Der Name Sauerland stand für die goldenen 1990er Jahre des deutschen Boxsports - nun ist er Geschichte: Der Boxstall, der mit Stars wie Henry Maske, Graciano Rocchigiani oder Sven Ottke Hand in Hand mit dem Privatsender RTL zu Ruhm und Reichtum gelangte, verliert seine Selbstständigkeit.
Das Lebenswerk des Gründers Wilfried Sauerland (81) geht auf im US-Sportgiganten Wasserman, der in Los Angeles beheimatet ist.
Für Kalle Sauerland (43), Sohn des Gründers und zuletzt Geschäftsführer im Unternehmen, ist dies jedoch nicht das Ende einer Ära, sondern ein wichtiger Schritt in die Zukunft.
Wasserman repräsentiert weltweit mehr als 2000 Sportler
"Wasserman ist der Traum-Partner für Team Sauerland", sagt der Junior, der mit seinem Bruder Nisse (41) die neue Boxsparte bei Wasserman leiten wird. "Ihre Expertise und Erfahrung im Boxsport sind unübertroffen, und wir sind begeistert, Wassermann Boxing ins Leben zu rufen", sagt Casey Wasserman, CEO beim gleichnamigen Marketingriesen.
Dessen Portfolio konnte sich auch ohne den Boxstall mit dem in Deutschland großen Namen mehr als sehen lassen. Wasserman repräsentiert weltweit mehr als 2000 Sportler aus 42 unterschiedlichen Sportarten, darunter Superstars wie Steven Gerrard, Russell Westbrook, Rickie Fowler, Megan Rapinoe, Marshawn Lynch und Jamie Vardy. Nun kommen die Boxer aus Deutschland hinzu, alle Verträge, die Sauerland mit den Kämpfern hatte, sollen übernommen werden.
Doch das Team Sauerland, gegründet 1978, hat auf dem Heimatmarkt längst an Strahlkraft verloren. Heute heißen die Aushängeschilder Mairis Briedis (Cruisergewicht) und Chris Eubank junior (Super-Mittelgewicht). Boxkämpfe, nicht nur von Sauerland, sind aus der deutschen Fernsehlandschaft weitgehend verschwunden. Kalle Sauerland richtete das Unternehmen internationaler aus, er widmete sich zuletzt der von ihm ins Leben gerufenen World Boxing Super Series.
"Dieser Deal markiert den Beginn einer neuen Ära im Boxen"
Bei Wasserman wird er der neue "Global Head of Boxing" und kündigt bereits an: "Dieser Deal markiert den Beginn einer neuen Ära im Boxen. Unser gemeinsames Ziel ist es, weltweit das führende Boxunternehmen zu werden." Was das für den Heimatmarkt bedeutet, dürfte abzusehen sein, auch wenn Sauerland betont, wieder große Kämpfe nach Deutschland holen zu wollen.
Was bleibt ist die Erinnerung an große Kampfabende vor bis zu 20 Millionen Zuschauer. An den "Gentleman" Maske, "Rocky" Rocchigiani oder den legendären Trainer Uli Wegner, dem Ende 2019 gekündigt wurde.
Mehr als 1000 Kampfabende organisierte Sauerland, mehr als 50 Weltmeister standen beim Berliner Boxstall unter Vertrag. Der Abschied des Unternehmens aus der Heimat unterstreicht ein weiteres Mal, wie sehr die Bedeutung des Boxens in Deutschland gelitten hat.
Die goldenen 1990er Jahre, als Wilfried Sauerland gemeinsam mit Henry Maske und RTL in Deutschland die Boxwelt revolutionierte, sind endgültig Geschichte.