Trotz des Erfolgs, leben konnten Sie von dem Sport damals natürlich nicht. Stattdessen wurden Sie Rechtsanwalt. Einmal haben Sie sogar Ihren Mitspieler John Thornton in einem Mordprozess verteidigt.
Schulz: Das ist richtig. Thornton war eigentlich ein sehr guter Basketballer, aber immer in einer Kneipe unterwegs, in der die US-Amerikaner abhingen. Er war mit der dortigen Chefin befreundet, an einem Abend hat er wohl Konkurrenz gefürchtet und jemanden erschossen. Er war wegen Mordes angeklagt und ich habe ihn vertreten, mit großem Erfolg. Er wurde nur mit Totschlag zu zwei oder zweieinhalb Jahren Haft verurteilt. Im Gefängnis hat er mich gebeten, einen Basketball zu besorgen. Ich habe dem Chef der Justizvollzugsanstalt vorgeschlagen, einen Korb aufzustellen und ich besorgte den Ball.
Ihre Erfahrung als Anwalt hat Ihnen später auch einen Job bei den Olympischen Spielen 1972 beschert, als Basketballer waren Sie in München nicht mehr dabei.
Schulz: Bei den Olympischen Spielen war ich Vizebürgermeister des Olympischen Dorfes. Ich hätte eigentlich Teil der Olympiamannschaft sein können, verzichtete aber. Vier Jahre vor Olympia entwickelte der deutsche Basketballbund ein Programm mit Trainingslagern und unheimlich vielen Spielen. Das habe ich zeitlich nicht mehr geschafft. Ich hatte zu dem Zeitpunkt bereits meine Kanzlei und war 32 Jahre alt, da war auch das Verletzungsrisiko größer. Vor allem, wenn man mehr leisten muss, als man gewohnt ist. Ganz früher hatten wir nur zweimal pro Woche trainiert.
Was macht ein Vizebürgermeister des Olympischen Dorfes so während den Spielen?
Schulz: Da ich Anwalt war, sollte ich die Problemfälle lösen. Einer ist mir besonders in Erinnerung geblieben. Ich wurde zur Boxmannschaft von Gabun gerufen, die wurde zum Glück von einem Berliner trainiert, sodass ich mich mit denen verständigen konnte. Einer der Boxer hatte in der Mensa gegessen und einen Getränkespender in einem Betonpfeiler entdeckt. Er konnte nicht glauben, dass aus einem Betonpfeiler Orangensaft kommt. Er hat auf den Knopf gedrückt, bis die Flasche leer und vor ihm ein riesiger Orangensaft-See entstanden war und alle in der Mensa machten sich über ihn lustig - er griff nach einem Messer und ging auf die Leute los. Die Polizei hat ihn anschließend nach München-Haar in die Irrenanstalt gebracht.
Wie ging es weiter?
Schulz: Ich bin nach Haar gefahren und habe den Ärzten gesagt, dass ich den Herrn mitnehmen möchte, der muss in zwei Wochen wieder in Gabun sein. "Völlig ausgeschlossen", sagten die Ärzte zu mir, der sei gemeingefährlich. Doch sein deutscher Trainer hatte mir zuvor versichert, er sei eine Seele von einem Menschen und ein gutmütiger Sportler. Unter der Voraussetzung, dass ich die volle Verantwortung für alles übernehme, was der Mann jemals wieder tun würde, ließen sie ihn gehen. Ich habe eingewilligt, wir haben ihn zurück ins Olympiadorf mitgenommen und zum Glück ist nichts mehr passiert.
Klaus Schulz über den FC Bayern in der EuroLeague
Zurück zum Sportlichen: Sie haben die Geschichte des Basketballs in München nicht nur als Spieler geprägt, sondern auch als Trainer und Abteilungsleiter. Zunächst stiegen die Münchener nach Ihrem Karriereende in den 70ern aber bis in die drittklassige Regionalliga ab. Sie bekamen den Auftrag, die Basketballer in den 80ern wieder Bundesliga-tauglich zu machen ...
Schulz: Sie können die Basketball-Historie des FC Bayern in die Zeit unter Hoffmann und nach Hoffmann unterteilen. Als er Bayern-Präsident war, bat er mich, den Verein wieder in die erste Liga zu bringen. Ich habe gesagt: Jawoll, dauert vier, fünf Jahre - ich glaube, es hat dann fünf Jahre gedauert - und kostet ein bisschen was. Aber nicht viel, nicht vergleichbar mit den heutigen Summen. Ich habe alles ausgegraben, was ging. Die wichtigste Personalie war der Trainer. Ich habe Kazimir Klementis verpflichtet, der hatte damals den besten Ruf in Osteuropa, und dazu mehrere Spieler geholt. Wir sind peu a peu aufgestiegen. Als wir in der ersten Liga waren, musste Hoffmann gehen und dann war es aus mit der Basketball-Abteilung.
Unter Hoffmanns Nachfolger Scherer strich der Hauptverein wieder die Unterstützung, erst eine Mitgliederbefragung 2010 setzte die Entwicklung der Bayern Basketballer zur Top-Adresse wieder in Gang. Wie froh sind Sie, dass der Basketball wieder zurück bei den Bayern ist?
Schulz: Jeder ist begeistert. Dieser Sport ist ja auch begeisternd, weil er so athletisch und so schnell geworden ist. Und der Erfolg ist auch da. Sie haben in der EuroLeague Istanbul und sogar Barcelona, die Unanfechtbaren, geschlagen. Das ist einfach toll. Was ich weniger toll finde, ist die hohe Fluktuation. Bayern holt super Spieler, nur bleiben die meistens nur eine Saison und dann kommen wieder völlig neue Gesichter. Man kann sich so nur schlecht mit den Spielern identifizieren. Fast jeder, der bei Bayern in den vergangenen Jahren gut war, wurde aufgekauft. Ich bin mir sicher, Reynolds spielt bald auch woanders bei einem finanzstärkeren Team.
Heute Abend startet der FCBB in die Playoff-Serie gegen Armani Olimpia Mailand. Was trauen Sie dem FC Bayern in der EuroLeague noch zu?
Schulz: Nicht alles, aber viel. Ich glaube nicht, dass sie die EuroLeague gewinnen können. Aber den dritten oder vierten Platz, den traue ich ihnen schon zu.