Nie mehr Fliegenklatschenmütze, Boris!

Von Jannik Schneider
Boris Becker sollte weiter als Trainer arbeiten
© getty

Am Anfang seiner Tätigkeit als Trainer von Novak Djokovic wurde Boris Becker von vielen belächelt. Drei Jahre und eine einvernehmliche Trennung später bedauern nicht wenige das Ende der Ära "Beckovic". Das Engagement hat gezeigt: Nur im professionellen Tennis-Zirkus blüht der dreifache Wimbledon-Champion auf. Und es gibt einige, die seine Erfahrung und Gewinner-Mentalität dringend benötigen könnten. Ein Kommentar von Jannik Schneider.

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Bereits in den Tagen vor der offiziellen Trennung von Novak Djokovic und Boris Becker, die am Dienstagabend bekannt wurde, zog der Deutsche gegenüber englischen Medien eine Art Fazit. "Ich habe die vergangenen drei Jahre sehr genossen, war in meinem Element und werde auch zukünftig in meinem Element sein. Ich bereue nichts. Es war eine unglaubliche Zeit."

Spätestens da musste es auch dem Letzten dämmern. Die Ära "Beckovic" ist nach dem ersten schwächeren Halbjahr rund um Motivationsprobleme des Djokers und dem Kompetenzgerangel zwischen Becker und dem spanischen Mentaltrainer Pepe Imaz vorbei.

Als Verlierer aus dieser kleinen Fehde geht Becker aber ganz bestimmt nicht hervor! Der dreimalige Wimbledon-Champion sollte nach den sechs gemeinsamen Grand-Slam-Titeln und 25 Turniersiegen mit Djokovic gefragt sein wie nie in der professionellen Tennis-Branche. Und das ist auch gut so. Becker muss weiter als Trainer tätig bleiben!

Vom belächelten Promi zum angesehenen "Mentor"

"Ich muss mir eingestehen, dass ich als Trainer mittlerweile besser bin als als Spieler", sagte Becker im Juni 2016 gegenüber der Bild. Da hatte sein serbischer Schützling gerade zum ersten Mal die French Open gewonnen und den eigenen Karriere-Grand-Slam realisiert. Etwas, was Becker während seiner Laufbahn ob der Schwächen auf Sand verwehrt blieb.

Doch noch viel wichtiger als der Erfolg als Trainer war der Imagewandel, den Becker während der drei Jahre im Team Djokovic vollziehen konnte. Vom alternden, immer mehr belächelten ehemaligen Tennisstar hin zum innerhalb und außerhalb der Szene angesehenen Trainer. Oder besser gesagt Mentor. So bezeichnet sich Becker selbst.

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Auf seine Qualitäten angesprochen, erklärte Becker damals weiter, er könne "Gegner und Matches gut analysieren" und sich "in Situationen hineinversetzen". Vor allem von Letzterem war der Weltklasse-Spieler Djokovic, der er ja schon lange vor Becker war, immer wieder angetan.

Djokovic hat definitiv von Becker profitiert

Der Serbe wollte Profiteur sein von der Qualität des Serve-and-Volley-Spiels sowie vom Gewinnergen und der Erfahrung aus großen Spielen Beckers. Und genau das war er. Dass sich die Quantität und Qualität von Djokovic' Netzangriffen seit dem Beginn der Zusammenarbeit verbessert hat, dem werden auch die größten Becker-Kritiker nicht widersprechen.

Ebenso wenig, dass er aus den vielen Gesprächen mit Becker nach den bitteren Niederlagen etwa gegen Stan Wawrinka (Australian Open Halbfinale 2014, French Open Finale 2015) nicht gestärkt hervorgegangen wäre. Der Djoker hat also sogar wesentlich von Becker profitiert.

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Dennoch wurde Becker auch noch lange nach der damals überraschenden Bekanntgabe als Djoker-Coach äußerst kritisch beäugt - zurecht. Das Image des Tennisstars hatte seit Ende seiner aktiven Zeit immer mehr gelitten. Gerade in den Jahren vor dem Trainer-Engagement schüttelten ehemalige Fans nur noch den Kopf.

Damals war Becker in Deutschland vor allem als der frühere Tennisstar mit der Fliegenklatschenmütze auf dem Kopf bekannt. Experten trauten ihm auch deshalb nicht zu, sich gegenüber seinem Arbeitgeber Djokovic langfristig loyal verhalten zu können. Doch "Old Twitterhand", wie Becker früher wegen seiner unkontrollierten Ergüsse in den sozialen Netzwerken genannt wurde, hat sie allen eines besseren belehrt. Der langfristige Erfolg an Djokovics Seite hat dem scheinbar ewig 17-jährigen Leimener wieder Autorität verliehen.

Becker gehört nicht an den Pokertisch

Niemand, wirklich niemand will Boris Becker in Zukunft wieder in einer dieser Oliver-Pocher-Shows sehen. Dass das nicht mehr passieren wird, liegt aber nicht ausschließlich daran, dass Pocher keine Sendung mehr moderieren darf. Es ist dem Umstand zu verdanken, dass Becker sich in seiner Außendarstellung verändert hat. Vor dieser sicher nicht einfachen Entwicklung kann man nur den Hut ziehen.

Sie hat auch dazu beigetragen, dass der Deutsche auch jenseits von Wimbledon und seinem Wohnzimmer gefragt ist. Becker erhält, wenn er denn will, über Kurz oder Lang die Chance, als Trainer weiterzuarbeiten. Momentan, so heißt es, regelt er sein Geschäftsleben neu. Becker hat seine drei Mercedes-Niederlassungen verkauft und will nun erstmal wieder als Werbegesicht einer Pokerseite fungieren. Fest steht auch, dass er bei den Australian Open als TV-Experte arbeitet.

Langfristig aber gehört ein Boris Becker nicht an einen Pokertisch, sondern an die Seite eines Topspielers oder einer Spielerin. Als Vollzeit-Coach könnte er weiter als Vollblut-Experte durchstarten. Becker ist präsent, bestens informiert und im Tour-Alltag voll im Thema.

Da war doch was mit Petko

Für eine Andrea Petkovic, die ja bekanntlich auf Trainersuche ist, stand Becker bereits 2015 immer mal wieder mit Rat und Tat zur Seite. Petko schwärmt von Becker, seit sie nach ihrem Drittrunden-Aus bei den French Open 2015 geknickt in einer Ecke des Pariser Players-Restaurants gehockt und Becker sich zu ihr gesetzt hatte.

Die Petkoidentity

Sie redeten, und Becker gab Petkovic gleich mehrere Tipps. "Es waren drei, vier Sachen, die mir echt die Augen geöffnet und mir eine neue Perspektive gegeben haben", erinnerte sich die 27-Jährige. "Vielleicht hatten andere mir schon mal das Gleiche gesagt, aber es ist eben etwas anderes, wenn es Boris zu dir sagt", erklärte die Deutsche Fedcupspielerin am Rande der damaligen US Open.

Langfristig blieb Becker Djokovic' Coach und Petkovic hatte immer mehr mit sich selbst zu kämpfen. Für Becker wäre die ehemalige French-Open-Halbfinalistin - wenn sie denn auch selbst noch will - eine große Herausforderung und ein echter Hingucker für Sportdeutschland.

Becker soll und muss in seinem Element bleiben - dem Tennissport. Er kann in Zeiten einer erfolgreichen Angelique Kerber und eines vielversprechenden Alexander Zverev ein weiterer wichtiger Baustein sein, um Tennis wieder mehr in die Richtung zu bringen, in die er es einst selbst als Sportler manövriert hat.

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