Axel Schulz über sein legendäres Duell gegen George Foreman
SPOX: Zurück zu Ihrer Karriere, die sich prächtig entwickelte und einen Ihrer absoluten Höhepunkte erreichte, als Sie am 22. April 1995 in Las Vegas gegen den legendären George Foreman antraten, der damals bereits 46 Jahre alt war und sich zuvor unter anderem heroische Schlachten mit Muhammad Ali geliefert hatte. Wie kam es zu diesem Fight?
Schulz: Wilfried Sauerland rief mich Ende 1994 an und sagte: 'Pass auf, Axel. Du könntest gegen Foreman um die Weltmeisterschaft boxen. Denk über Weihnachten doch mal darüber nach.' Ich war völlig geplättet, sagte zunächst weder zu noch ab. Über Weihnachten haben Wolke und ich Videos studiert und kamen zu dem Schluss: 'Foreman ist ein alter Sack, das müsstest du schaffen.'
SPOX: Foreman wollte den Kampf gegen Sie, weil er Sie für ungefährlich hielt.
Schulz: Das stimmt, ich war damals 12. der Weltrangliste und wurde als Fallobst ausgesucht. Es wären ganz andere Granaten in Frage gekommen, Mike Tyson oder Evander Holyfield zum Beispiel. Aber Foreman sagte, er würde gegen Schulz boxen, weil der nicht hauen kann. Ich war ja nie der große Puncher. Der Kampf wurde schließlich wie im Profiboxen üblich - das ist ja längst bekannt - mit Hilfe von Bestechung arrangiert.
SPOX: Alle Experten waren sich nach dem Kampf einig, dass Sie gewonnen hätten. Doch Foreman wurde zum Sieger nach Punkten erklärt.
Schulz: Wenn du als Außenseiter im Ausland den Weltmeister schlagen willst, dann musst du ihn einfach umhauen. Das habe ich leider nicht geschafft, obwohl ich in diesem Kampf über mich hinausgewachsen bin. Ganz ehrlich: Ich zehre von diesem Spektakel doch noch heute. Es war ein riesiges Glück, dass ich gegen Foreman boxen durfte. Einfach genial, trotz des Ausgangs sozusagen mein Durchbruch. Wegen dem Namen Foreman erregte der Kampf weltweit Aufsehen. Außerdem gab es anschließend wegen dem Urteil weltweit Proteste, dass das Boxen bestechlich sei. Foreman wurde vom Verband zu einem Rückkampf verdonnert, er lehnte diesen aber leider ab und legte seinen Gürtel nieder.
SPOX: Ist Ihnen damals erstmals richtig bewusst geworden, dass es im Boxen nicht immer mit rechten Dingen zugeht?
Schulz: Nein, damals habe ich das noch auf den Heldenstatus von Foreman geschoben. Richtig bewusst wurde es mir erst im Dezember 1995 in Stuttgart.
SPOX: Beim Kampf gegen den Südafrikaner Francois Botha, bei dem es erneut um den WM-Titel ging.
Schulz: So ist es. Wenn Don King am Ring sitzt und du weißt, er gehört der anderen Seite an, dann ist dir klar, dass du nicht gewinnen kannst. Unter uns Boxern war jedem klar: Wenn du bei Don King unter Vertrag stehst, dann gewinnst du auch.
SPOX: Botha wurde vor über 18 Millionen Fernsehzuschauern zum Sieger nach Punkten erklärt, das Publikum in Stuttgart witterte erneut ein krasses Fehlurteil und warf Gläser und weitere Gegenstände in den Ring.
Schulz: Das habe ich in dem Moment gar nicht registriert, was da alles geflogen kam. Ich war wie in einem Tunnel. Ich muss aber zugeben, dass der Kampf gegen Botha auch nicht mein bester war.
Axel Schulz über falsche Freunde und sein Fight gegen Michael Moorer
SPOX: Nach dem Kampf machten Sie eine schwierige Phase durch.
Schulz: Es wollte keine Sau mehr etwas von mir wissen. Kein Manager, einfach keiner. Nur wahre Freunde meldeten sich noch. Erst als herauskam, dass Botha beim Kampf gegen mich gedopt war und das Ergebnis annulliert wurde, riefen mich plötzlich die ganzen Arschlöcher wieder an. Diese Erfahrung war für mein Leben prägend und half mir dabei, zwischen Freunden und Schulterklopfern zu unterscheiden.
SPOX: Im Juni 1996 erhielten Sie gegen Michael Moorer in Dortmund die dritte WM-Chance. War das sozusagen die einzig wirklich verdiente Niederlage in Ihren drei WM-Kämpfen?
Schulz: Gegen Moorer habe ich zurecht verloren, obwohl es nur ein 2:1-Urteil war. Das war ein enges Ding, ging aber in Ordnung.
SPOX: Medien und Fans sind mit Leistungssportlern häufig unerbittlich, man läuft schnell Gefahr, als Verlierer abgestempelt zu werden. Bei Ihnen scheint es anders zu sein, Sie sind trotz der Niederlagen in den entscheidenden Momenten beliebt. Nehmen Sie das auch so wahr?
Schulz: Ja, das tue ich. Die Leute sehen meiner Meinung nach, dass man als Profisportler verletzbar, ja einfach besiegbar ist. Aber sie akzeptieren es, wenn man immer wieder aufsteht und weitermacht. Und das habe ich getan.
Axel Schulz: Tyson hätte mir den Kopf runtergehauen
SPOX: Beispielsweise 1999, als Sie in einem Ihrer drei Fights um die Europameisterschaft gegen Wladimir Klitschko antraten. Sie waren allerdings chancenlos.
Schulz: Dabei hatte ich wirklich geglaubt, ihn besiegen zu können. Die Sache war so: Ich hatte ein Angebot, gegen Tyson zu boxen. Aber der hätte mir vermutlich den Kopf runtergehauen. Wladimir hingegen hatte kurz zuvor gegen Ross Puritty verloren, weshalb ich ihn für angeschlagen hielt. Sauerland und Wolke - allen waren gegen den Kampf. Nur ich wollte unbedingt die Entscheidung für mich haben, ob ich nochmal in die Weltspitze stoßen kann oder eben nicht. Was dann im Ring passierte: Oh, oh, oh. Wladimir hat mich bis zur achten Runde stehen lassen. Er hätte mich schon viel früher K.o. schlagen können, was dann auch nicht so schmerzvoll gewesen wäre. (lacht) Wladimir war ein grandioser Boxer und ist ein überragender Typ. Wir sind mittlerweile befreundet und telefonieren auch ab und zu.
SPOX: Ihre Karriere war damit vorerst beendet. Doch 2006 wagten Sie ein Comeback gegen Brian Minto, dem Sie unterlagen. War es ein Fehler, zurückzukehren?
Schulz: Nein. Weil ich durch den Kampf gegen Minto nicht mehr in Versuchung gekommen bin, es noch später mit einem Comeback zu versuchen. Diese Gefahr hätte ohne den Fight gegen Minto meiner Meinung nach bestanden.
SPOX: Sie wirken so, als wären Sie mit Ihrer Laufbahn komplett im Reinen.
Schulz: Das ist auch so. Ich habe mehr erreicht, als ich jemals zu träumen gewagt hätte. Ich habe das große Glück, mit dem Boxen so viel Geld verdient zu haben, um heute nur in überschaubarem Maße arbeiten zu müssen. Meiner Familie geht es ebenfalls gut. Worüber soll ich mich beklagen?
SPOX: Und Sie haben ein weiteres Hobby zum Beruf gemacht. Man kann Sie inklusive Ihrer eigenen Produkte zum Grillen engagieren.
Schulz: Genau. Deshalb möchte ich mich übrigens auch bald mit Foreman treffen. Ich würde gerne mit ihm zusammenarbeiten. Er mit seinen Grills, ich mit meinen sehr leckeren Grillsaucen - da würde sich der Kreis irgendwie schließen. (lacht)