Jagla über Saibou: "Es sind noch viele Fragen offen"
Sie haben eben bereits das Wort "unglücklich" benutzt, das ist ein gutes Stichwort: Sportlich stimmten die Resultate zuletzt, ansonsten steht der DBB jedoch teilweise in starker Kritik, vor allem wegen der Personalie Joshiko Saibou. War es ein Fehler, ihn mitzunehmen?
Jagla: In der Form war es auf jeden Fall ein Fehler. Ich bin ein großer Freund von zweiten Chancen, aber es gehört dazu, dass man seine Fehler eingesteht. Viele hätten Joshiko sicherlich eine Chance gegeben, aber es hätte im Vorfeld oder spätestens jetzt eine ganz andere Kommunikation stattfinden müssen. Es sind immer noch viele Fragen offen. Er spielt derzeit sehr gut, aber das steht trauriger- und richtigerweise nicht im Fokus. Ich habe deswegen lange mit mir gerungen und nun entschieden, dass ich die Mannschaft unterstütze, weil ich viele von den Jungs kenne und schätze, weil ich mich für sie freuen würde. Aber der Grundtenor ist nicht gut und vieles muss noch aufgearbeitet werden.
Nach außen gab es zunächst nur ein kurzes Video über den eigenen Kanal, keine Möglichkeiten für kritische Fragen, kaum Transparenz, was viele Basketball-Fans sehr verärgert hat. Bleibt das so nicht auch bei einer erfolgreichen Quali ein Riesenproblem?
Jagla: Es ist ein Thema, das sich nicht durch Pauschalaussagen wegdiskutieren lässt. "Entschuldigung" reicht nicht, sondern ich möchte auch wissen: Was ist der Fehler? Dann kann man über alles reden und dann wird er auch in der Basketball-Community hier wieder anders akzeptiert werden. Das ist alles möglich. Es ist leider nicht passiert und deshalb hätte er eigentlich nicht dabei sein dürfen.
Ist es jetzt schon zu spät dafür? Nehmen wir an, es klappt mit der Qualifikation: Dann gäbe es noch jede Menge Pressekonferenzen.
Jagla: Seine Mitspieler haben mehrfach gesagt, dass er sie in langen Gesprächen überzeugt hat, von sich und von dem, wo er heute steht. Dann kann er doch auch uns andere überzeugen, die nicht mit ihm in der Kabine sitzen. Unmöglich ist es nicht, es müsste nur mal einen ehrlichen Versuch geben.
Sie waren 2008 bei Olympia dabei und wissen, wie einzigartig das ist. Gefühlt wird jetzt aktuell fast nur über solche Nebenschauplätze gesprochen. Ist das unfair?
Jagla: Es ist ein hausgemachtes Problem. Es ist schade, weil es so eine besondere Möglichkeit ist. Olympia ist ein Erlebnis, das mich bis heute prägt, eins der ersten Themen, über die ich mit Leuten spreche. Es sticht heraus in meiner sportlichen Karriere, aber vor allem das Zwischenmenschliche und die Nähe zu anderen Sportarten ist so außergewöhnlich. Man kann zu Weltmeisterschaften fahren, wird dort aber nie beim Mittagessen neben Roger Federer sitzen. Das macht es so besonders, wobei ich dazu sagen muss: Nicht nur beim Basketball habe ich die Sorge, dass das diesmal nicht der Fall sein wird. Corona macht solche Bedingungen wie bei uns damals ja unmöglich. Man ist auf verschiedene Arten getrennt, während wir früher gemeinsam mit den besten Athleten der Welt beim selben McDonald's anstanden. Das geht jetzt leider verloren. Aber zur ursprünglichen Frage: Es sollte ums Sportliche gehen, aber so einfach ist es nicht. Sport ist leider auch Politik.
Hat der DBB im Endeffekt Glück, dass Basketball in Deutschland ein Nischendasein fristet, da das Thema sonst noch viel größer wäre?
Jagla: Ja, klar. Wenn wir diese Situation bei der Fußball-EM gehabt hätten, wäre der Aufschrei wesentlich größer. Ich weiß nicht, ob die Bild-Zeitung schon darüber berichtet hat, aber sicherlich nicht in dem möglichen Ausmaß. Die Nische ist hier ein Glücksfall, für den gesamten deutschen Basketball. Denn so etwas schadet im Endeffekt der gesamten Sportart.