SPOX: Herr Kindlmann, können Sie nachvollziehen, dass Millionen männlicher Tennisfans gerne mit ihnen tauschen würden?
Kindlmann (lacht): Ja klar, absolut! Maria ist ja nicht nur eine ganz normale Tennisspielerin, sondern eine einmalige Persönlichkeit und ein absoluter Weltstar, den es in dieser Art und Weise auf der Tour ansonsten sehr selten gibt. Ich muss aber sagen, dass ich von Beginn an eigentlich nie diesen Topstar oder diese Marke Sharapova, sondern immer nur meinen Job beziehungsweise meine Aufgabe gesehen habe. Abgesehen davon war mir auch überhaupt nicht bewusst, was tatsächlich alles hinter dem Namen Sharapova steht. Natürlich bekommt man es dann aufgrund der hohen Anzahl an Sicherheitsleuten, die bei einem Turnieren oder Event anwesend sind, mit, was sich da alles rund um Maria abspielt. Und sicherlich bin ich auch schon stolz, ein Teil dieses Teams zu sein.
SPOX: Wie oft mussten Sie sich aufgrund Ihres Jobs schon schräge Sprüche von Freunden oder Bekannten anhören?
Kindlmann: Die gibt es natürlich auch heute immer wieder mal, klar (lacht). Oftmals werde ich natürlich gefragt, wie die Maria denn so sei oder ob es denn nicht möglich wäre, sie dieser oder jener Person einmal vorzustellen. Aber ich denke, dass gehört einfach dazu, wenn man einen solchen Job ausübt. Da gibt es dann eben immer die freundliche, aber deutliche Absage. Schließlich habe ich ja auch eine gewisse Verantwortung ihr gegenüber - und es wäre sicherlich auch ein großer Vertrauensbruch, wenn ich mit solchen Spielchen anfangen würde.
SPOX: Hitting Partner von Maria Sharapova: Ist das auch für Sie persönlich ein absoluter Traumjob?
Kindlmann: Zum jetzigen Zeitpunkt würde ich das auf alle Fälle so bezeichnen. Fakt ist, dass ich meine aktive Profi-Karriere sehr gerne fortgesetzt hätte. Aber dann musste ich leider vor zwei Jahren aufgrund einer Schulterverletzung die Entscheidung treffen, meine Laufbahn zu beenden - was mir freilich schon sehr weh getan hat und woran ich auch lange zu knabbern hatte. Ich liebe den Tennissport nun einmal über alles. Dass ich dann nach meinem kurzen Engagement als Tour-Coach beim Bayerischen Tennisverband die Möglichkeit bekommen habe, als Hitting Partner von Maria Sharapova zu arbeiten, war für mich so etwas wie ein Sechser im Lotto. Von dem her ist es für mich augenblicklich ein Traumjob. Was die Zukunft jedoch betrifft, ist es mein großes Ziel, einmal selbst als verantwortlicher Cheftrainer für einen solchen Superstar zu arbeiten.
SPOX: Es heißt ja häufig, dass Tennisspielerinnen - gerade auf diesem hohen Niveau - oftmals regelrechte Diven seien, mit denen es sich nur schwer aushalten lässt. Trifft dies auch auf Maria Sharapova zu?
Kindlmann: Grundsätzlich kann man Frauen- und Herrentennis eigentlich nicht miteinander vergleichbar. Das ist letztlich wie im Privatleben auch. Was konkret Ihre Frage betrifft: Ich glaube, dass das einfach zum Klischee und teilweise auch zum Image dazu gehört. Würde eine Frau auf dieser Tennisbühne nicht so auftreten, wie man es eigentlich von ihr und ihrem Image erwartet, dann wären die meisten schlichtweg enttäuscht. Das ist einfach ein Teil dieses Geschäfts. Aufgrund der Tatsache, dass ich jetzt doch schon seit rund 13 Monaten mit Maria zusammenarbeite, habe ich von ihr natürlich schon viele Seiten kennengelernt - und die allermeisten waren absolut positiv. Vieles von ihr wissen die Leute außerhalb gar nicht beziehungsweise bekommen es auch nicht mit. Aber das ist völlig in Ordnung und soll auch künftig so bleiben.
SPOX: Wie viele "neue Freunde" beziehungsweise Leute, die aufgrund Ihres Jobs mit Ihnen eine "Freundschaft" eingehen wollten, haben Sie in den vergangenen 13 Monaten eigentlich kennengelernt?
Kindlmann: Oh ja, da gibt es etliche. Leute, die du vorher nicht gekannt hast oder die dich bis dahin überhaupt nicht angeschaut haben, geben dir nun auf einmal die Hand und möchten plötzlich dein größter Kumpel sein. Das ist manchmal schon ziemlich grotesk. Glücklicherweise kann ich diese Leute mittlerweile sehr gut auseinanderhalten. So etwas lernt man im Laufe der Zeit. Auch ich habe in diesem Bereich meine Erfahrungen sammeln müssen.
SPOX: Wie sind Sie vor etwas über einem Jahr überhaupt zu diesem Job gekommen?
Kindlmann: Das ist eigentlich eine ganz lustige Geschichte. Als ich am Geburtstag von meinem Vater morgens aufgestanden bin, hatte ich eine längere SMS auf meinem Handy mit der Frage, ob ich mir vorstellen könnte, als Hitting Partner von Maria Sharapova anzufangen. Nachdem mein erster Gedanke war, dass mich da mit Sicherheit jemand veralbern möchte, habe ich auch gar nicht zurückgeschrieben. Erst als dann am nächsten Tag nochmals eine SMS mit der deutlichen Aufforderung kam, dass ich doch bitte mal auf die erste antworten solle, habe ich zurückgeschrieben - zumal ich mittlerweile auch herausgefunden hatte, dass es eine schwedische Handynummer war. Kurz darauf folgte dann schon das erste Gespräch mit Sharapovas damaligem schwedischen Trainer Thomas Högstedt.
SPOX: Und Sie haben sofort zugesagt?
Kindlmann: Nein, eben nicht. Aufgrund der Folgen meiner Schulter-Operation, die mich ja letztlich zum Karriereende zwangen, habe ich nach kurzer Bedenkzeit schweren Herzens abgesagt, da ich mich physisch zu diesem Zeitpunkt noch nicht in der Lage sah, diese Aufgabe entsprechend auszuüben. Drei Wochen später bekam ich dann nochmals einen Anruf von Högstedt mit der Frage, wie ich denn jetzt körperlich beieinander sei, da sie mich immer noch gerne für diesen Job wollten. Nachdem meine Schulter soweit wieder in Ordnung war beziehungsweise ich mir auch bewusst war, dass ich mit Sicherheit keine dritte Chance mehr bekommen würde, habe ich dann schließlich zugesagt. Mein großes Glück war dabei allerdings auch, dass mir der BTV, bei dem ich zu diesem Zeitpunkt als Trainer unter Vertrag stand, keine Steine in den Weg gelegt hat.
SPOX: Können Sie sich noch an Ihre erste Begegnung mit Sharapova erinnern?
Kindlmann: Ja, natürlich. Man muss sich vorstellen, dass ich zunächst nur einen Vertrag über drei Monate in der Tasche hatte. Als ich dann in den Flieger eingestiegen bin, wusste ich eigentlich so gut wie nichts. Weder über mein genaues Aufgabengebiet, noch über die Person Maria Sharapova, die ich bis dahin nur aus der Presse und dem Fernsehen kannte. Ehrlich gesagt hatte ich da schon ein ziemlich flaues Gefühl in der Magengegend, zumal du dir ja auch alle möglichen Szenarien im Kopf ausmalst. Das erste Treffen beim Training würde ich dann als freundlich, aber auch sehr distanziert beschreiben. Ich habe mich da wie ein kleiner Schuljunge gefühlt, als ich mich bei ihr vorgestellt habe. Es hat dann schon auch eine gewisse Zeit gedauert, bis man ein gegenseitiges Vertrauen aufgebaut hat. Heute kann ich darüber schmunzeln.
SPOX: Aus den anfangs geplanten drei Monate sind bislang 13 Monate geworden...
Kindlmann: Womit ich damals nie und nimmer gerechnet hätte. Für mich war eigentlich klar, dass ich nach diesen drei Monaten wieder zum Bayerischen Tennis-Verband zurückgehe und meinen Job als Trainer wieder übernehme. Doch dann habe ich bereits nach sechs Wochen das Angebot bekommen, in Fulltime zum Team Sharapova zu stoßen. Auch wenn mir viele Leute das nicht geglaubt haben - aber als diese Offerte kam, musste ich erst einmal drei, vier Tage darüber nachdenken, ob ich das auch wirklich will. Mit der neuen Fulltime-Vertragslaufzeit ist es ja schließlich so etwas wie dauerhaft auszuwandern. Nachdem ich dann schließlich auch sowohl vonseiten des BTV als auch des 1. FC Nürnberg, für den ich zum damaligen Zeitpunkt als Spielertrainer in der Bundesliga tätig war, grünes Licht bekam, habe mich mich entschieden, das Ganze dauerhaft zu machen.
Seite1: Kindlmann über seinen Traumjob und groteske Situationen
Seite 2: Kindlmann über einen Trainerwechsel und das deutsche Tennis