Der geborene Außenseiter

Marcos Maidana (r.) ließ unter Trainer Roberto Garcia Adrien Broner keine Chance
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Vorgänger als Lehrmeister

Soll dieser Glaube jedoch nicht vergebens sein, muss er unbedingt aus den Fehlern seiner Vorgänger lernen. Er muss in den Kopf Mayweathers vordringen, ihn zum Zweifeln oder zumindest zum Nachdenken bringen. Nur dann hat er eine Chance. Gelingt ihm dies nicht, droht das gleiche Schicksal wie beispielsweise Saul 'Canelo' Alvarez, dessen Titelkampf zu einer Lehrstunde des Meisters verkam.

Um dieses fundamentale Ziel zu erreichen, gibt es nur einen einzigen Weg: Er muss seinen Gegner früh und hart treffen. So großartig die Karriere von Mayweather in den letzten 18 Jahren verlief, so gibt es auch bei ihm Schwachstellen. Gegen Miguel Cotto oder Shane Mosley beispielsweise sah der haushohe Favorit alles andere als unbesiegbar aus. Gerade gegen Mosley stand er kurz vor einem Niederschlag, konnte sich jedoch fangen. Seine Rettung: Mosley hatte nichts nachzulegen und verlor.

Maidana hingegen verfügt nicht nur über eine immense Schlagkraft, sondern auch über einen ausgeprägten Killer-Instinkt. Dazu kommen Elemente, wie sie im Mayweather-Cotto-Kampf herausstachen. Wie der Puerto Ricaner, kann auch der Argentinier aus ungewöhnlichen Winkeln Schläge landen. Ein weiterer Pluspunkt ist seine enorme Anpassungsfähigkeit sowie die Gabe Anweisungen aus der eigenen Ecke blitzschnell aufnehmen und verarbeiten zu können.

Revolution? Evolution!

Mit Trainer Robert Garcia, der in der Vergangenheit unter anderem durch das Ring Magazine zum Trainer des Jahres gewählt wurde und der ihn seit zwei Jahren betreut, hat er ein weiteres wichtiges Puzzleteil auf seiner Seite. War Maidana vor seinem Aufstieg in das Weltergewicht ein reiner Puncher, der sich auf sein Kinn, welches auch heute noch zu den besten der Gewichtsklasse gehört, verließ, gab ihm Garcia weitere Möglichkeiten. Evolution statt Revolution lautete das Motto.

Vor allem an seiner Beinarbeit, die Positionierung sowie die Bewegung seiner Füße wirken deutlich intelligenter, und an der Verteidigung erkennt man deutlich die Handschrift Garcias. Neu ist zudem eine deutlich stärkere Verteidigung während der eigenen Angriffssequenzen. Für einen aggressiven Boxer ein entscheidender Aspekt.

Die wichtigste Entwicklung nahm jedoch Maidanas Jab. Kam er bei seiner Niederlage gegen Devon Alexander, dem letzten Kampf vor dem Engagement des neuen Trainers, auf lediglich 91 Jabs in zehn Runden, waren es ein halbes Jahr später beim K.o.-Sieg gegen Jesus Soto Karaas bereits nach acht Runden ganze 240.

Dass ein starker Jab Mayweather treffen kann, bewies dessen Kampf gegen Oscar De La Hoya. Zum Sammeln von Informationen und vor allem als Türöffner eine starke Waffe Maidanas. Sieht er seine Chance, verfügt er deshalb zweifelsohne über das entsprechende Arsenal.

Das richtige Ziel

Um jedoch überhaupt Schläge landen zu können, muss der Argentinier seinen Kontrahenten zunächst in dessen Bewegungsradius einschränken. Wichtig wird sein, Mayweather mit dem Rücken an die Seile zu drängen. Gelingt dies, verliert nicht nur dessen exzellente Beinarbeit, sondern auch die Beweglichkeit des Oberkörpers sowie des Kopfes an Wert.

Dennoch bleibt Mayweathers Kopf ein undankbares Ziel. Allein durch seine einzigartige Arbeit mit der Schulter werden viele Schläge Maidanas ohne Wirkung bleiben. Aus diesem Grund muss er zunächst den Körper mit Schlägen bearbeiten. Je häufiger und je härter die Treffer, desto besser. Kämpft Mayweather in seiner Komfortzone und bestimmt die Momente für einen Schlagabtausch, dann geht Maidana auf den Punktzetteln unter.

"Mein Stil ist es den Kampf zu bestimmen. Ich bin der Aggressor. Mit meinen Schlägen kann ich jeden Gegner verletzen", so Maidana: "Ich muss enorm viel Druck auf ihn ausüben, ihn mit Schlägen bombardieren um ihn so zu zermürben. Ich darf Floyd nicht erlauben in seinen Kampf-Rhythmus zu finden." Gegen Broner kam er beinahe auf 1000 Schläge. Entscheidend wird jedoch nicht die Zahl sein, sondern die Treffer und deren Härte.

Auch Garcia schlägt in die gleiche Kerbe: "Mayweather ist der beste Boxer den es gibt, ja vielleicht der beste aller Zeiten - allerdings kann ein einziger Schlag alles verändern. Ich denke nicht, dass er in seiner Karriere bereits so hart getroffen wurde wie Maidana ihn treffen wird."

Knockout oder Niederlage

Realistisch gesehen kann Maidana nur via Knockout gewinnen. Gelingt ihm dies nicht in der ersten Hälfte des Kampfes, läuft er allerdings selbst Gefahr das Ende nicht zu erreichen. Zwar ist Mayweather nicht der härteste Schläger, doch zermürbt er seine Gegner förmlich. In Sachen Technik und Geschwindigkeit ist der Argentinier zweifelsohne unterlegen und wird von Mayweather einige Treffer wegstecken müssen. Geht die Kraft durch seine Offensive zur Neige, droht ihm deshalb selbst der Knockout.

Je nachdem, wie beide Boxer in den Kampf finden, existiert durchaus eine Chance für Maidana. Dennoch wäre ein Sieg wohl eine der größten Überraschungen in der Geschichte des Boxsports. Die Vergangenheit hat allerdings oft genug gezeigt, dass die Kämpfe nicht umsonst ausgetragen werden. Zwar waren große Überraschungen der Kategorie Cassius Clay gegen Sonny Liston oder James 'Buster' Douglas gegen Mike Tyson selten, doch gab es sie. Letztlich gilt: Niemand ist unschlagbar.

Seite 1: Maidanas Sieg über Broner und der Unterschied zu Mayweather

Seite 2: Maidanas Optionen gegen den Unschlagbaren

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