"Gerade im Moment weiß ich gar nicht so richtig, wie ich mich fühlen soll", sagte die 22-Jährige im Interview mit der ARD unmittelbar nach Rennende. "Es fällt irgendwie alles von mir ab. Ich muss das erst mal realisieren. In den letzten 24 Stunden habe ich nur an den Race-Plan gedacht."
Klosterhalfen musste sich nach 14:28,43 Minuten nur den beiden Kenianerinnen Helen Obiri (14:26,72) und Margaret Kipkemboi (14:27,49) geschlagen geben. Sie holte damit als erste deutsche Läuferin über diese Distanz eine WM-Medaille und die vierte für das DLV-Team in Katar - trotz des ganzen Doping-Wirbels um Alberto Salazar.
"Das Schwierigste war, ruhig zu bleiben. In einem Sprintrennen eine Medaille rauszuholen, hätte ich nie gedacht", sagte Klosterhalfen. Obiri verteidigte mit einem Start-Ziel-Sieg erfolgreich ihren Titel und ist mit 29 Jahren und 296 Tagen die älteste Weltmeisterin der Geschichte über diese Distanz.
Klosterhalfen bleibt cool und liefert ab
In Doha lieferte Shootingstar Klosterhalfen, die alle nur "Koko" nennen, endgültig ihr Meisterstück ab. Sie fuhr auch mal die Ellenbogen aus, um ihre Position zu verteidigen und verhielt sich taktisch sehr klug - immer knapp hinter der Spitze laufend. Von Remplern und Tritten der Konkurrentinnen ließ sie sich nicht aus der Ruhe bringen. "Als wir eine kleinere Gruppe waren, trat immer jemand von hinten rein", schilderte sie die Kämpfe im Feld.
Fünf Runden vor Schluss waren dann nur noch sechs Läuferinnen vorne mit dabei, das Tempo wurde immer schneller. Doch Klosterhalfen hielt mit, musste Obiri und Kipkemboi erst in der letzten Kurve ziehen lassen.
"Es war schwierig ruhig zu bleiben. Zwei Runden vor Schluss hat die Konkurrenz dann gezuckt. Da wusste ich, dass es jetzt um alles geht. Am Ende sind meine Beine schwer geworden. Deswegen bin ich sehr glücklich, eine Medaille bekommen zu haben." Sie sei ruhiger gewesen als vor dem Vorlauf. "Dass ich da jetzt vorne mitlaufen konnte, ist wirklich cool. Ganz nach vorne zu gehen, wäre vielleicht für mich auch eine Option gewesen. Aber ich habe da auf meinen Trainer gehört, und das war auch ganz gut so."
"German Wunderkind" Klosterhalfen stellt sechs deutsche Rekorde auf
Insgesamt sechs deutsche Rekorde hatte das "German Wunderkind" in diesem Jahr aufgestellt, doch erst jetzt ist sie ganz oben angekommen, setzte auch auf der ganz großen Bühne ein Zeichen nach all den Salazar-Schlagzeilen in den vergangenen Tagen.
Klosterhalfen trainiert ja seit Ende 2018 in den USA unter Pete Julian, seit April gehört sie offiziell dem umstrittenen Nike Oregon Project (NOP) an. Dessen bisheriger Cheftrainer und Gründungsvater Salazar war am Dienstag wegen Verstößen gegen die Anti-Doping-Regeln für vier Jahre gesperrt worden. Klosterhalfen wollte all das ausblenden - für den ganz großen Traum.
"Es hat mich gar nicht abgelenkt. Mich hat das nicht tangiert", sagte sie nach dem Finale. Tatsächlich geht es bei den Verfehlungen, die die US-Anti-Doping-Behörde USADA gegen den Trainer-Guru Salazar zusammentrug, um die Jahre 2010 bis 2014. Also um eine Zeit, in der Klosterhalfen noch nicht vor den Toren Portlands an ihrer Form feilte.