"Dann könnten wir auch Handball spielen"

Thorben Rybarczik
05. Mai 201716:22
Maik Zirbes will mit Bayern München den Titel in der BBL holenimago
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Nach seinem Wechsel von Maccabi Tel Aviv zu Bayern München hat sich Maik Zirbes in der BBL wieder eingespielt. Vor dem Playoff-Start am Samstag (20.30 Uhr im LIVETICKER) spricht er im Interview über Gegner Alba Berlin, den Titeldruck und das Besondere am serbischen Basketball. Außerdem erklärt er, warum er keine Distanzwürfe nimmt und dass ihm in Deutschland Rivalitäten fehlen.

SPOX: Maik, am kommenden Samstag starten die Playoffs. Sie treffen mit den Bayern auf ALBA Berlin. Ihre Einschätzung zum Gegner?

MaikZirbes: Sie stehen natürlich nicht aus Spaß in den Playoffs, auch wenn ihre Saison ein stetiges Auf und Ab war. Sie haben Qualität und kürzlich erst den Trainer gewechselt, da ist also viel Bewegung drin. Es gibt keinen Grund, sie zu unterschätzen.

SPOX: Ahmet Caki wurde dort zu einem ungewöhnlichen Zeitpunkt kurz vor den Playoffs entlassen und durch Thomas Päch ersetzt...

Zirbes: Ihn kenne ich noch von damals aus Trier. Von daher weiß ich, dass er die Mannschaft so vorbereitet, dass sie optimal auf uns eingestellt ist. Deshalb ist es wichtig, dass wir unseren eigenen Basketball durchziehen und uns auf unsere Stärken konzentrieren.

SPOX: Ist es schwieriger, sich auf einen Gegner vorzubereiten, der gerade den Coach gewechselt hat?

Zirbes: Das mag schon sein, aber das ist letztlich eine Trainerfrage. Wir vertrauen da unserem Coach Sasa Djordjevic.

SPOX: Die BBL ist für die Bayern die letzte Chance auf einen Titel, nachdem Sie im Pokalfinale und im Eurocup knapp gescheitert sind.

Maik Zirbes will mit Bayern München den Titel in der BBL holenimagoZirbes: Dadurch ist der Druck natürlich bei uns vorhanden, das ist ganz klar. Aber das wussten wir auch vorher schon. Ich glaube nicht, dass die Situation anders wäre, hätten wir die anderen beiden Titel schon gewonnen. Wir sollten professionell und erfahren genug sein, um damit umzugehen - und in der Lage, unser bestes Spiel zu zeigen, wenn es um den Titel geht.

SPOX: Sie wissen ja, wie es funktioniert. Mit Bamberg und Roter Stern haben Sie schon nationale Titel geholt. Was können Sie den Spielern mitgeben, die das noch nicht in ihrer Vita stehen haben?

Zirbes: Es kommt weniger darauf an, was ich den Spielern mitgeben kann. Es geht viel eher darum, wie jeder Spieler sich selbst fokussiert und mit seinen Aufgaben umgeht. Ich glaube, dass es für uns wichtig ist, etwas abgezockter zu sein. Es kann nicht immer alles perfekt nach Plan laufen, wie man es sich vorher zurechtgelegt hat oder wie es im Lehrbuch steht. Man muss auch mit kleineren Rückschlägen umgehen können und sich nicht davon beeindrucken lassen, wenn der Gegner mal einen Lauf hat.

SPOX: Sie selbst sind seit Ende Januar hier, auf Leihbasis von Maccabi Tel Aviv. Wie fällt Ihr Fazit bis jetzt aus?

Zirbes: Leider haben wir die Titel, die wir hätten gewinnen können, knapp verpasst. Aber trotzdem hat man gesehen, dass wir da oben mitspielen können. Beim Pokalendspiel gegen Bamberg haben wir mit zwei Punkten verloren, gegen Malaga im Eurocup-Viertelfinale haben wir sogar das erste Heimspiel gewonnen - um dann leider den Vorteil noch herzuschenken. Jetzt müssen wir daraus lernen und auf den positiven Dingen aufbauen.

SPOX: Und Sie persönlich fühlen sich in München wohl?

Zirbes: Ja, es wurde mir auch einfach gemacht. Die Mannschaft hat mich schnell integriert, mit dem Trainer komme ich auch sehr gut klar, Marko Pesic kenne ich schon seit Ewigkeiten.

SPOX: Im Sommer stehen Sie allerdings offiziell wieder in Tel Aviv unter Vertrag.

Zirbes: Richtig. Ich habe vergangenen Sommer für zwei Jahre dort unterschrieben. Es ist also der jetzige vertragliche Stand, dass ich ab dem Sommer wieder dort spiele.

SPOX: Kommen wir nochmal zu Coach Djordjevic zurück, der zuvor serbischer Nationaltrainer war. Sie haben zwei Jahre in Serbien gespielt. Erkennen sie Parallelen bei den Arbeitsweisen hier in München und damals in Belgrad?

Zirbes: Auf jeden Fall. Die "jugoslawische" Trainingsweise ist überall auf der Welt ziemlich ähnlich. Sie ist sehr genau, dir wird also immer exakt klar gemacht, was du zu tun hast. Und: Es wird immer sehr großer Wert auf Defense gelegt. Ich denke, das sieht man hier auch sehr deutlich.

SPOX: Sie haben oft erklärt, dass es in Serbien - angefangen beim Training - deutlich härter und physischer zur Sache geht. Profitieren Sie jetzt von dieser Erfahrung?

Zirbes: Wenn man mal davon absieht, dass ich jetzt gefühlt zwei Offensivfouls pro Spiel mache. (lacht) Also ja, die Liga in Serbien ist sehr viel physischer. Von dieser Erfahrung habe ich schon profitiert, aber jetzt muss ich mich auch wieder dran gewöhnen, dass es hier anders ist.

SPOX: Die Schiedsrichter hier pfeifen also eine andere Linie?

Zirbes: In jedem Fall muss man sich darauf einstellen, auch ich.

SPOX: Kommt es eigentlich mal zur Sprache, dass Ihr Coach in seiner Spielerkarriere mal beim großen Roter-Stern-Konkurrenten Partizan gespielt hat?

Zirbes: Man neckt sich schon und drückt sich hin und wieder einen Spruch rein. Aber er ist ja nicht der einzige: Vladimir Lucic hat auch bei Partizan gespielt.

SPOX: Vermissen Sie diese Rivalität, die es in Serbien beispielsweise zwischen Roter Stern und Partizan gibt? Trotz der Duelle zwischen Bayern und Bamberg geht es hier ja doch meist etwas ruhiger zu.

Zirbes: Schon ein wenig, ja. Dieses positiv Fanatische, dieses geschlossene Auftreten für die Mannschaft, dieses gegenseitige Unterstützen - all das ist dort schon beeindruckend. Ich würde es mir schon wünschen, dass es auch hier ein bisschen emotionaler wird. Ganz so heftig muss es vielleicht nicht werden - aber ich glaube, dass die deutsche Mentalität da etwas anders ist. Das überträgt sich auch auf die Fanszene.

SPOX: Stimmt es, dass es im Bayern-Playbook ein Partizan-Play gibt?

Zirbes: Das gibt es tatsächlich! Erst habe ich mich spaßeshalber geweigert, das zu laufen. Aber inzwischen gibt es auch ein Roter-Stern-Play. Von daher passt das schon. Ob der Coach es aus Nachsicht für meinen Ex-Verein eingeführt hat, weiß ich allerdings nicht.

SPOX: Was könnte denn der deutsche Basketball vom serbischen lernen?

Zirbes: Es ist sehr schwer, das zu verallgemeinern. Es gibt ja auch viele deutsche Trainer, die jugoslawische Elemente in ihre Arbeitsweise einfließen lassen. Als bestes Beispiel dient vielleicht Henrik Rödl, mit dem ich ja auch schon arbeiten durfte in Trier. Rödl hat selber lange unter Svetislav Pesic gespielt und viele Drills und Herangehensweisen von ihm übernommen. Das zeigt, dass sich alles ein Stück weit vermischt.

SPOX: Gibt es also auch Dinge, die die Serben basketballerisch von den Deutschen übernehmen können?

Zirbes: Am liebsten würde ich da "nein" sagen. (lacht) Vielleicht Pünktlichkeit? Wobei: Wenn es um Basketball und Training geht, stehen die Serben uns da in nichts nach. Aber mal im Ernst: Mir selbst liegt die jugoslawische Spiel- und Herangehensweise einfach. Deshalb fällt es mit tatsächlich schwer, diesbezüglich Dinge zu benennen.

SPOX: Generell scheint es so, dass der physische Aspekt - beispielsweise auch in der NBA - etwas an Bedeutung verliert und der Trend immer mehr hin zu werfenden Big Men geht. Ist es für Sie ein Vorteil, dass dadurch viele Gegenspieler ihre Härte nicht mehr gewohnt sind?

Zirbes: Ich denke, schon. Darauf wurde ich tatsächlich schon öfter angesprochen - aber ich kann ja auch werfen, so ist das nicht. Ich mache es zwar selten, habe das aber in meinem Repertoire. Ich denke mir: Wenn wir vier Leute auf dem Feld haben, die werfen können- so, wie es bei uns derzeit oft der Fall ist - warum sollte ich auch noch damit anfangen? Dann könnten wir auch Handball spielen, wenn alle nur noch werfen. Einer muss halt die Blöcke stellen, Inside-Dominanz mitbringen und in der Zone etwas aufräumen. Und genau das macht mir eigentlich am meisten Spaß.

SPOX: Doch genau diese Aspekte, die Sie gerade genannt haben, werden öffentlich oft nicht so sehr wahr genommen und gewürdigt. Stört Sie das?

Zirbes: Mir ist egal, was andere Leute sagen. Ich glaube, das kann man aus meinem Karriereweg auch herauslesen. Ein Stück weit muss man das zwar lernen, aber das habe ich. Wenn solche Dinge nicht im Statistikbogen auftauchen, dann ist es halt so. Ich meine, Mannschaften wie Maccabi oder Bayern fällt ja offenbar auf, was ich mache. Von daher brauche ich mir keine Gedanken zu machen, ob andere das auch erkennen.

SPOX: Kommen wir nochmal zurück zur BBL, in die Sie nach zwei Jahren zurückgekehrt sind. Wie hat sich die Liga entwickelt?

Zirbes: Die Ambition, in ein paar Jahren die beste Liga Europas zu sein, war und ist natürlich sehr hoch angesetzt. Um das zu erreichen, muss noch einiges passieren. Wir hatten dieses Jahr eine Mannschaft in der Euroleague, Spanien drei, die Türkei sogar vier. Das ist natürlich ein Indiz dafür, dass noch viel passieren muss - aber es geht auf jeden Fall in die richtige Richtung.

SPOX: Wie wird die BBL denn im Ausland wahrgenommen?

Zirbes: In Serbien gibt es so viele Sportkanäle, dass man sich eigentlich alles angucken kann - ob es nun Basketball oder Hockey oder etwas ganz anderes ist. Auch die BBL läuft dort. Das schaut man sich auch schon mal an. Wenn aber natürlich NBA oder Euroleague läuft, sieht es eher schlecht aus . . .

Maik Zirbes im Steckbrief