"Ich kann nicht sagen, dass ich allzu glücklich bin. So viele Punkte habe ich verloren - das war nicht unser Tag", meinte Kittel, der in der Hitze des Zentralmassivs gnadenlos abgehängt worden war.
Matthews und sein deutsches Team Sunweb, das drei der vergangenen vier Etappen gewonnen hat, hatten vom Anfang an mächtig Tempo gebolzt und wurden belohnt: Im Kampf um das Grüne Trikot liegt der Australier nur noch 29 Punkte hinter Kittel zurück - es waren einmal 99.
Allerdings war Matthews' zweiter Etappensieg nicht unumstritten. Degenkolb fühlte sich im Finale vom Australier eindeutig behindert. "Ja, das ist so", sagte der Geraer: "Eigentlich liegt mir das Finish hier. Aber Matthews zieht von links nach rechts und macht mir klar die Lücke zu."
Degenkolbs Trek-Team legte sofort Protest ein. Matthews war sich keiner Schuld bewusst. "Der Sprint war sauber", sagte der Australier und warf Degenkolb Unsportlichkeit vor: "Er hat mir im Ziel in den Nacken gegriffen."
Matthews kann es kaum glauben
Der 26 Jahre alte Matthews, der sein Team für die stundenlange harte Arbeit belohnte, hatte auf der Zielgeraden knapp vor dem Norweger Edvald Boasson Hagen triumphiert.
"Normalerweise gewinne ich bei einer großen Rundfahrt vielleicht eine Etappe. Jetzt sind es zwei in vier Tagen, das muss ich erstmal realisieren", sagte Matthews: "Als wir gemerkt haben, dass Kittel am ersten Anstieg abgehängt war, haben wir alles gegeben."
Während Degenkolb nach sechs zweiten Plätzen und nun schon sieben weiteren Top-5-Platzierungen immer noch auf seinen ersten Tour-Erfolg wartet, war Routinier Greipel diesmal völlig chancenlos. Der gebürtige Rostocker hatte zwar im Finale Anschluss an die Besten, dann machte aber erneut die Beine nicht mit. Es wird immer wahrscheinlicher, dass die Tour 2017 Greipels erste ohne Etappensieg wird.
Der Kampf um das Grüne Trikot wird indes ebenso spannend wie jener um Gelb. Matthews rückt dem führenden Kittel immer mehr auf die Pelle - will Kittel als erster Deutscher seit Erik Zabel 2001 das Maillot vert gewinnen, muss er sich deutlich steigern.
Von Beginn an turbulent
In einer von starken Winden geprägten Etappe ging es von Beginn an turbulent zu. Das deutsche Sunweb-Team um Matthews machte vom Etappenstart an höllisch Tempo, der von den Kletterpartien der vergangenen Tage geschwächte Kittel musste abreißen lassen.
Während der fast 90 Kilogramm schwere Hüne aus Arnstadt um Anschluss kämpfte, blieb Sunweb über Stunden erbarmungslos an der Spitze.
Kittel fuhr samt Begleitern zeitweise rund sechs Minuten hinter dem Feld her, blieb zwar locker innerhalb des Zeitlimits, aber auch ohne Punkte. Matthews hingegen gewann den Zwischensprint und kassierte 20 Zähler - im Ziel waren es noch einmal 30.
Froome hält Aru auf Distanz
Im Kampf um das Gesamtklassement tat sich am Dienstag nichts. Sky-Kapitän Christopher Froome kontrollierte das Rennen mit seinem Team im Hauptfeld, der Brite geht mit 18 Sekunden Vorsprung auf den Italiener Fabio Aru und 23 Sekunden auf den Franzosen Romain Bardet in die heiße Schlussphase der Großen Schleife.
Fünf Fahrer liegen innerhalb von 77 Sekunden - die beiden Alpen-Etappen am Mittwoch über den legendären Galibier und am Donnerstag mit der Bergankunkt auf dem nicht minder berüchtigten Izoard dürften der stimmungsvolle Höhepunkt dieser außerordentlich spannenden Tour werden.