Chudinov deklassiert schwachen Sturm

Felix Sturm (l.) lieferte gegen Fedor Chudinov eine schwache Leistung ab
© getty

Im Duell um den vakanten Supermittelgewichts-Titel nach Version der WBA kassierte Felix Sturm (39-5-3) in Frankfurt gegen Fedor Chudinov (13-0-0) eine klare Niederlage. Die Entscheidung zu Gunsten des 27-jährigen Russen fiel nach zwölf Runden durch ein geteiltes Urteil der Punktrichter, welches einen Faden Beigeschmack hinterlässt.

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Nachdem der eigentliche Titelträger Carl Froch aus Großbritannien aufgrund von Inaktivität seinen Gürtel niederlegen musste, bekamen die rund 8.500 Fans in der ausverkauften Frankfurter Festhalle statt eines Kampfes um die Interims-Weltmeisterschaft ein Duell um den Titel der WBA im Supermittelgewicht (bis 76,2 kg) zu sehen.

In einem ungleichen Kampf präsentierte sich Sturm über die volle Distanz in einer erschreckend schwachen Verfassung. Während Chudinov das Geschehen im Ring nach Belieben dominierte und über weite Strecken der deutlich aktivere Boxer mit den ebenso härteren wie klareren Treffern war, wirkte Sturm, der durch einen Sieg und den damit einhergehenden fünften Titelgewinn deutsche Boxgeschichte hätte schreiben können, lethargisch und ungewohnt gehemmt.

Das Urteil der Punktrichter fiel trotz der klaren Angelegenheit im Ring geteilt aus und sorgte für einen faden Beigeschmack beim verdienten Sieg des Russen. Wie es mit Sturm weitergeht und ob ein Kampf gegen Arthur Abraham nach der Demontage von Frankfurt ein Thema bleiben wird, muss die Zukunft zeigen. Von einem Rückkampf, den Chudinov seinem in allen Belangen unterlegenen Kontrahenten direkt im Anschluss einräumte, darf allerdings nicht ausgegangen werden, zu eindeutig war das Ergebnis.

Deutlich mehr Grund zur Freude hatte im Vorfeld des Hauptkampfes hingegen Jack Culcay (20-1-0), der das deutsche Aufeinandertreffen mit Maurice Weber (21-2-1) um den Interims-Gürtel der WBA im Superweltergewicht (bis 69,9 kg) einstimmig nach Punkten für sich entscheiden konnte. Golden Jack ist somit der siebte Weltmeister, den Trainer Ulli Wegner formte. Der 29-Jährige kann sich zudem berechtigte Hoffnungen auf einen Kampf in den Vereinigten Staaten gegen Weltmeister Erislandy Lara, der seinen Titel jedoch zunächst im kommenden Monat gegen Herausforderer Delvin Rodriguez verteidigen muss, machen.

Jack Culcay im SPOX-Interview: "Ich orientiere mich an Tyson"

Die Reaktionen:

Felix Sturm: "Ich hatte mir viel vorgenommen, konnte es aber nicht umsetzen. Man muss ihm Respekt zollen, er hat eine großartige Leistung gezeigt. Ich hatte wohl auch die falsche Taktik. Er hingegen war sehr gut vorbereitet. So ist das Leben, ich muss das nun akzeptieren."

Fedor Chudinov: "Ich danke meinem Trainerteam und habe hart dafür gekämpft. Angesichts des historischen Datums danke ich auch meinen Vorfahren, die mir mit ihrem Sieg über Nazi-Deutschland überhaupt die Chance gegeben haben, dass ich heute hier boxen konnte. Felix hat einen guten und harten Kampf geliefert, aber ich habe mich gut gefühlt und freue mich, dass ich jetzt Weltmeister bin. Wenn Felix einen Rückkampf möchte, dann wäre ich bereit dafür. Er ist ein großer Champion, und es ist eine Ehre, gegen ihn zu kämpfen."

Das Duell zwischen Sturm und Chudinov im RE-LIVE

SPOX-Scoreboard1. Runde23456789101112Score
Felix Sturm (GER)9991099109991010112
Fedor Chudinov (RUS)1010109101010101010910118

Die Wertungen der Punktrichter:

Robert Hoyle (USA): 110:118

Victor Simons (PAN): 116:112

Juan Manuel Garcia Reyes (ESP): 112:116

Der Ringrichter: Rafael Ramos. Der angesehene Puerto Ricaner, der im vergangenen Jahr in die San Antonio Boxing Hall of Fame aufgenommen wurde und unter anderem Kämpfe von Juan Manuel Marquez, Juan Diaz sowie Wilfredo Vasquez Jr. leitete, zeigte eine unaufgeregte Vorstellung. Ramos hatte das Geschehen im Seilgeviert stets im Griff und ließ sich auch von der Atmosphäre in der Arena zu keiner Zeit beirren.

Der Schlag des Kampfes: Chudinovs Jab. Während Sturm es über die gesamte Dauer des Kampfes verpasste, mit seiner Führhand die eigenen Reichweitenvorteile auszunutzen und seinen Gegner auf Distanz zu halten, wirkte der Russe deutlich frischer und schneller. Vor allem am Jab des 27-Jährigen, der die starken Kombinationen vorbereitete und Sturm immer wieder in Zugzwang brachte, wurde die boxerische Überlegenheit ersichtlich.

Das fiel auf:

  • Die Stimmung in der ausverkauften Frankfurter Festhalle fand pünktlich zum Einmarsch beider Boxer ihren Höhepunkt, wobei die Sympathien klar zu Gunsten Sturms ausschlugen. Während der Deutsche frenetisch gefeiert wurde, hagelte es für den Gast aus Russland Pfiffe und Buhrufe.
  • Trotz der Power seines Kontrahenten, der zehn seiner zwölf Gegner vorzeitig besiegen konnte, sprachen die Vorteile für Sturm. Der 36-Jährige ging mit der deutlich größeren Erfahrung in das Duell. Auch seine Ausbildung sowie das ausgeprägtere taktische Verständnis sollten für Weltmeistertitel Nummer fünf sorgen.
  • Chudinov, der im Vorfeld des Kampfabends ebenso locker wie fokussiert wirkte, ließ sich jedoch nicht irritieren und setzte Sturm von Anfang an durch eine aggressive Art zu Boxen unter Druck. Vor allem Kombinationen von teilweise vier bis fünf Schlägen waren gegen einen zuweilen lethargisch wirkenden Sturm ein probates Mittel.
  • Im Gegensatz zu seinen vorherigen Kämpfen setzte Chudinov zudem nicht allein auf seine Schlaghärte, sondern bearbeitete Sturm beharrlich. Auch der Jab des Russen wusste durchaus zu gefallen und avancierte im Verlauf des Kampfes zu einem entscheidenden Element. Die geringfügigen Reichweitenvorteile seines Kontrahenten, der ebenfalls in der Linksauslage zu Werke ging, konnte er aufgrund mangelnder Bewegung Sturms ebenfalls problemlos negieren.
  • Selbst bei Aktionen Sturms, die vom Publikum sofort entsprechend gewürdigt wurden, zeigte sich Chudinov unbeeindruckt und fand entweder durch seine starke Führhand oder eigene Kombinationen die richtige Antwort.
  • Wer aufgrund des hohen Tempos Chudinovs, der sein riesiges Potential unterstrich, mit einem Einbruch des Russen gerechnet hatte, wurde überrascht. Trotz der enormen Arbeitsrate diktierte er die Geschwindigkeit und somit auch das Kampfgeschehen praktisch nach Belieben. In Runde neun hatte Sturm zudem Glück, dass ihn die Rundenpause vor einem möglichen Niederschlag bewahrte.
  • Vor allem in den letzten Runden kassierte Sturm, der anders als im Kampf gegen Robert Stieglitz zu keinem Zeitpunkt an seine früheren Glanzzeiten erinnerte, mit dem Rücken an den Seilen einen schweren Treffer nach dem anderen. Von einem Plan B des ehemaligen Weltmeisters im Mittelgewicht war dabei nichts zu sehen.
  • Während ein ausgeboxter Sturm nach zwölf Runden deutlich gezeichnet das Urteil der Punktrichter hinnahm, wirkte Chudinov nach seinem mehr als überzeugenden Auftritt fit wie zu Beginn des ungleichen Duells. Dass die Wertung des Spaniers Juan Manuel Garcia Reyes an Absurdität kaum zu überbieten sein dürfte, sollte eine Selbstverständlichkeit sein.

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