Basketball-Bundestrainer Henrik Rödl im Interview: "Der Kreis an Favoriten ist größer geworden"

Henrik Rödl setzt bei der WM vor allem auf Dennis Schröder.
© getty

Gute zwei Wochen vor dem Beginn der Basketball-WM in China geht die Vorbereitung beim DBB in die heiße Phase. SPOX sprach vor dem Supercup in Hamburg mit Bundestrainer Henrik Rödl über die Situation und die Aussichten seines Teams.

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Rödl erklärt dabei außerdem, warum den Fans seiner Meinung nach die beste Weltmeisterschaft aller Zeiten bevorsteht, warum die Amerikaner es schwer haben werden und wie sich das deutsche Team von früheren Versionen unterscheidet.

Herr Rödl, wie ist die Stimmung im Team? Geht die Anspannung schon langsam in Richtung Wettkampfmodus über?

Henrik Rödl: Ja, wir sind jetzt im intensiven Teil der Vorbereitung angekommen und hatten mit dem Spiel gegen Schweden auch unseren ersten Test. Da haben wir einerseits gesehen, dass noch viel zu tun ist, aber andererseits auch, dass die Jungs alle mitziehen - das war okay für diesen Zeitpunkt der Vorbereitung.

Der Test gegen Schweden verlief erfolgreich, dabei noch ohne Dennis Schröder, der aufgrund von persönlichen Angelegenheiten erst in Hamburg zum Team stößt. Wie aussagekräftig ist so ein Spiel, wenn eine so zentrale Figur wie Schröder noch nicht dabei ist?

Rödl: Das ist schwer zu beantworten, spielt aktuell aber aus unserer Sicht auch noch keine Rolle. Wir arbeiten ja an unserem Spiel, an unserer Spielkultur und daran, wie wir uns zusammenstellen, und da ist so ein Spiel auch nur ein kleines Mosaiksteinchen, aus dem man ein paar Informationen herausziehen kann. Jetzt kommt Dennis dazu, das wird natürlich anders. Ihn müssen wir in Hamburg beim Supercup integrieren, aber das ist nicht so schwer, weil er viele der Inhalte schon kennt und weiß, was wir auf dem Feld umsetzen wollen. Grundsätzlich dienen einzelne Tests aber gerade so früh in der Vorbereitung nur dazu, Informationen zu sammeln. Daraus Schlüsse zu ziehen, folgt später.

Im Supercup warten nun mit Polen, Ungarn und Tschechien drei andere Kaliber. Wie wichtig sind Duelle mit so starker Konkurrenz zwei Wochen vor dem Ernstfall? Gerade bei einem Team, das in der Form so noch nicht zusammengespielt hat?

Rödl: Das ist ein unglaublich wichtiges Turnier für uns. In der ersten Woche ging es für uns um Grundlagen, das Schaffen einer gemeinsamen Basis. Jetzt haben wir die Chance, in drei Spielen hintereinander gegen gute Gegner zu testen, wie die Umsetzung auf einem hohen Niveau funktioniert, wie schon angesprochen auch mit Dennis. Dass wir eine neue Formation haben, ist richtig, allerdings gilt das für alle Teams. Dementsprechend wichtig ist es jetzt, gut in diese Woche hereinzugehen. Es geht in der Vorbereitung ja ohnehin zack-zack, jede Woche birgt ihre eigenen Herausforderungen. Aber dieses Turnier hat schon einen besonderen Stellenwert, ich freue mich sehr darauf.

Zwei ungemütliche Entscheidungen stehen Ihnen dann vor der WM auch noch bevor. Mit Karim Jallow und Joshiko Saibou sind schon zwei Spieler gestrichen worden, zwei weitere müssen bis zur WM noch folgen. Haben Sie sich dafür einen eigenen Zeitplan gesetzt?

Rödl: Der grobe Plan sieht vor, dass wir mit 13 Mann am 21. August nach Japan reisen, um dort in die letzte Vorbereitungsphase zu gehen, und dann mit zwölf Mann in China weiterarbeiten. Das kann sich aber auch noch verändern, wenn es sich zum Beispiel lohnt, doch noch einen Spieler mehr mit nach Japan zu nehmen.

Wie schwer macht man sich so eine Entscheidung? Auf diesen Traum wird letztendlich zwei Jahre hingearbeitet, dann kommt man so weit und darf dann doch nicht mit.

Rödl: Klar, das ist einer der unangenehmsten Teile des Jobs. Aber auf der anderen Seite ist das hier eben auch keine Spaßveranstaltung und jeder weiß, worum es hier geht, dass der Konkurrenzkampf groß ist und dass es darum geht, eine gute Weltmeisterschaft zu bestreiten. Deswegen müssen wir das sehr genau analysieren, wer uns dabei am meisten hilft und am meisten geben kann. Das ist eine wichtige Aufgabe des Trainerstabs und gehört einfach dazu, ebenso wie die Gespräche. Das muss man ertragen. Das weiß aber auch jeder Beteiligte.

Gleichzeitig spricht diese Qual der Wahl natürlich auch für die gestiegene Qualität und vor allem Breite im deutschen Basketball.

Rödl: Auf jeden Fall. Wir haben eine sehr gute Entwicklung genommen und sind dadurch jetzt gut aufgestellt. Schon 2017 hatten wir uns da deutlich verbessert im Vergleich zu 2015 und nun ist diese Generation zwei Jahre älter, dazu kommen weitere sehr talentierte Spieler nach. Wir sind auf einem guten Weg, keine Frage.

2017 waren Sie noch als Co-Trainer dabei, jetzt sind Sie erstmals bei einem so großen Turnier der Hauptverantwortliche. Inwiefern ist Ihre Lage da anders als vor zwei Jahren?

Rödl: Das ist für mich gar nicht so neu. Ich habe ja schon viel im Verein als Cheftrainer gearbeitet und für den DBB jetzt auch schon einige Turniere betreut, wie etwa die Universiade. Natürlich ist die Aufmerksamkeit jetzt größer, das spürt man und das macht auch Spaß. Aber es ist kein so großer Unterschied für mich.

Vor allem aufgrund der Rekordzahl an NBA-Spielern herrscht aktuell eine recht große Euphorie und auch Erwartungshaltung vor. Gleichzeitig ist das Team ziemlich jung, ein Moritz Wagner etwa hat gegen Schweden erst sein A-Debüt gegeben. Was ist denn eine faire und angemessene Zielsetzung für dieses Team?

Rödl: Das ist wirklich sehr schwer zu sagen. Ich glaube, das wird die beste Weltmeisterschaft aller Zeiten! Man muss in Betracht ziehen, dass wir nicht die einzigen sind, die eine Rekordzahl von NBA-Spielern dabei haben oder Spieler aus anderen hohen Ligen; dadurch, dass der Sport über die letzten Jahre so globalisiert wurde, gibt es bei vielen Mannschaften eine viel größere Anzahl von guten Spielern. Das Niveau ist riesig und wir haben eine sehr schwere Gruppenphase vor uns, wenn man die erste und die zweite zusammenrechnet, was wir tun. Diese Achtergruppe ist dann sicherlich der schwerste Weg ins Viertelfinale, wenn man sieht, welche Teams da rüberkommen. Dementsprechend ist es eine schwere Aufgabe und es ist auch schwer einzuordnen, wo genau wir stehen, wobei das im Moment auch nicht so wichtig ist. Wir wollen uns jetzt gut vorbereiten. Wenn uns das gelingt und wir gesund bleiben, dann werden wir auch ein gutes Turnier spielen.

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