Ende Januar veranstalteten die Brose Baskets einen Fan-Talk in einem Bamberger Wirtshaus. Üblicherweise werden bei derlei Anlässen in netter Umgebung nette Worte ausgetauscht und alle Beteiligten verabschieden sich in Eintracht.
An jenem Montagabend aber fielen Worte, die einen tiefen Einblick in das Seelenleben des sonst nach außen so harmonisch auftretenden Vorzeigeklubs gewährten.
"Wir haben de teuerste Mannschaft aller Zeiten. Wir haben drei teure Spieler nachverpflichtet. Jetzt muss die sportliche Führung mit dem Team Erfolg bringen. Wir können es nicht dadurch lösen, dass wir andauernd neue Spieler verpflichten. Jetzt ist wirkliche eine Voraussetzung geschaffen, mit der gearbeitet werden muss und mit der wir Erfolg erwarten", sagte Michael Stoschek, der starke Mann im Hintergrund.
Fleming steht zur Disposition
Die am Rednertisch neben ihm sitzenden Sport-Geschäftsführer Wolfgang Heyder und Trainer Chris Fleming hörten aufmerksam zu und ließen sich nichts anmerken. Angesichts der Brisanz der Aussage erstaunlich.
Denn: Nach übereinstimmenden SPOX-Informationen steht Fleming massiv zur Disposition. Wegen des vermeintlich enttäuschenden Saisonverlaufs gab es bereits mehrere Krisensitzungen mit und ohne den Erfolgscoach, der mit Bamberg viermal in Folge Deutscher Meister wurde und zwischen 2010 und 2012 dreimal das Double gewann.
Vor dem Pokal-Viertelfinale war sogar von einem Ultimatum die Rede: Wenn Bamberg am 5. Februar gegen Oldenburg ausgeschieden wäre, hätte Fleming seinen Job wahrscheinlich verloren. Die Baskets erreichten mit einem mühsamen 90:83 das Top Four - dennoch befindet sich der Verein weiter in einem Stadium des Abwartens.
Konstanz und Leidenschaft fehlen
Die Ursache liegt in der Unzufriedenheit von Michael Stoschek begründet. Obwohl nicht ganz nachzuvollziehen, da Bamberg zwar in der Euroleague frühzeitig ausschied, in der BBL aber immerhin auf Platz zwei hinter den Bayern liegt und im Pokal-Halbfinale steht, ist Stoschek erbost über die Unbeständigkeit und die Leidenschaftslosigkeit des Teams. Und macht dafür Fleming verantwortlich.
Die Meinung von Stoschek ist insofern von erheblicher Relevanz, weil er am Ende alle Entscheidungen selbst treffen oder zumindest maßgeblich beeinflussen kann. Stoschek vertritt als Vorsitzender der Gesellschafterversammlung die Interessen des Hauptsponsors und Namensgebers "Brose", einem der größten Automobilzulieferer der Welt mit Milliardenumsatz.
Seit November 2013 wurde Stoscheks Position innerhalb des Basketball-Vereins institutionalisiert, indem er den Aufsichtsratsvorsitz übernahm. Parallel wurde die vormalige Betriebsgesellschaft "Frankem 1st" in die "Bamberger Basketball GmbH" umbenannt, deren Geschäftsanteile die "Brose" übernahm.
Heyder: Fleming der Richtige
Entsprechend zurückhaltend äußert sich Heyder als sportlich Verantwortlicher gegenüber SPOX. "Wir müssen nicht diskutieren, dass die Personalentscheidungen für die Saison nicht so funktioniert haben, wie wir uns das gewünscht hätten. Dennoch ist Chris Fleming für mich nach wie vor der Richtige. Ohne ihn hätten wir uns in den letzten Jahren nicht so entwickelt."
Auf die Frage, warum Heyder derart das "für mich" betont und was denn die Meinung von Stoschek sei, antwortete er: "Da müssen Sie ihn selbst fragen." Stoschek selbst verzichtete allerdings gegenüber SPOX auf ein Statement zur Trainersituation.
Womöglich kommt nach der wichtigen Eurocup-Partie beim italienischen Vertreter Sassari Bewegung in die Personalie. Wie es heißt, könnte das letzte Gruppenspiel der Top 32 das Schicksal von Fleming bestimmen. Bei einer Niederlage mit 12 Punkten oder mehr würde sich Bamberg bereits vor dem Achtelfinale aus dem Eurocup, vergleichbar mit der Europa League im Fußball, verabschieden.
Ziel: Halbfinale im Eurocup
Dabei wurde nach dem ernüchternden Vorrunden-K.o. in der Euroleague als Ziel ausgegeben, dass Bamberg zumindest das Halbfinale des Eurocups erreicht.
Heyder: "Für mich bleibt Fleming auch nach dem Sassari-Spiel der Trainer, egal wie es ausgeht."
Die Brose Baskets im Eurocup