Zum dritten Mal in diesem Jahr blickt SPOX durch das Hawk-Eye und beleuchtet nun das bedeutendste Turnier des Jahres, die All England Tennis Championships - Wimbledon! Bei den Herren ist ein Brite im Fokus, während der Titelverteidiger Frust schiebt. Die beste Perspektive hat der Mann ohne Badehose. Und: Ein Rückblick auf revolutionäre Anfänge.
Der Top-Favorit: Andy Murray ist der erste Brite, dem es seit Beginn der Open-Ära gelang, die All England Tennis Championships zu gewinnen. Zudem ist er der erste Brite, dem es seit 1936 (Fred Perry) insgesamt vergönnt war. Schon vor den French Open befand er sich in sehr guter Verfassung und gewann, um die starke Form zu untermauern, nun auch noch am Queen's Club in London. Er ist die Hoffnung des Königreichs und sollte in diesem Jahr wieder voll angreifen.
Leicht wird es für die Nummer drei der Setzliste aber nicht, denn auf dem Weg ins Finale muss er wohl Rafael Nadal im Viertel- sowie Wimbledon-König Roger Federer im Halbfinale ausschalten. Und dann wartet da immer noch Novak Djokovic in einem möglichen Finale.
Den darf man bei aller Heimspiel-für-Murray-Argumentation beim besten Willen natürlich nicht vergessen - trotz Niederlage in Paris. Aber Wimbledon ist ja auch kein Kindergeburtstag.
Der Titelverteidiger: Die Geschichten waren schon in der Schublade, die plakative Frage in aller Munde: "Macht Novak Djokovic nach dem Nole-Slam auch gleich noch den Grand Slam 2015 perfekt?" Doch Stan Wawrinka hielt wenig von beidem und schredderte die vorgefertigten Geschichten mit seiner starken Final-Leistung in Roland Garros. Die Enttäuschung beim Djoker dürfte groß sein und es wird spannend zu sehen, wie schnell der Becker-Schützling diesen Rückschlag verkraftet, um an der Church Road wieder voll anzugreifen, nachdem er dort im Vorjahr gegen Roger Federer seinen zweiten Triumph eingetütet hatte. Bemerkenswert: Djokovic hat in diesem Jahr auf eine Vorbereitung auf Rasen gänzlich verzichtet.
Angesichts des überschaubaren Draws kann es der Serbe aber auch locker angehen lassen und die ersten Runden zum Einspielen nutzen. Der einzige Spieler, dem es 2015 überhaupt gelang, den Djoker in einem Masters-1000-Event oder einem Grand Slam zu schlagen, Stan Wawrinka, kann erst im Halbfinale zum Problem werden. Der Weg für Djokovic zu einer möglichen Titelverteidigung ist also geebnet.
Beste Vorbereitung: Auch Federer weiß ein Lied davon zu singen, was durch Wawrinka zerstörte Träume angeht. Er unterlag dem späteren Sieger im Viertelfinale von Paris. Doch der Schweizer blies kein Trübsal, reiste in sein kleines Wohnzimmer nach Halle und gab dort auf dem Weg zum achten Titel bei den Gerry Weber Open nur einen einzigen Satz ab - an Philipp Kohlschreiber in Runde eins. Der Rekord-Grand-Slam-Champion ist also gerüstet für das wichtigste aller (Rasen-)Tennisturniere. Und in seinem Wohnzimmer ist es immer schwer, ihn zu schlagen. Den 33-Jährigen muss man auf dem Zettel haben.
Auch für ihn gilt: Den richtig dicken Brocken - Murray oder Nadal - wird es vor dem Halbfinale nicht geben. Der große Vorteil, unter den zwei Topgesetzten zu sein, zahlt sich hier mal so richtig aus.
Letztes Jahr: Denkt man an 2014 zurück, denkt man zwangsläufig an dieses epische Finale zwischen dem Djoker und Federer. In einem dramatischen Fünf-Satz-Krimi mit Höhen und Tiefen hatte Federer den ersten Satz im Tiebreak gewonnen, der Djoker schlug zurück, gewann die folgenden beiden, davon den dritten ebenfalls im Tiebreak. Der Vierte ging wieder an den Schweizer dank spätem Break. Doch am Ende hatte der Serbe den längeren Atem und gewann den Schlusssatz mit 6:4. So ein Finale wünscht man sich eigentlich in jedem Jahr.
Abgesehen vom Endspiel der Big Guns hatte das Turnier aber auch viele Überraschungen und frische Gesichter parat. Da wäre etwa der Kanadier Milos Raonic, der für Furore sorgte und bis ins Halbfinale vordrang, wo er allerdings gegen Federer wenig Land sah. Djokovic wiederum schaltete im Halbfinale Grigor Dimitrov aus, der zuvor Titelverteidiger Andy Murray eliminiert hatte.
Und dann war da noch ein 19-jähriger Australier...
Dark Horse: Nick Kyrgios! Mit einer Wildcard angetreten gab der Aussie sein Debüt auf dem Heiligen Rasen. Und er zahlte das Vertrauen der Veranstalter mit hohen Zinsen zurück: Schon in Runde zwei rang er Richard Gasquet über die volle Distanz nieder, gewann den finalen Satz mit 10:8. Sein Karriere-Highlight folgte im Achtelfinale, als er Sandplatz-Gott Rafael Nadal in vier Sätzen die Grenzen aufzeigte. Danach war zwar gegen Raonic Schluss, doch für Aufsehen hatte er gesorgt. Dadurch avancierte er im Übrigen zum ersten Wimbledon-Debütanten, der seit Florian Mayer 2004 das Viertelfinale erreichte.
Seine mögliche Encore-Vorstellung beginnt er gegen Diego Schwartzman und sollte er sich keine Blöße geben, kommt es in Runde drei zum Youngster-Kracher mit dem altbekannten Raonic. Auch gegen den Kanadier ist etwas drin, weshalb angesichts der machbaren Viertelfinalgegner sogar der Traum vom Halbfinale keine Utopie sein muss. Kyrgios kann auf dem Heiligen Rasen erneut für Furore sorgen.
Geschichtsstunde: Wimbledon gilt nicht nur als Wiege des Tennis-Sports - es ist der älteste Grand Slam - es ist auch seit jeher die Premieren-Bühne zahlreicher Innovationen, die sich heute noch wiederfinden. Das ging schon im ersten Jahr der Veranstaltung 1877 los: Der erste Sieger, der Brite Spencer Gore, hatte die Idee, ans Netz zu kommen und den Ball dann aus der Luft zu schnellen Punkten zu verwerten. Ein Konzept, auf das zuvor keiner gekommen war. Und ein Mittel, das keiner zu verteidigen wusste, da alle lediglich von der Grundlinie spielten.
Ein Jahr später jedoch war das Gegenmittel gefunden: Frank Hadow, der Sieger von 1878 nämlich, erfand den Lob und neutralisierte damit die Netzangriffe von Gore im Finale - verrückt! Beides gehört heute natürlich zur Grundrepertoire eines jeden Spitzenspielers.
Seite 1: Murray, die Rache des Djokers und Frank Hadow
Seite 2: Zweideutige Namen, Stan The Man und DTB-Männer
Schwerster Draw: Die untere Hälfte ist generell die schwierigere in diesem Jahr. Aber für den ohnehin schwächelnden Rafael Nadal, der nach seinem Rasen-Erfolg in Stuttgart am Queen's Club schon in Runde eins rausging, kommt es knüppeldick: Die ersten beiden Runden sollten gegen Thomaz Bellucci und möglicherweise Dustin Brown noch recht locker vom Schläger gehen. Aber dann wird es interessant für den Spanier: Der aufstrebende Victor Troicki könnte in Runde drei unangenehm werden, im Achtelfinale dann wartet wohl Fabio Fognini.
Der große Kracher käme schließlich im Viertelfinale: Publikumsliebling Murray ist auf frühem Kollisionskurs mit Nadal und schlug selbigen vor kurzem noch auf Sand in Madrid und zwar deutlich. Spätestens dann dürfte für den zweimaligen Wimbledon-Sieger Schluss sein.
Leichtester Draw: Es hört nicht auf für Stan The Man: Der Schweizer hat wohl den leichtesten Draw aller Herren dieses Turniers erwischt. Zum einen steht er in der oberen Hälfte, weshalb er mit Ausnahme vom Djoker allen Big Names bis zum Finale aus dem Weg geht, zum anderen sind alle möglichen Gegner bis zum Halbfinale äußerst überschaubare Gegner.
Los geht es für die Nummer vier der Setzliste gegen den Portugiesen Joao Sousa. Weiter geht's gegen Victor Estrella Burgos oder Benjamin Becker. Als nächstes lauern dann mit Dominic Thiem oder Fernando Verdasco die ersten halbwegs komplizierten Konkurrenten auf den Sieger von Roland Garros. Auch danach warten schlimmstenfalls Tommy Robredo oder David Goffin -wahrlich auch keine Rasenspezialisten. Das aus neutraler Sicht hochklassigste Viertelfinale wäre dann ein Duell mit Milos Raonic, der aber auch schlagbar ist für Stan in Topform. Und im Halbfinale käme es zum Roland-Garros-Rematch mit Djokovic - das hatte er ja auch schon gewonnen. Ob Stan irgendwann mal wieder einen so verlockenden Weg ins Finale auf dem Centre Court vorfinden wird?
Eines ist aber schon sicher: Seine eher spezielle Badehose aus Paris wird er auf dem Heiligen Rasen nicht tragen dürfen. Das gibt der Dresscode des All England Clubs definitiv nicht her.
Upset Alert: Den ganz großen Upset kann man in Runde eins bei diesem Draw wohl nicht erwarten. Aber wenn ein ungesetzter Spieler gute Chancen hat, einen gesetzten früh raus zu kicken, dann sicher der Australier Thanasi Kokkinakis und wenn auch nur, um zweideutige Plakate seiner Fans von Down Under zu sehen. Die australische Zeitung Free Melbourne brachte in seiner ultimativen Ausgabe nach dem Erfolg von Kokkinakis nach seinem French-Open-Erfolg über Bernard Tomic die Schlagzeile: "Bernie chokes on Kokk"...
Gegen den an 24 gesetzten Leonardo Mayer aus Argentinien ist sicherlich etwas drin, obwohl der zuletzt meist gut aussah und in Nottingham erst im Halbfinale an Denis Istomin scheiterte.
Die Deutschen: Insgesamt haben es acht Deutsche ins Hauptfeld geschafft, darunter mit Dustin Brown und Michael Berrer zwei Qualifikanten. Gesetzt ist erstmals seit 1998 niemand bei den Herren.
Eindeutig dürfte es für den besten DTB-Spieler in der Weltrangliste, Philipp Kohlschreiber, aussehen. Er trifft auf den Titelverteidiger. Gegen den Djoker wird Kohli kein Land sehen.
Nächster im Bunde ist Jan-Lennard Struff. Er bekommt es mit dem Australier Bernard Tomic zu tun. Die Nummer 27 des Turniers ist klarer Favorit, aber einen kleinen Upset Alert sollte man hier auch ausgeben, das Zeug zur Überraschung hat Struff.
Offen sind die Duelle von Alexander Zverev gegen den Russen Teymuraz Gabashvili und Benjamin Becker gegen Estrella Burgos. Es ist sogar gut möglich, dass Zverev bis in die dritte Runde vordringt, wo mit Kei Nishikori aber ein harter Brocken im Weg stünde. Bei Becker müsste spätestens in Runde zwei Ende sein, da droht Wawrinka.
Florian Mayer hat durchaus gute Chancen gegen Juan Monaco, doch dann folgt schon Nick Kyrgios als möglicher nächster Gegner. Bestenfalls erreicht er Runde drei, in der aber Milos Raonic droht.
Der Kanadier wäre übrigens auch der mögliche zweite Gegner von Tommy Haas. Der Comebacker muss dazu aber auch erstmal Dusan Lajovic überwinden, was angesichts der Schulterproblematik kein Selbstläufer wird.
Brown könnte nach einem Erstrundenduell mit Lu Yen-Hsun auf Nadal treffen. Eine Hürde, die trotz schwacher Form ein Stück zu hoch sein dürfte. Dann wäre da noch Berrer, der auf Adrian Mannarino trifft. Übersteht er dies, käme es zum Aufeinandertreffen mit Gael Monfils.
Man muss also kein Prophet sein, um zu prognostizieren, dass die zweite Woche an der Church Road ohne männliche deutsche Beteiligung stattfinden wird.
Seite 1: Murray, die Rache des Djokers und Frank Hadow
Seite 2: Zweideutige Namen, Stan The Man und DTB-Männer
Wimbledon im Überblick
Im Trend
Das könnte Dich auch interessieren
![carney chukwuemeka bvb 2025](https://assets.spox.com/images/v3/blt4a5f2334944e0994/SPOX.jpg?quality=60&auto=webp&format=pjpg&width=317)
![BVB Svensson](https://assets.spox.com/images/v3/blt0becfb6f5e8c202e/1600.jpg?quality=60&auto=webp&format=pjpg&width=317)
![Saquon Barkley Eagles 2025](https://assets.spox.com/images/v3/bltbe7d0fa201a3cd16/GOAL%20-%20Blank%20WEB%20-%20Facebook(1706).jpeg?quality=60&auto=webp&format=pjpg&width=317)