Saison 2011: Die Top-Ten-Transfers im Radsport

Von Torsten Adams
Andy Schleck (l.) und Alberto Contador: Werden die beiden auch 2011 um den Toursieg kämpfen?
© Getty
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5. Gerald Ciolek (24/GER), Quick Step (Milram)

Ein zweiter Etappenplatz bei der Tour und ein Etappensieg bei der Bayern-Rundfahrt: Das waren Cioleks überschaubare Highlights in diesem Jahr. Nach dem Milram-Aus trat Teammanager Gerry van Gerwen gegen ihn und Co-Kapitän Gerdemann nach: "Sie haben die Erwartungen komplett nicht erfüllt." Cioleks Fähigkeiten als sprintstarker Bergfahrer auf der einen und berggängiger Sprinter auf der anderen Seite haben ihn allzu oft im Mittelmaß versinken lassen.

Beim belgischen Team Quick Step fängt Ciolek gewissermaßen neu an. Er ist nicht mehr der Star im Team, sondern muss sich in der Hierarchie zunächst einmal hinter etablierten Routiniers wie Tom Boonen und Sylvain Chavanel anstellen. Die "Degradierung" birgt aber auch Vorteile: Bei den Frühjahrsklassikern werden die Augen nicht mehr ausschließlich auf ihn gerichtet sein. Presse- und Publikumsmagnet Boonen nimmt durch seine charismatische Art eine Menge Druck von seinen Teamkollegen weg. Für Ciolek geht es in der kommenden Saison in erster Linie darum, sein Fahrerprofil zu schärfen. Er muss sich entscheiden: reiner Sprinter oder doch Klassiker-Jäger?

4. Andre Greipel (28/GER), Omega (Columbia)

Der logischste Wechsel der Saison. Zu oft hatten sich die derzeit weltbesten Sprinter Greipel und Mark Cavendish in den Haaren. Gegenseitige Hasstiraden ließen den Respekt voreinander auf den Nullpunkt schmelzen. Da konnte auch Sprint-Berater Erik Zabel nicht mehr schlichten. Die beiden Erzrivalen in einem Team - das konnte nicht lange gut gehen.

Greipel, mit 21 Siegen erfolgreichster Profi des Jahres 2010, nimmt zum Team Omega mit Marcel Sieberg, Adam Hansen und Vicente Reynes geballte Anfahrerpower mit. Bereits im Januar kommt es bei der Tour Down Under zum ersten Sprintgipfel zwischen dem 28-Jährigen und Cavendish. Greipel gewann die Rundfahrt 2008 und 2010 und ist heiß auf die Titelverteidigung. Der "ManXpress" will ihm in die Suppe spucken. Fortsetzung folgt im Juli in Frankreich.

3. Fabian Cancellara (29/SUI), Lux. Pro Cycling Project (Saxo Bank)

Offiziell ist sein Wechsel noch nicht. Aber alles andere als eine Unterschrift beim Schleck-Team wäre eine Sensation. Und was gab es ein Tohuwabohu um Cance. Die Verpflichtung von Alberto Contador sei der Grund für seinen Wechsel nach Luxemburg, ließ der Zeitfahr-Weltmeister verlauten: "Bjarne Riis war sehr wichtig für meine Karriere, aber als Alberto Contador verpflichtet wurde, wusste ich, dass das für mich erhebliche Veränderungen bedeuten würde. Ich kann es mir nicht leisten, eine Saison nicht an der Spitze zu sein und meine Balance zu verlieren."

Riis bezichtigte ihn in seiner Retourkutsche der Lüge. Der Schweizer habe schon viel früher Abwanderungsgedanken gehegt - ohne dies dem Dänen mitzuteilen. "Sein Verhalten ist eine große Enttäuschung. Das ist eines Weltmeisters nicht würdig", schimpfte Riis. Nun hat die Ära Cancellara bei Saxo Bank also ein Ende und reißt ein großes Loch in das dänische Team. Die Schlecks holen sich mit "Spartakus" einen alten Vertrauten, den aktuell besten Klassikerfahrer sowie eine Zeitfahrmaschine par excellence an ihre Seite. Mit dem Schweizer erweitert sich das Repertoire an Möglichkeiten für das Luxemburger Team enorm und katapultiert es bereits in den Frühjahrklassikern in die Favoritenrolle.

2. Alberto Contador (27/ESP), Saxo Bank (Astana)

Was wird aus Contador? Nach dem Clenbuterol-Fund beim 27-Jährigen hat der Weltverband UCI die Einleitung eines Doping-Verfahrens gefordert. Dem Spanier drohen eine Sperre von bis zu zwei Jahren und die Aberkennung seines Toursieges, da die positive Probe im Verlauf der Rundfahrt genommen wurde. Nun muss der spanische Radsportverband über den Madrilenen entscheiden.

Ganz gleich wie das Urteil ausfallen wird: Einer der beiden Parteien wird vor den internationalen Sportgerichtshof CAS ziehen. Prognose: völlig ungewiss. Das meint auch Voigt: "Ob Contador im Juli bei der Tour fährt, weiß momentan niemand."

Sollte der Spanier starten dürfen, wird das Team Saxo Bank komplett auf ihn zugeschnitten sein. Contador ist der alleinige Leader, die Verteidigung des Toursieges hat absolute Priorität. Der "Pistolero" hat mit seinen Landsmännern Jesus Hernandez, Daniel Navarro und Benjamin Noval seine komplette Hofgarde von Astana zum Riis-Team geschleust. In den Rennen außerhalb der Tour wird Saxo Bank den Erfolg vergangener Jahre allerdings nicht annähernd wiederholen können. Zu schwer wiegt der Verlust der großen Namen Schleck, Cancellara und Voigt, zu groß ist der Aderlass bei den jungen Emporkömmlingen wie Breschel, Lund oder Fuglsang, die Riis allesamt den Rücken kehren.

1. Andy und Fränk Schleck (LUX), Lux. Pro Cycling Project (Saxo Bank)

Es ist der größte Deal der kommenden Saison, das neue Topteam am Radsport-Himmel. Innerhalb kürzester Zeit hat es der neue Teamchef und ehemalige Saxo-Bank-Sprecher Brian Nygaard geschafft, unter dem vorläufigen Namen "Luxembourg Pro Cycling Project" das wohl schillerndste aller 18 ProTeams zu formen. Mit im Boot: Die halbe Saxo-Bank-Armada von Cancellara und Voigt über zahlreiche Mechaniker und Masseure bis hin zum ehemaligen Sportlichen Leiter Kim Andersen.

Aushängeschilder des Teams sind aber die Schleck-Brüder. Die beiden gibt es nur im Doppelpack. Andy und Fränk haben für vier Jahre unterschrieben, angelegt ist das Projekt auf zunächst fünf Jahre. "Das Team wurde in einer ähnlichen Weise wie Garmin-Slipstream oder High Road-Columbia einige Jahre zuvor entworfen. Bis dato haben wir viele kleine Geldgeber, aber der Hauptsponsor fehlt noch", sagt der jüngere der Schlecks. Deshalb wird der endgültige Mannschaftsname erst zu gegebener Zeit verkündet werden.

Nygaard macht keinen Hehl daraus, dass der Toursieg das anvisierte Ziel seines neuen Projekts ist: "Wir werden Andys Favoritenrolle nicht herunterspielen." Und auch Voigt sieht seine neue Mannschaft durchaus konkurrenzfähig: "Natürlich wird die Tour ein Höhepunkt im Rennkalender sein und mit den Schlecks haben wir zwei heiße Eisen im Feuer. Doch mit Cancellara und Daniele Bennati sind wir auch im Zeitfahren, in den Klassikern und im Sprint sehr gut aufgestellt."

Diashow: Die Tops und Flops der Tour de France 2010

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