SPOX: Herr Heidfeld, am Samstag beginnt die Formel-E-Saison. Sind Sie als erfahrener Rennfahrer aufgeregt, bei der ersten rein elektrisch angetriebenen Motorsportserie der Welt neben Daniel Abt als einer von zwei deutschen Piloten dabei zu sein?
Nick Heidfeld: Sogar sehr. Es ist für alle das erste Rennen, alles ist ganz neu, keiner weiß wirklich, was ihn erwartet. Wir haben zwar Testfahrten mit simulierten Zeittrainings und Rennen gehabt, aber wenn es wirklich um die Wurst geht, steigt die Spannung.
SPOX: Die Vorbereitungen betreibt der Formel-E-Geschäftsführer Alejandro Agag seit mehreren Jahren. Waren Sie von Anfang an überzeugt?
Heidfeld: Ich war von Anfang an interessiert. Die Serie hat großes Potenzial. Es geht dann vor allem um die Umsetzung und da hat sich im letzten Jahr sehr viel Positives getan. Das war einer der ausschlaggebenden Punkte, warum ich mich für die Teilnahme entschieden habe. Ich hatte in den letzten Jahren in den Sportwagen so viel Spaß, dass ich eigentlich nichts anderes machen wollte. Jetzt mache ich doch beide Sachen gleichzeitig und will mir anschauen, wie es läuft. Dabei zählt nicht nur der Erfolg, sondern auch der Spaßfaktor und das Zeitmanagement. Denn zwei Serien gleichzeitig bedeuten Aufwand.
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SPOX: Es gibt einige, die die Serie kritisch betrachten. Ihr früherer BMW-Teamkollege Sebastian Vettel sagte etwa, die Formel E sei "Käse". Was würden Sie ihm entgegenhalten?
Heidfeld: Ich verstehe mich sehr gut mit Sebastian und weiß nicht, in welchem Zusammenhang er das gesagt hat. Ich denke aber, dass die Formel E momentan nicht gegen die Formel 1 antreten kann und das auch gar nicht möchte. Das Konzept ist ganz anders. Die Serie hat aber ihre Berechtigung, wenn man die Entwicklung der Elektromobilität und das Interesse der Hersteller daran bedenkt. Wie erfolgreich das wird, müssen wir sehen. Auch wenn die Formel 1 derzeit mit Negativschlagzeilen zu kämpfen hat, ist sie die Spitze des Motorsports und wird das noch lange bleiben. Das heißt aber nicht, dass es daneben nichts anderes geben kann.
SPOX: Dass die neue Serie nicht direkt mit der Formel 1 konkurriert, wird auch beim Blick auf die Leistungsdaten deutlich. Die Rundenzeiten bei den Tests waren eher auf Formel-3-Niveau. Wie fühlen sich die Autos für den Fahrer an?
Heidfeld: Mit der Formel 1 verglichen, ist das natürlich bescheiden. Wir haben im Qualifying knapp 300 PS und die Autos sind 900 Kilo schwer. Eine weitere Besonderheit: Wir fahren mit Profilreifen von Michelin, nicht mit Slicks. Das macht es zwar langsamer, aber wir können damit im Trockenen und im Nassen fahren. Letztlich ist es aber so: Es sind Monoposto-Autos, ganz normale Rennautos. Jedes Auto ist schwierig am Limit zu bewegen und genau dann macht es Spaß. Es gibt aber noch einen anderen Grund, warum ich eingestiegen bin...
SPOX: Ja?
Heidfeld: Ich habe gesehen, was es für Gegner gibt. Mit dem Fahrerfeld müssen wir uns nicht hinter der Formel 1 verstecken. Weltmeister sind nicht dabei, aber viele, die nicht nur in der Formel 1, sondern in anderen Serien sehr erfolgreich waren. Hier fahren keine Pfeifen rum. Das wertet die Serie in meinen Augen auf: Ich werde Spaß haben, gegen die anderen Fahrer zu kämpfen.
SPOX: Sie sind nicht der einzige aus Ihrer Familie, der in der Formel E aktiv ist. Ihr Bruder Sven wird die Rennen in Deutschland kommentieren. Haben Sie als großer Bruder schon mit Konsequenzen gedroht, wenn er Sie kritisiert?
Heidfeld: Im Gegenteil. Er muss mich kritisieren. Dass er die Rennen kommentiert, mag im ersten Moment positiv aussehen, aber die Zuschauer haben das sicher im Hinterkopf. Bei einem nahen Verwandte würde gleich der Verdacht aufkommen: "Der sagt nur was Positives, weil es der Bruder ist."
SPOX: Bei einer Einheitsformel denkt man eigentlich meist an wenig fehleranfällige Autos, das Gegenteil ist bei den Hybridfahrzeugen in der Formel 1 der Fall. Wie ist das bei der Formel E? Haben die Teams die neue Elektro-Technik schon komplett im Griff?
Heidfeld: Große Probleme wird es nach den Tests nicht geben, denke ich. Die meisten konnten wir schon aussortieren. Aber auch bei einer Einheitsserie ist es nicht so, dass von Anfang an alles ausgereift ist. Es gibt immer Situationen in der Saison, die man nicht simulieren kann und die erst bei fortschreitender Kilometerzahl auftreten. Man weiß leider nie, was auf einen zukommt.
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