Nach viereinhalb Jahren in den USA kehrte Elias Harris im Dezember nach Deutschland zurück. Im Interview mit SPOX spricht der Nationalspieler über die Gründe für seine Entlassung bei den Los Angeles Lakers, seine Ambitionen bei den Brose Baskets Bamberg und ein NBA-Comeback.
SPOX: Nach rund viereinhalb Jahren ist Ihr Lebensmittelpunkt wieder in Deutschland. Mussten Sie sich erst einmal wieder eingewöhnen?
Elias Harris: Das würde ich so nicht sagen. Ich bin ja in Deutschland aufgewachsen. Von daher ist es für mich ein gewohntes Umfeld. Ich musste mich allerdings erst wieder daran gewöhnen, dass die Geschäfte hier sonntags nicht aufhaben. Das war in den USA schon immer ganz nett.
SPOX: Sie sind jetzt nach Bamberg gewechselt. Wie kam der Kontakt zustande? Gab es auch andere Angebote aus der BBL oder Europa?
Harris: Der Kontakt kam klassisch über meinen Berater zustande und lief dann über das Management von Bamberg. Ich hatte auch andere Angebote, aber die Vereine möchte ich nicht verraten.
SPOX: Tim Ohlbrecht versucht jetzt zum zweiten Mal den Weg über die D-League in die NBA. War das für Sie keine Option?
Harris: Wir haben schon überlegt, ob ich es probieren soll. Ich habe dann aber entschieden, dass ich lieber zurück nach Europa will, um hier wieder Basketball zu spielen.
So spielten Ohlbrecht, Nowitzki und Co.
SPOX: In ihrem ersten Spiel für Bamberg ging es in der Euroleague gegen Kaunas um alles. Sie kamen aber nicht zum Einsatz. Warum?
Harris: Ich war ja zu dem Zeitpunkt erst drei Tage in Bamberg. Das wäre alles ein bisschen früh gewesen. Ich war ja im Training auch noch nicht richtig integriert. Von daher konnte ich das schon nachvollziehen.
SPOX: Danach gaben Sie mit 25 Punkten ein starkes BBL-Debüt gegen Hagen und waren gleich Topscorer. Hatten Sie das so erwartet?
Harris: Nein, das hatte ich nicht. Ich bin einfach mit der Einstellung ins Spiel gegangen, hart zu spielen. Ich wollte mich einfach bemühen. Dass es dann gleich so gut klappte, war natürlich schön. Das hatte ich aber auf keinen Fall so erwartet.
SPOX: Momentan kommen Sie noch von der Bank. Welche Rolle hat Coach Fleming Ihnen mittelfristig zugedacht?
Harris: Darüber haben wir noch gar nicht geredet. Und ehrlich gesagt, habe ich mir auch noch keine Gedanken darüber gemacht. Ich bekomme ja trotzdem meine Spielzeit. Daher macht mich das auch nicht nervös.
SPOX: Sie haben aber schon das Ziel, mittelfristig zu starten, oder?
Harris: Im Endeffekt schon, aber so wie es momentan läuft, ist es auch in Ordnung. Ich komme auf meine Spielzeit. Es gibt also keinen Grund zu mosern.
SPOX: Die Bayern führen die Tabelle der BBL souverän an. Sind sie dieses Jahr das dominierende Team?
Harris: Das sehe ich nicht so. Man hat bei ihrer Niederlage gegen Oldenburg gesehen, dass in der BBL eigentlich jeder jeden schlagen kann. Ich glaube nicht, dass es das dominierende Team in der Liga gibt. Wenn wir unser Spiel durchbringen und die Dinge umsetzen, die wir uns vorgenommen haben, dann sind wir in einer guten Ausgangsposition, in diesem Jahr einiges zu reißen.
SPOX: Sie haben innerhalb von kurzer Zeit College, Summer League, Preseason, NBA und BBL gespielt. Wo würden Sie die BBL vom Niveau einordnen?
Harris: Ich würde schon sagen, dass die BBL leicht über dem College-Niveau anzusiedeln ist. Wobei ich auch denke, dass die guten College-Mannschaften auch BBL-Teams schlagen könnten. Das Niveau ist auf jeden Fall ähnlich.
Seite 2: Harris über die Lakers-Entlassung: "Meine Leistungen haben gepasst"
SPOX: Kommen wir auf Ihre Zeit bei den L.A. Lakers zu sprechen. Sie wurden Mitte November entlassen, bevor Ihr Vertrag vollständig garantiert wurde. Hat Ihnen das Front Office die Entscheidung begründet?
Harris: Nein, haben sie eigentlich nicht. Jedes Team hat ja nur 15 Plätze im Roster zur Verfügung und es hieß immer, dass die Lakers für den Fall der Fälle gerne den 15. Spot freihalten würden, um dann noch einmal jemanden nachverpflichten zu können, der länger in der NBA spielt und mehr Erfahrung hat. Mit meiner Leistung an sich hatte das aber nichts zu tun.
SPOX: Es war zu lesen, dass Coach Mike D'Antoni mit der Entscheidung gar nicht einverstanden war. Können Sie das bestätigen? Was hat er Ihnen gesagt?
Harris: Er wusste davon auch erst nichts. Er hat mir gesagt, dass er die Entscheidung so nicht getroffen hätte und er mich gerne weiter dabei gehabt hätte. Ich soll auf jeden Fall am Ball bleiben und dann werde ich meine Chance auch bekommen.
SPOX: Warum hat es letztendlich im ersten Schritt mit der NBA nicht geklappt?
Harris: Ich glaube, da gehört einfach auch eine Menge Glück dazu. Klar, Talent ist die eine Sache, aber man muss auch Glück haben und in die richtige Situation reinkommen, wo man dann auch regelmäßig Chancen bekommt. Da kommen einfach mehrere Dinge zusammen, die passen müssen.
SPOX: Das Lakers-Team hat in dieser Saison ein komplett neues Gesicht. Es gibt viele Spieler, die gerne den Ball in den Händen haben und ihre Würfe nehmen. War das auch ein Problem?
Harris: Das Hauptproblem war einfach der Mangel an Chancen, die ich überhaupt bekommen habe. Ich habe ja nur zwei Chancen bekommen. Im ersten Spiel haben wir hoch geführt, da bin ich dann zwei Minuten vor Ende reingekommen und in dem anderen Spiel lagen wir hoch zurück und ich durfte dann im vierten Viertel ran. Das sind so Situationen, wo man kalt von der Bank kommt und dann in kürzester Zeit direkt performen soll. Das ist natürlich auch ein immenser Druck und sehr schwierig.
SPOX: Bei Ihnen kommt immer die Tweener-Diskussion auf. Können Sie das überhaupt noch hören? Nervt Sie das?
Harris (lacht): Ja, das ist so eine Sache. Man antwortet im Grunde immer dasselbe. Mir ist es mittlerweile egal, ob ich auf der 3, 4, 5 oder sogar als Guard spiele. Ich weiß auf jeder Position, was ich machen muss. Wenn man hart spielt, sich bemüht und abrackert, dann ist die Diskussion, ob man eher ein Small Forward oder ein Power Forward ist, auch hinfällig.
SPOX: Woran müssen Sie konkret noch arbeiten?
Harris: Es gibt immer Dinge an denen man arbeiten kann. Jeder Basketballspieler kann auf irgendeinem Gebiet immer noch besser werden. Ich kann sicher überall noch dazulernen und besser werden. Es gibt aber jetzt keine spezifische Kategorie, wo ich sage, da muss ich noch besser werden.
SPOX: Sie haben mit Kobe Bryant, Pau Gasol und Steve Nash trainiert. Was sind das für Typen? Lassen die denn Superstar heraushängen oder sind die ganz locker?
Harris: Das sind ganz, ganz bodenständige Typen. Natürlich haben die einen anderen Status. Egal wo man mit denen hingeht, sie werden natürlich sofort erkannt. Das ist ihnen aber auf keinen Fall zu Kopf gestiegen. Sie sind absolut auf dem Boden geblieben.
SPOX: Sie haben eine Ausstiegsklausel für die NBA. Haben Sie schon einen konkreten Plan, wie es nach der Saison weitergehen soll?
Harris: Nein, keine Ahnung. Einen genauen Plan habe ich noch nicht. Ich konzentriere mich jetzt erst einmal auf die kommenden Aufgaben. Alles Weitere sehe ich dann, wenn die Saison vorbei ist.
SPOX: Nach Ihrem Abgang sind aktuell nur noch zwei Deutsche in der NBA. Zuvor wurde von einer deutschen Welle gesprochen. War das alles nur Zufall?
Harris: Zufall war das auf keinen Fall. Ich würde schon sagen, dass das Potenzial da ist. In dem NBA-Geschäft gehört einfach auch eine ganze Menge Glück dazu. Ich glaube, für uns Deutsche wird die Zeit auf jeden Fall noch kommen.
SPOX: Hatten Sie während der NBA-Zeit Kontakt zu Dirk Nowitzki oder Dennis Schröder?
Harris: Nach dem Dallas-Spiel haben Dirk und ich kurz ein bisschen geredet, aber regelmäßigen Kontakt hatten wir nicht. Auch mit Dennis hatte ich nur kurz Kontakt.
SPOX: Wie sehen Sie Schröder? Hat er das Zeug dazu, sich in der NBA durchzusetzen?
Harris: Ich glaube schon, dass er sich durchsetzen kann. Auch er braucht natürlich ein bisschen Glück und auch noch mehr Chancen, sich zu zeigen. Aber es ist schon hartes Pflaster dort drüben. Das wird definitiv kein leichtes Ding.
SPOX: Woran würden Sie "dieses harte Pflaster" festmachen?
Harris: Ich habe es ja selber bei mir gesehen. Im Grunde haben meine Leistungen gepasst, die Trainer waren zufrieden und ich habe nur gute Kritiken bekommen. Und dann war es trotzdem so, dass sie den 15. Kaderplatz freiräumen wollten, einfach nur, um für alle Eventualitäten gerüstet zu sein. Das lief einfach unglücklich in dem Moment.
Elias Harris im Steckbrief