10. Mach ma' hinne! Bevor wir - ganz im Sinne des Ally Pally - nur noch am feiern sind, erst einmal das Negative vorweg. Die Darts-WM ist vorbei. Schade, war aber irgendwann eben auch fällig. Wir haben gefeiert, aufgeschrien, bei acht perfekten Darts stand die halbe Redaktion und hatte bereits die Hände auf dem Hinterkopf liegen.
Nur bei einem haben wir irgendwie gelitten. Sorry lieber Mensur, aber Darts ist Sport, der übers Tempo kommt. Ganz ehrlich. Einschlafen wollen wir nicht, wenn jemand an die Scheibe tritt. Darts - das ist Extremsport! Da kann man sein Gegenüber mit tiefem Einatmen und Ausatmen und Einatmen und Ausatmen und Einatmen und Ausatmen nicht aus der Konzentration bringen.
Wir stehen am Oche und sind nicht beim Geburtsvorbereitungskurs. Atmen ist für Anfänger. Schmeiß doch die Dinger rauf. Ok. Einatmen. Ausatmen. So schlimm war es nämlich nicht. Aber der gute Österreicher ist dann doch eben etwas langsam im Vergleich zum Rest.
Da geloben wir uns einfach Spieler, die das Ganze fix angehen. Jamie Caven gegen Ricky Evans etwa. Ganze 23 Minuten brauchte Jabba für seinen 4:0-Sieg in der ersten Runde. Noch mehr Respekt verdient er sich by the way, wenn man seine Geschichte kennt.
9. Nine-Fucking-Darter: Der Flying Scotsman schickt seinen Pfeil luftig locker aus dem Handgelenk auf die Reise. Abwarten. Die Anspannung im Ally Pally ist kaum auszuhalten. Dann die Erlösung. Er steckt in der Doppel 12. Endlich! Die Zuschauer vor Ort drehen völlig am Rand und kippen sich standesgemäß noch den ein oder anderen Pitcher in die Rübe.
Darts-Fans aller Verkleidungen würden Gary Anderson in diesem Moment am Liebsten um den Hals fallen und ihm für das lang ersehnte perfekte Spiel danken. Und womit? Mit Recht. Überhaupt hätte es keinen besseren Zeitpunkt für das Spektakel geben können. Nicht, weil sich Anderson dadurch den ersten Durchgang auf die Rechnung schreiben durfte und das wohl langweiligste WM-Halbfinale der Darts-Geschichte locker ins Ziel schipperte - dieses Match hätte der Schotte wohl auch nach dem Genuss edelsten Whiskeys spielend leicht gewonnen.
Vielmehr schließt sich ein künstlich herbei argumentierter Kreis: Anderson warf den klassischsten aller Neun-Darter - begonnen mit einer schönen onehundredandeighty, gefolgt von einer nicht weniger hübschen onehundredandeighty, garniert mit einem soliden 141er Finish über die besagte Doppel-12 - auf den Tag genau sieben Jahre nach dem allerersten bei einer PDC-WM. Und wer war das nochmal?
8. Der (fast) unschlagbare Barney: Riiiiiiiichtig, es war kein Geringerer als The Man! Cooler Typ, dieser Niederländer. Das bewies Barney dieses Jahr aufs Neue. Zurück gegen Bunting? Who cares. Zurück gegen Mighty Mike? Juckt doch einen van Barneveld nicht. Aussichtslos zurück gegen den heiß gelaufenen Bully Boy? Aussichtslos? Fehler der Redaktion.
Aufgeben wird für Barney einfach nie eine erstzunehmende Option darstellen. In beeindruckender Manier ließ sich Barney nicht aus seiner stoischen Ruhe bekommen und fightete seine Gegner mit unfassbar geilen Comebacks regelrecht in Grund und Boden. Besonders vom Achtelfinal-Wahnsinn gegen den Topfavoriten wird der frisch gebackene Opa noch öfters vorm van barneveldschen Kamin erzählen.
Erst im Halbfinale blies er zu spät zur Aufholjagd. Da war die Hypothek von 0:5-Rückstand gegen den Jackpot selbst für Raymond "The Comeback" van Barneveld eine Nummer zu groß. Trotzdem durfte sich Barney völlig zurecht für seine sensationellen Auftritte von der Barney-Army und seinem Edel-Ultra Huntelaar gebührend abfeiern lassen.
7. Onehundredandeightyyyy: Abfeiern. Das ist der Hauptauftrag für die Fans bei der Darts-WM. Aber auch die betüdelsten Batmans, Schlümpfe und Troopers sind beim Zelebrieren des Geschehens auf die Unterstützung der Bühnen-Akteure angewiesen. Und Anderson und Co. ließen ihre Anhänger nicht im Regen stehen: Insgesamt schmetterten die Pfeile-Experten 654 Maximums (Obacht: Nicht[!] Maxima, da aus dem Englischen abgeleitet) auf das Board - der Rekord aus dem letzten Jahr (625) wurde mal eben pulverisiert.
Einen Bärenanteil steuerte Adrian Lewis bei, dem seine gefühlt 783 onehundredandeightyyyyyyys (der geneigte Leser möge sein Schild in die Höhe reißen) aber dennoch nicht zum Titel reichten. Der 180er-Wahnsinn - 9.21 pro Match für alle Kleinpfeilwurfstatistiknerds - ging sogar soweit, dass sich Dirk van Duijvenbode gar nicht mehr im Griff hatte und einfach nur wild aus allen Rohren feuerte. Dirk van wer? Der Mann muss jedem Darts-Fan ein Begriff sein. Warum? Nunja, nicht unbedingt, weil er besonders präzise mit Pfeilen auf ein Board werfen kann (55 der Welt), dafür aber als Adam Riese des Darts mit sensationellen Rechenkünsten glänzt. Als er in der ersten Runde gegen Barney noch 180 auf der Uhr hatte, ließ er sich nicht zweimal bitten und löschte kurzerhand das Maximum-Finish. Oh wait... Immerhin: Beim Walk on hinterlässt der Niederländer einen besseren Eindruck. Beweis gefällig?
6. Das germanische Abschneiden: Aber nicht nur bei van Dujvenbode war der Wurm drin. Auch die germanischen Pfeilejongleure warfen reihenweise Backsteine an die Wand und gingen allesamt in der ersten Runde baden. Selbst die deutsche Nachwuchshoffnung Max Hopp musste sich eingestehen, dass er (noch) kein ganzer van Barneveld ist.
Zwar ließ er seinen Gegner in bester Barney-Manier erstmal davon galoppieren, doch der 19-Jährige holte zu spät das Lasso raus und so blieb es bei der halben Barney-Imitation. Immerhin einen Quali-Sieg konnten die deutschen Fans bejubeln: Rene Eidams war zwar gegen Thanawat Geweenuntawong offenbar mehr mit der Aussprache des thailändischen Namens als mit seinem Spiel beschäftigt, für einen Erfolg der Kategorie mühevoller Arbeitssieg reichte es dennoch.
Mehr Glanz versprühte Eidams in der Hauptrunde, als er es Hopp gleich tat und im Barney-Syle auftrat. Erstmal chillen, den Gegner machen lassen und wenn der sich dann in Sicherheit wähnt, selbst die Darts in die Hand nehmen. Blöd nur, wenn der Gegner einen feuerroten Kopf bekommt und Michael van Gerwen heißt...
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