Einer gegen den Rest der Welt

Robert Heusel
14. November 201513:11
Die acht besten Spieler der Saison kämpfen in London um den letzten großen Titel des Jahresgetty
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Der Weltranglistenerste Novak Djokovic geht nach einer fabelhaften Saison als klarer Favorit in die ATP World Tour Finals in London. Zum Auftakt bekommt es der Serbe mit Kei Nishikori zu tun (So., 15 Uhr im LIVETICKER). Roger Federer hat in dieser Saison aber schon bewiesen, dass er Djokovic in Schach halten kann. Auch Rafael Nadal zeigte gegen Ende des Jahres aufsteigende Form. Setzen sich die Favoriten durch oder spuckt ein Außenseiter den Arrivierten in die Suppe?

8. Kei Nishikori

"Es ist eine große Ehre für mich, wieder beim Saisonfinale der besten acht Spieler des Jahres dabei zu sein. Dafür arbeite ich jeden Tag", sagt Kei Nishikori vor dem letzten Highlight der Saison. Der Japaner war bereits im vergangenen Jahr bei den Finals am Start und erreichte überraschenderweise das Halbfinale, wo er Novak Djokovic in drei Sätzen unterlag.

Nichtsdestotrotz geht Nishikori diesmal als Außenseiter in das Turnier. Er musste als Achter im "Race to London" bis zuletzt um seine Teilnahme zittern. Auf der Tour konnte Nishikori in diesem Jahr nur drei Turniere gewinnen: Memphis, Barcelona und Washington. Bei den großen Events ging es in der ersten Saisonhälfte zweimal ins Viertelfinale, in Wimbledon und bei den US Open war in der zweiten beziehungsweise ersten Runde Endstation.

Auch in den letzten Wochen zeigte sich der Japaner nicht in Topform. Bei den beiden 1000er Turnieren in Shanghai und Paris gewann er jeweils nur eine Runde. Vergangene Woche musste er sein Match gegen Richard Gasquet wegen Rückenproblemen aufgeben. Angesichts der starken Konkurrenz wäre es eine große Überraschnung, sollte Nishikori die Gruppenphase überstehen. Schließlich trifft er auf Djokovic, Federer und Tomas Berdych.

7. Tomas Berdych

Berdych spielte eine sehr solide Saison und kann mit seiner Bilanz von 57:19-Siegen durchaus zufrieden sein. Nach den French Open, bei denen er im Achtelfinale Jo-Wilfried Tsonga unterlag, kletterte der Tscheche im Ranking sogar bis auf Rang vier nach oben - die beste Platzierung seiner Karriere.

Turniersiege gab es für Berdych im Jahr 2015 ausschließlich auf 250er Ebene zu feiern. Im Oktober gewann der 30-Jährige die Turniere von Stockholm und Shenzen. Saisonhighlight war mit Sicherheit der Halbfinaleinzug bei den Australian Open in Melbourne. Bei den übrigen drei Grand-Slam-Turnieren erreichte er jeweils das Achtelfinale.

Dem als Hard-Hitter bekannten Berdych könnte der schnelle Hardcourt-Belag in der Barclaycard Arena von London entgegenkommen, ein Einzug ins Halbfinale wäre dennoch überraschend. Zu schwach ist Berdychs Bilanz gegen seine direkten Konkurrenten. In der laufenden Saison traf der Tscheche fünf Mal auf seine Gruppengegner (Djokovic, Federer und Nishikori) und gewann dabei kein einziges Match.

6. David Ferrer

"Ich hatte eine großartige Saison und freue mich schon wieder auf das Turnier", so äußerte sich Ferrer kurz vor Turnierbeginn optimistisch. In der Tat hat der Spanier eine erfolgreiche Saison hinter sich - er holte 2015 fünf Turniersiege. Nur Djokovic und Federer waren in diesem Bereich erfolgreicher.

Überraschenderweise holte Ferrer vier seiner fünf Titel nicht auf seinem Lieblingsbelag Sand, sondern auf Hardcourt, was ihn auch für die World Tour Finals gefährlich macht. Der 33-jährige kann mit seiner im positiven Sinne ekelhaften Spielweise jedem Gegner gefährlich werden. Trotz seines Alters verfügt Ferrer über eine außergewöhnliche Kondition und Beinarbeit und kann konstant auf einen hohen Level spielen.

Der Halbfinaleinzug liegt für Ferrer also durchaus im Bereich des Möglichen. Der Mann aus Javea konnte in seiner langen Karriere außer Federer alle seine Gegner bereits mehrfach besiegen. Dem Schweitzer würde Ferrer wohl am liebsten gänzlich aus dem Weg gehen, denn bislang hieß in allen 16 Duellen der beiden der Sieger nicht Ferrer.

5. Rafael Nadal

Rafael Nadal hat das wohl schwierigste Jahr seiner langen Profikarriere hinter sich. Insgesamt 19 Niederlagen musste der Spanier 2015 einstecken, so viele wie noch nie seit Beginn seiner Laufbahn im Jahr 2004.

Immer wieder wurde Nadal von Verletzungen zurückgeworfen, konnte kaum mehrere Turniere am Stück ohne größere Probleme durchspielen. Dies hat dem Mallorquiner vor allem mental zugesetzt, wie sein Onkel und Coach Toni Nadal bestätigt: "Er hat gemerkt, dass er nie richtig konkurrenzfähig war. Das hat ihn getroffen, da hat er sehr gelitten."

Gegen Ende der Saison bewies Rafa wieder aufsteigende Form. In Peking verlor er erst im Finale gegen Djokovic, in Shanghai im Viertelfinale gegen Tsonga und in Basel im Endspiel gegen seinen Dauerrivalen Federer. Nadal hat bewiesen, dass er weiterhin auf absolutem Weltklasseniveau spielen kann.

In London stehen mindestens drei Matches ausschließlich gegen starke Gegner binnen kürzester Zeit auf dem Programm. Ob Nadal dieser Belastung schon wieder gewachsen ist und die Gruppenphase überstehen kann, darf zumindest bezweifelt werden. Der Spanier trifft in einer sehr ausgeglichenen Gruppe auf Andy Murray, Stan Wawrinka und David Ferrer.

Die Plätze 8 - 5

Die Plätze 4 - 1

4. Stanislas Wawrinka

Nach dem tollen Jahr 2014 hat Wawrinka 2015 nochmal einen draufgesetzt. Bei den French Open gewann er das zweite Grand-Slam-Turnier seiner Karriere und verhinderte somit den Triumph von Djokovic bei allen Majors des Jahres. Neben dem Sieg in Roland Garros holte der Schweizer auch die Titel von Chennai, Rotterdam und Tokio.

Seit 2013 wird Warinka von Magnus Norman gecoacht. Seitdem geht es steil bergauf. "Stans Problem lag mehr im Kopf. Er hat das ein oder andere große Match verloren. Meine Aufgabe ist es, ihn in den Schlüsselmomenten etwas mehr an sich glauben zu lassen", beschreibt der Schwede seine Arbeit mit Wawrinka.

Stan the Man weiß, wie man die Topspieler besiegen kann. 2015 hat er gegen alle seine Gegner aus den Top 10 mindestens ein Match gewonnen. Mit dem 30-Jährigen wird in London auf jeden Fall zu rechnen sein. Das Halbfinale sollte trotz der Konkurrenz von Murray, Ferrer und Nadal drin sein und dann ist auf dem Weg zum nächsten großen Wurf alles möglich.

3. Andy Murray

Murray hat die wohl konstanteste Saison seiner Karriere hinter sich. Bei den Grand-Slam-Turnieren stand Murray mit Ausnahme der US Open immer mindestens im Halbfinale. Dazu kommen zwei Turniersiege in Montreal und Madrid sowie zwei Finalteilnahmen in Miami und Madrid auf 1000er Ebene.

Der Schützling von Amelie Mauresmo und Jonas Björkman hat sein Spiel auf ein neues Level gehoben und möchte nach dem Vorrundenaus im Vorjahr jetzt auch bei den World Tour Finals wie schon 2012 in die K.o.-Runde einziehen.

Die Form dazu sollte stimmen, denn seit den US Open konnte Murray nur von Djokovic zweimal bezwungen werden. Ein weiterer Faktor könnte der Heimvorteil werden. Die englischen Tennisfans haben den Schotten Murray längst in ihr Herz geschlossen und werden ihn wie auch in Wimbledon gut unterstützen. Kann der 28-Jährige seine gute Form konservieren, dann ist einiges drin.

2. Roger Federer

Der Altmeister kann es immer noch. Mit der Hilfe seiner Coaches Stefan Edberg und Severin Lüthi hat Federer sein Spiel umgestellt, agiert nicht mehr so viel von der Grundlinie aus, sondern findet immer öfter den Weg ans Netz. Der Schweizer hat realisiert, dass vor allem gegen Djokovic sein herkömmliches Spiel nicht mehr ausreicht, um lange Grundlinienrallys für sich zu entscheiden.

Für einen weiteren Grand-Slam-Titel hat es 2015 um Haaresbreite nicht mehr gereicht. In Wimbledon und New York war im Endspiel Federers härtester Widersacher Djokovic zu stark. Dafür gewann der mittlerweile 34-Jährige sechs andere Turniere - so viele wie seit acht Jahren nicht mehr.

Mit Federer wird in London zu rechnen sein. Er ist der einzige Spieler, der Djokovic in diesem Jahr zweimal bezwang. Gegen Andy Murray hat er in diesem Jahr eine weiße Weste. "Es ist eines der Turniere, die ich am meisten genieße. Und es macht mir viel Spaß, dort zu gewinnen", ist FedEx heiß.

Der Modus der Finals mit zwei Gewinnsätzen könnte ihm entgegenkommen, denn über maximal drei Sätze ist der beste Spieler aller Zeiten auch mit 34 Jahren noch in der Lage, jeden Spieler auf der Tour zu schlagen.

1. Novak Djokovic

Wer im Jahr 2015 ein Turnier gewinnen möchte, der muss den Serben schlagen. Dieses Kunststück ist allerdings nur vier verschiedenen Spielern gelungen. Djokovic hat eine Saison der Rekorde hinter sich, die Bilanz von 78:5-Siegen ist einfach überragend.

Ganz knapp verpasste der Serbe den Grand Slam. Die Titel in Australien, New York und Wimbledon gingen allesamt an Djokovic, lediglich im Finale von Roland Garros war Wawrinka zu stark. Neben den drei Grand Slams gewann der 28-Jährige sechs 1000er-Events. So viele wie noch kein Spieler zuvor innerhalb einer Saison.

In der Weltrangliste steht Djokovic mit 15.300 Punkten an der Spitze und hat somit fast doppelt so viele Zähler auf dem Konto wie seine Verfolger. "Ich hoffe, dass ich meine Leistung aus dem letzten Jahr wiederholen und ähnlich erfolgreich sein kann", sagte der Finals-Sieger der letzten drei Jahre.

Die Dominanz des Serben in dieser Saison ist beeindruckend. So beeindruckend, dass man fast sagen muss: Alles andere als ein Triumph des Djokers wäre eine dicke Überraschung.

Die Plätze 8 - 5

Die Plätze 4 - 1

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