SPOX: Was erwartet Sie in Ulm?
Ohlbrecht: Das Wichtigste: Die Situation in Ulm ist stabil, daher hoffe ich, frei aufzuspielen. Die letzten drei Jahre, es ging ja schon in Frankfurt mit dem 4-Monate-Vertrag los, standen ein bisschen unter dem Motto: Ich lasse mich vom Fluss treiben und ich schaue mal, was passiert. Jetzt reicht es und ich möchte es meiner Frau und mir nicht mehr antun, alle vier Monate umzuziehen. Daher sagte ich mir, dass ich etwas mache, bei dem wir ein Jahr lang Gewissheit haben. Die zwei entscheidenden Fragen: Wo fühle ich mich wohl? Und wo gibt es die wenigsten Probleme?
SPOX: Und das ist Ulm? Wo immer Sie in der BBL spielen, werden Sie vom deutschen Basketball-Publikum besonders kritisch beäugt werden.
Ohlbrecht: Die Kritiker hängen an meinem Hintern, seit ich 18, 19 Jahre alt bin. Ich habe gelernt, dass sie nicht entscheiden dürfen, was ich mache. Wenn ich nur darauf achte, wem ich was beweisen will, werde ich nie das Richtige tun. Es ging nur um die beste Entscheidung für mich und meine Familie. Und da war die Wahl leicht. Spanien oder Griechenland wären schon wieder ein Abenteuer gewesen, in Deutschland hingegen sind mir alle BBL-Klubs vertraut, so dass ich weiß, wo es passt. Ich verfolge Ulm seit Jahren und ich fand den Verein immer überragend. Nicht nur, weil ich Per Günther und Philipp Schwethelm seit meiner Kindheit kenne. In Ulm steht das Familiäre im Vordergrund. Und die Spieler werden in der Öffentlichkeit positiv dargestellt und geschützt.
SPOX: Anders als vom DBB? Dass Sie aus dem Kader für die EM-Qualifikation aussortiert wurden, kam überraschend und sorgte für Gerüchte, dass es zu einer Verwerfung kam.
Ohlbrecht: Es fängt damit an, dass sich zu meiner D-League-Zeit nur einmal ein DBB-Vertreter blicken ließ: der damalige Bundestrainer Franz Menz, kurz bevor ich von den Houston Rockets gesignt wurde. Ansonsten kam, telefonisch oder vor Ort, nicht viel.
SPOX: Immerhin reiste DBB-Sportdirektor Peter Radegast zur Summer League in Las Vegas an, um mit den Kandidaten zu sprechen.
Ohlbrecht: Das lief ein bisschen symptomatisch: Peter hat in Vegas für die deutschen Spieler ein Essen organsiert - und sich gewundert, dass ich nicht anwesend war. Dabei war die Erklärung einfach: Er hat leider nicht in den Zeitplan geschaut und eine Uhrzeit ausgesucht, zu der ich parallel ein Spiel hatte.
SPOX: Sie trafen sich noch mit Radegast?
Ohlbrecht: Wir haben ganz offen geredet. Ich erklärte ihm, dass ich letztes Jahr nicht an der EM teilnehmen konnte, weil die Aussicht gut war, in Philadelphia einen Vertrag zu bekommen. Und dass jeder in meiner Situation so entschieden hätte. Dass ich es jedoch weiterhin liebe, für Deutschland zu spielen, und nur an der Summer League teilnehmen möchte, um die letzte kleine Chance auf die NBA wahrzunehmen. Damals hat er es verstanden und mich zur Sicherheit noch einmal gefragt, ob ich wirklich in der Nationalmannschaft spielen möchte. Ich antwortete: "Natürlich! Ich will für mein Land kämpfen und dabei helfen, uns für die EM zu qualifizieren. Aber Peter, eine Bitte: Ich möchte nicht, dass ich in der Vorbereitung zur Mannschaft stoße und sofort aussortiert werde, weil ich nicht von Anfang an bei den Trainingslehrgängen dabei war. So einen Einlauf will ich nicht." Peter versicherte mir, dass das nicht passieren würde: "Wir wissen, was wir an dir haben."
SPOX: Und es geschah genau das Befürchtete...
Ohlbrecht: Nach meinem Flug aus den USA fuhr ich sofort nach Rotenburg an der Fulda zum Teamhotel, nahm am gleichen Tag am Training teil und gab trotz des Jetlags in den Beinen alles. Viele Mitspieler haben bestätigt, dass ich gut mitgemacht habe und sie nicht verstehen würden, wenn ich gecuttet werde. Am dritten Tag wusste ich, dass etwas im Busch ist, als beim Team-Mittagessen plötzlich ein paar Namen laut ausgerufen wurden und es hieß: "Kommt mal mit uns." Das waren die Aussortierten. Ich ging also mit und hatte das Gespräch mit dem Bundestrainer und den beiden Assistenten. Muki Mutapcic fing gleich an und versuchte, alles zu begründen. Ich hätte nur die NBA im Kopf und wäre nicht loyal zu meinem Land. Und im Gegensatz zu den anderen Summer-League-Teilnehmern sei es in den letzten beiden Jahren nicht möglich gewesen, mich in der BBL zu beobachten. Ich entgegnete, dass jedes D-League-Spiel bei Youtube zu sehen ist und jemand persönlich in die USA hätte kommen können. Ich ahnte, dass das Argumentieren ohnehin nichts bringt, habe viel Glück gewünscht und bin gegangen.
SPOX: Was ging in Ihrem Kopf vor?
Ohlbrecht: Ich dachte an einen schlechten Witz. Ich fliege extra aus den USA ein, bekomme nicht einmal in einem Testspiel eine Chance und werde nach drei Tagen rausgeschmissen?
SPOX: Suchten Sie den Kontakt mit Radegast?
Ohlbrecht: Ich fand es schade, dass Peter und der Vorstand sich ein bisschen versteckt hatten. Ich bin zu ihnen gegangen und habe Peter direkt gefragt, dass genau das passiert ist, was nicht hätte passieren dürfen, und ich jetzt vor allen bloßgestellt bin. Er und Vize-Präsident Armin Andres antworteten, dass ich es verstehen müsste, weil ich ein Jahr nicht dabei war und ich mehr Kontakt pflegen muss mit dem DBB.
SPOX: Genauso erklärte Bundestrainer Mutapcic die Entscheidung bei "Sport1": "Den habe ich 15 Mal angerufen und er hat nicht geantwortet."
Ohlbrecht: Irgendwann fragte mich mein Berater, ob Muki mich erreicht hätte. Bis dahin hatte es mit einem Gespräch nicht geklappt. Ich habe es dann dreimal bei ihm versucht. Er nahm jedoch nie ab, wahrscheinlich, weil er mit den Bayern mitten in den Playoffs und den Finals war. Ich schrieb daraufhin eine lange SMS von wegen: "Es tut mir leid, dass ich nicht zurückrufen konnte. Jetzt bin ich erreichbar und gehe immer ran, wenn du anrufst." Danach kam nichts mehr.
SPOX: Wie kommt die Zahl 15 zustande?
Ohlbrecht: Ganz ehrlich: keine Ahnung. Es ist bitter zu hören, dass hier so unnötig nachgetreten wird. Das Ding war schon durch, in dem ich aussortiert wurde. Mit dieser Aussage denken erst recht alle, dass mehr dahintersteckt und mit Ohlbrecht was nicht stimmt.
Seite 1: Ohlbrecht über seinen turbulenten Sommer 2014 und den "Shot Doctor"
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Seite 3: Ohlbrecht über die deutsche Basketball-Kultur und seinen NBA-Traum