Alba Berlin will sich im Halbfinale gegen den FC Bayern mit aller Macht für das verlorene Finale im letzten Jahr revanchieren. Head Coach Sasa Obradovic erwartet einen heißen Kampf und stellt sein Team auf fliegende Ellenbogen und Knie ein. Im zweiten Duell sind die Brose Baskets Bamberg haushoher Favorit gegen ratiopharm Ulm - oder etwa doch nicht? SPOX macht den Check.
Brose Baskets Bamberg (1) - ratiopharm Ulm (5)
Saison-Bilanz: 2:0
Ausgangslage: Die Rollen sind klar verteilt, alles andere als ein Finaleinzug Bambergs wäre eine große Überraschung. Der Sieger der regulären Saison (29:5) wahrte im Viertelfinale gegen Ludwigsburg die weiße Weste, hatte teilweise aber mehr Probleme als erwartet. Im Gastspiel bei den MHP Riesen gab es eine Verlängerung und auch die beiden Heimspiele (jeweils 87:79) waren keine Selbstläufer. Letztendlich konnten sie sich aber auf Brad Wanamaker verlassen, der in kritischen Situationen die Kohlen aus dem Feuer holte.
Bambergs Head Coach Andrea Trincheri ist sich also bewusst, dass es gegen Ulm einer klaren Steigerung bedarf und dämpft gleichzeitig die Erwartungshaltung. "Ulm gehört zur Elite des deutschen Basketballs. Wir spielen gegen eine Mannschaft, die sich in einer harten Serie zweimal auswärts durchgesetzt hat. Es ist offensichtlich, dass es keinen Favoriten gibt."
Das werden die Ulmer anders sehen, die in ihrer nervenaufreibenden Fünf-Spiele-Schlacht mit den Baskets Bonn deutlich mehr Kräfte lassen mussten als Bamberg. Überhaupt haben den Ulmern nicht viele den Halbfinaleinzug zugetraut, da sie vor allem zu Beginn der regulären Saison Probleme hatten und gerade gegen die Top-Teams kein Land sahen. Beide Duelle mit Bamberg gingen klar an den Gegner.
"Kein Favorit" also? Eine gewagte These. Die Ulmer sehen sich als klarer Außenseiter und ärgern sich zudem über die Spielansetzung: "Ich kann nicht verstehen, dass die BBL das Spiel für Samstag terminiert und nicht für Sonntag", sagt Manager Thomas Stoll. Nationalspieler Tim Ohlbrecht dagegen sieht das Ganze positiv: "Wir sind im Spielrhytmus, Bamberg nicht."
Key-Stats: Während sich die Ulmer eher über die Offensive definieren, kommen die Baskets mit einer erdrückenden Verteidigung daher. Ihr Defensiv-Rating von 100,5 war in der regulären Saison Bestwert, während die Ulmer in dieser Kategorie den schlechtesten Wert (115,9) aller Playoff-Teams aufwiesen. Gerade gegen die treffsicheren Bamberger könnte das zum Verhängnis werden, doch es gibt Hoffnung: Trafen die Baskets in der regulären Saison noch so hochprozentig wie kein anderes Team (51% FG, 41% 3FG), ließ die Genauigkeit in den Playoffs deutlich nach (44,8% FG, 34,7% 3FG).
Ein weiterer klarer Vorteil der Bamberger liegt an der Freiwurflinie. Durch kluge Penetrationen standen sie im Viertelfinale pro Spiel 37,7 Mal an der Linie, während Ulm nur 22,8 Mal ran durfte, aber immerhin hochprozentiger traf (84,2 Prozent gegenüber 74,3). Auch am Brett dominiert Bamberg die Zahlen mit 34,7 Rebounds pro Spiel gegenüber 32,4, besonders Center Trevor Mbakwe weiß, wo er zu stehen hat. Auf Ulm wartet also eine echte Mammutaufgabe.
Key-Player: Die große Hoffnung der Ulmer ist der im fünften Viertelfinal-Spiel überragende Ian Vougioukas. Der Center verfügt über ein unglaublich großes Repertoire an Post-Moves und verlädt seine Gegenspieler mit seiner schnellen Fußarbeit regelmäßig. Bis dato versenkte er in den Playoffs sagenhafte 67,9 Prozent seiner Würfe. Gegen Bamberg kommt es nun zu einem interessanten Duell auf der Fünf mit Mbakwe, der sich eher auf seine Monster-Athletik verlässt und in den Playoffs die zweitmeisten Würfe blockt (1,5 pro Spiel).
Auf der Aufbauposition treffen ebenfalls zwei völlig unterschiedliche Spieler aufeinander: Brad Wanamaker und Per Günther, dessen Leistung im Viertelfinale ein ständiges Auf und Ab war (13,4 Punkte, 4,9 Assists). Bleibt die Frage, ob der schmächtige Nationalspieler den deutlich kräftigeren Amerikaner im Schach halten kann - wenn nicht, wird Head Coach Thorsten Leibenath kräftig rotieren müssen, womit Günthers Backup Brion Rush eine wichtige Rolle zufällt.
Bei Bamberg erhofft man sich etwas mehr Produktivität von Topscorer Ryan Thompson, der neben Wanamaker die Offensive bestimmt und auf den der Spielfluss Bambergs angewiesen ist. Gegen Frankfurt legte der Forward für seine Verhältnisse schwache 9,7 Punkte auf und traf nur 42,9 Prozent seiner Feldwürfe. Hier muss eine Steigerung her!
SPOX-Prognose: Auch wenn die Bamberger es nicht wahrhaben wollen, sie sind der klare Favorit und sollten den Ulmern in allen wichtigen Belangen überlegen sein. Diese haben wiederum gezeigt, dass sie in wichtigen Momenten die Nerven bewahren können und präsentierten sich sehr auswärtsstark. Dass es in der "Frankenhölle" aber ähnliche Erfolgserlebnisse gibt, ist unwahrscheinlich. Tipp: Bamberg in 4.
Alba Berlin (2) - FC Bayern Basketball (3)
Saison-Bilanz: 1:1
Ausgangslage: Alba gegen Bayern, das ist das Spitzenduell der diesjährigen Playoffs. Die Berliner Eurofighter, die um ein Haar den Einzug ins Viertelfinale der Turkish Airlines Euroleague geschafft hätten, gegen den amtierenden deutschen Meister. Die Final-Revanche aus dem Vorjahr, der zweite gegen den dritten. Beide Teams lösten ihre Viertelfinalaufgabe souverän, wenngleich ohne Spektakel.
Alba gelang ein Sweep über Oldenburg und konnte sich dabei vor allem auf die Offensive verlassen. Obwohl die Hauptstädter die meisten Punkte aller Playoff-Teams erzielten (90), kommt kein Spieler auf mehr als 15 Punkte im Schnitt - Team-Basketball lautet weiterhin die Devise. Gegen die Bayern wird es wie in der regulären Saison aber um einiges härter und körperbetonter zugehen als zuletzt gegen Oldenburg: "Die Spiele gegen Bayern in dieser Saison waren alle sehr physisch. Wir müssen die Zone kontrollieren und als Team beim Rebound dagegenhalten", weiß Captain Alex King.
Head Coach Sasa Obradovic sieht das ähnlich: "Ich kenne die Informationen, die Pesic an die Spieler weiter gibt. Ich weiß, was man auf dem Feld von Bayern zu erwarten hat. Die werden alles auf dem Tisch bringen. Es werden Ellenbogen und Knie fliegen. Es ist wichtig, dass wir auf keine Provokation der Bayern eingehen."
Bayern hingegen gab ein Spiel an Frankfurt ab, der Halbfinal-Einzug war letztlich aber trotzdem ungefährdet. Mit dem Ex-Berliner Nihad Djedovic haben sie ihren Playoff-Anführer gefunden, zudem zeigten sich die Münchner von der Dreierlinie (40,4 Prozent) so treffsicher wie kein anderes Team in der Postseason. So viele offene Würfe wie gegen Frankfurt wird es im Halbfinale aber nicht mehr geben. Heiko Schaffartzik sieht den Schlüssel zum Erfolg unter den Brettern: "Gegen Berlin wird es erneut auf unsere Reboundarbeit und die Defense ankommen", so der Guard.
Key-Stats: Beide Seiten haben es angekündigt: Die Reboundarbeit wird entscheidend sein. Kein Team erarbeitete sich mehr zweite Chancen durch Offensiv-Rebounds als die Bayern (12 pro Spiel), insgesamt holen die Münchner deutlich mehr Rebounds pro Partie (38,8) als die Berliner (31,7). Vor allem John Bryant und Vladimir Stimac sind unterm Korb kaum zu kontrollieren.
Die Bayern spielen zudem einen sehr schnellen Ball, hatten in der regulären Saison mit 74,2 Ballbesitzen pro Spiel den zweithöchsten Wert der Liga. Berlin muss die Münchner also ins Halbfeld zwingen und das Spiel der Bayern bremsen, gerade einmal 9,7 Ballverluste pro Spiel (bester Playoff-Wert) sind dafür schon mal eine gute Basis.
In der Verteidigung schenken sich beide Teams nichts, das Defensiv-Rating der Berliner von 102,9 (kassierte Punkte bei 100 gegnerischen Ballbesitzen) war in der Saison der zweitbeste Wert, die Bayern kamen mit 103,9 nur knapp dahinter. Was zudem für die Berliner spricht, ist das angesprochene Teamplay: Kein Team verteilte im Viertelfinale mehr Assists (22,7 pro Spiel), während sich die Münchner (15,0) häufig auf Einzelaktionen verließen. Gegen Albas Verteidigung könnte das zum Problem werden.
Key-Player: Alex Renfroe verleiht seinem Team eine gesunde Portion Unberechenbarkeit und ist vor allem im Eins-gegen-Eins kaum zu stoppen. Auch wenn der Linkshänder im Viertelfinale "nur" auf 12,7 Punkte kam, war er der Motor der Alba-Offensive: Mit 9,3 Assists pro Spiel ist er der beste Vorlagengeber der Playoffs und reißt die gegnerische Verteidigung immer wieder auseinander.
Vor allem die Scharfschützen Berlins (Niels Giffey, Cliff Hammonds, Reggie Redding) sind auf seine Cuts angewiesen, müssen allerdings weiter hochprozentig treffen. Denn: Kann sich Münchens Verteidigung zu sehr auf Renfroe konzentrieren, wird Albas Offense aus dem Konzept gebracht.
Auf der anderen Seit stellt sich die Frage: Wie reagiert Berlin auf Djedovic? Er war der überragende Akteur im Viertelfinale (16,8 Punkte), der vor allem von Downtown die Lichter ausschoss (62,5 Prozent). Mit dieser Treffsicherheit sorgt er auch für das so wichtige Spacing für Bayerns Big Men. Aber: Mit Akeem Vargas und Hammonds reiben sich bei den Berlinern schon zwei Defensivspezialisten die Hände, die die Herausforderung Djedovic nur zu gern annehmen werden...
SPOX-Prognose: Bayerns Serie gegen Frankfurt hat gezeigt: Das Team von Svetislav Pesic ist eine Wundertüte, die ihren Gegner in Grund und Boden rennen kann, ein paar Tage später aber selbst einfachste Dinge nicht mehr umsetzt. Gegen die zuletzt deutlich konstanteren Albatrosse könnte das zum Verhängnis werden. Gepaart mit dem Heimvorteil und der kleinen Portion Extra-Motivation durch das verlorene Finale im letzten Jahr wird das den Unterschied machen. Tipp:Berlin in 5.
Die BBL-Halbfinals im Überblick