SPOX: Die EM ist natürlich ein Großereignis. Ist es ein Jahr vor Olympia nicht aber trotzdem so, dass der Fokus schon voll in Richtung Rio geht?
Fürste: Nein. Als Sportler kategorisiert man Wettkämpfe nicht. Es gibt keinen A-, B- oder C-Wettkampf. Für einen Sportler ist immer die nächste Veranstaltung die alles entscheidende. Wenn wir das EM-Finale verlieren, dann sag ich ja nicht: Och, egal. Vor drei Jahren sind wir ja Olympiasieger geworden und vielleicht werden wir es kommendes Jahr wieder. Der Fokus liegt jetzt komplett auf der EM. Danach nehmen wir Rio ins Visier.
SPOX: Lassen Sie uns dennoch kurz in Richtung Olympia schielen. Sie könnten nach 2008 und 2012 die dritte Goldmedaille in Folge holen. Was fasziniert Sie denn generell an Spielen? Sie gelten als großer Freund des Olympischen Dorfes.
Fürste: Es ist unglaublich, so besonders. Ich habe schon oft versucht, Worte dafür zu finden. Aber diese Atmosphäre kann man einfach nicht beschreiben.
SPOX: Auch wegen Ihrer Liebe für Spiele sind Sie Olympia-Botschafter für Hamburg 2024. Warum wäre Hamburg genau die richtige Stadt dafür?
Fürste: Ehrlich gesagt bin ich relativ stadtunabhängig. Ich bin einfach der Meinung, dass die Olympischen Spiele mal wieder nach Deutschland müssen. Wir regen uns berechtigterweise darüber auf, wo die Spiele zuletzt und in den kommenden Jahren überall stattgefunden haben beziehungsweise stattfinden. Aber man kann sich nicht immer hinstellen und sagen: Da geht es nicht. Man muss auch mal sagen: Bei uns geht es! Ich finde es deshalb sensationell, dass sich Hamburg für die Bewerbung entschieden hat. Unabhängig davon hat Hamburg ein nachhaltiges Konzept, das finanziell vertretbar ist. Es wären außerdem die Spiele der kurzen Wege. Es wäre ein aufregendes Ereignis für das ganze Land und auch für alle Athleten.
SPOX: Können Sie nicht nachvollziehen, dass manche Bürger auch aufgrund der Vorlagen des IOC skeptisch sind, wenn Spiele in Deutschland stattfinden sollen? In München ist die Olympiabewerbung beispielsweise am Votum der Bürger krachend gescheitert.
Fürste: Ich kann es nicht so richtig nachvollziehen, habe aber Verständnis dafür, weil ich mir erklären kann, wo es herkommt. Ich glaube, diese Ablehnung resultiert A aus einer Zufriedenheit heraus. Also dass Menschen in ihrer Ist-Situation so zufrieden sind, dass sie Angst vor Veränderungen haben. Das ist besonders bei der älteren Generation noch der Fall und dürfte auch in München so gewesen sein. B ist die mangelnde Kommunikation ein Problem. Die Menschen müssen wissen, was wirklich hinter Olympia steckt und müssten dann nicht mit Halbwissen argumentieren. Jeder, mit dem ich intensiv über Olympia in Deutschland gesprochen habe, sagte hinterher: Ah, okay. So wird das oder das finanziert. Das wusste ich gar nicht, ist ja interessant. Ich halte es für verdammt wichtig, aufzuklären.
SPOX: Ihnen kann man sicher nicht vorwerfen, dass Sie vor Veränderungen zurückschrecken. Sie sind nun schon mehrmals nach Indien gewechselt, wo im Winter innerhalb von ein paar Wochen die Meisterschaft ausgespielt wird. Das System ist ungewohnt, die Klubs ersteigern die Spieler bei einer Auktion.
Fürste (lacht): Genau. In Indien wurde ich im Prinzip wie ein Gegenstand versteigert.
SPOX: Ist das nicht ein seltsames Gefühl?
Fürste: Im Gegenteil. Ich fand das sogar super lustig. Man wird ja nicht nur von einem Klub ersteigert, sondern dabei wird auch gleich das Gehalt mitversteigert. Deshalb sitzt man da und hofft immer, dass die Angebote noch höher gehen. Eigentlich ist es - bei einer Neugründung - die fairste Art und Weise der Teamzusammenstellung. Jeder hat im Grunde die gleichen Chancen.
SPOX: Sind Sie bei dieser Auktion vor Ort?
Fürste: Nein. Beim letzten Mal verfolgte ich die Auktion via Livestream, vier oder fünf Stunden lang. Das war ziemlich aufregend.
SPOX: Es geht Ihnen dabei - das sagen Sie ganz offen - auch ums Geld. Man kann um die 85.000 Dollar verdienen.
Fürste: Ja, absolut. Das ist viel mehr als in Deutschland, wo es bis zu 2000 Euro gibt und vielleicht noch ein Auto plus Wohnung gestellt wird.
SPOX: Außerdem ist die Hockey-Begeisterung der Menschen nicht mit der in Deutschland vergleichbar. Erzählen Sie.
Fürste: Die Stadien sind mit bis zu 20.000 Zuschauern besetzt. Vor und nach dem Spiel sind die Moderatoren auf dem Platz, am Spielfeldrand gibt es ein Sportstudio. Im Prinzip herrscht dort normale Fußball-Atmosphäre, nur sehr viel lauter. Die Inder machen alles sehr viel lauter.
SPOX: Wie haben Sie Indien erlebt?
Fürste: Ich war inzwischen sieben oder acht Mal dort. Es ist eine völlig andere Welt, in der man erstmal klar kommen muss. Das wird einem immer erst so richtig bewusst, wenn man wieder nach Deutschland zurückkommt. Wenn man dann auf dem Weg vom Flughafen nach Hause ist, überrascht einen die Ruhe, obwohl man mitten im Berufsverkehr steckt (lacht).
Seite 1: Fürste über die DHB-Stärke, seinen Aufstieg und Hockey im Fußball-Schatten
Seite 2: Fürste über Olympia, Hamburgs Bewerbung und seine Abenteuer in Asien