unter. Es gab eine Reihe von Interessenten, doch wir waren nie so weit, um über Details zu sprechen. Vielmehr sah ich die Chance, dass Ulm die neue Herausforderung sein könnte. Einerseits hatte ich die Sicherheit, den Standort zu kennen. Andererseits ist in Ulm nichts mehr, wie es einmal war. Ich wusste nicht, ob ich beim neuen Trainer als Starter gesetzt bin. Ob weiter auf mich gesetzt wird, obwohl das Projekt "Jugend forscht" beendet wurde. Und ob ich den gestiegenen Erwartungen gerecht werde.

Hier geht's zu Teil II: Günther über das seltsame DBB-Team, die Kehrseite des Hypes und traurige Spitznamen