Nach seinem dritten Grand-Slam-Titel in Serie steht Djokovic jetzt schon bei 15 Majors, es fehlen nur noch zwei auf Nadal (17) und vor allem nur noch fünf auf Roger Federer (20.) Djokovic will den Rekord des Maestros brechen. Er wird den Rekord brechen. Ein Kommentar von SPOX-Chefreporter Florian Regelmann.
Wir schreiben April 2018. Achtelfinale von Monte Carlo: Novak Djokovic vs. Dominic Thiem. Djokovic verliert das Match in drei Sätzen, aber irgendwas ist anders. Wenn man den Serben von der Tribüne aus beobachtet, ist ein neues Feuer zu erkennen. Es lodert wieder. Sein langjähriger Coach Marian Vajda sitzt zum ersten Mal wieder in der Box, das Experiment mit Andre Agassi und Radek Stepanek ist zu Ende.
Es sind wieder erste Ansätze seiner unfassbaren und für alle Gegner so nervtötenden Zähigkeit zu erkennen. Djokovic kämpft sich zurück, nachdem er zuvor durch ein dunkles Tal schreiten musste. Ellenbogen-Verletzung, Motivationsloch, Absturz aus den Top 10 und Erstrunden-Niederlagen wie gegen Taro Daniel (nichts für ungut, Taro!) - Djokovic war am Boden.
Er ist auch nicht sofort wieder der Alte und verliert bei den French Open sein Viertelfinal-Match gegen Marco Cecchinato, aber was danach kommen soll, ist nur mit einem Wort zu umschreiben: außerirdisch.
Die Dominanz des Novak Djokovic bremst auch Nadal
Djokovic gewinnt Wimbledon. Djokovic gewinnt die US Open. Djokovic gewinnt jetzt auch die Australian Open. Zum siebten Mal. Rekord. 34 Gewinnschläge, nur 9 leichte Fehler. Im ersten Satz verliert er bei eigenem Aufschlag nur einen einzigen Punkt. Den zweiten Satz beendet er mal eben mit drei Assen in Folge. Die Statistik ist überragend, sagt aber nicht mal vollumfänglich aus, wie beeindruckend dominant Djokovic ist.
Er ist so dominant, dass er Nadal in völlig uncharakteristische Fehler zwingt, weil dieser von der ersten Sekunde des Matches mental in der Hölle lebt, weil er weiß, dass der Typ auf der anderen Seite keine Fehler macht und ihn bei der ersten Gelegenheit sofort wegschießt. Noch nie hatte Nadal ein Grand-Slam-Finale in drei Sätzen verloren.
Ein Djokovic in Topform enteilt der Konkurrenz
Im vergangenen Jahr erzählte Djokovic die Geschichte, wie er mit seiner Frau Jelena im Süden Frankreichs auf Wanderschaft ging. Das Ziel: das Kalksteingebirge Montagne Sainte-Victoire. "Auf dem Gipfel bewunderte ich zusammen mit meiner Frau die Aussicht. Vor mir lag die Welt, alles ganz wunderschön. Ich dachte ans Tennis, an all die Emotionen, die damit zusammenhängen. Dann habe ich neue Inspiration und Motivation eingeatmet."
Im Januar 2019 gibt es jetzt so einige Jungs, die sich wünschen würden, dass Djokovic einen Zug weniger eingeatmet hätte. Da wären die aufstrebenden Jungstars wie Alexander Zverev oder Stefanos Tsitsipas. Letzterer hat mit seinem Sieg gegen Federer ein Ausrufezeichen gesetzt, weiß aber auch, wie weit ein Grand-Slam-Titel noch entfernt ist. Gleiches gilt für Zverev.
Denn Melbourne hat auch einmal mehr gezeigt, dass wir uns alle glücklich schätzen dürfen, in der Federer-Nadal-Djokovic-Ära zu leben und dass wir wahrscheinlich noch einige Jahre drei der größten Sportler aller Zeiten erleben dürfen.
Djokovic auf einer Mission: Gewinnt er gar den Kalender-Slam?
Auch für alle Federer-Fans ist klar, was man angesichts der Form von Djokovic denkt. Er wird doch nicht Roger noch am Ende überholen? Er wird. Djokovic hat es sehr deutlich gemacht, dass es sein großes Ziel ist. Seine Mission. Die Motivation wird nicht nachlassen. Und er ist immer noch "erst" 31 Jahre alt.
Es würde zu der Ära passen und es wäre nicht überraschend, wenn Nadal in Paris und Federer in Wimbledon zurückschlagen würden. Aber wer Djokovic momentan sieht, der muss davon ausgehen, dass er auf jeden Fall noch sechs, sieben, acht Slams in sich hat.
Vielleicht hat er sogar nicht nur den Federer-Rekord auf dem Schläger, vielleicht wird Djokovic nach den French Open zum zweiten Mal nach 2015/2016 alle vier Trophys in den Händen halten. Und vielleicht wird er nach Rod Laver 1969 der erste Mann, der wieder den Kalender-Slam gewinnt.
Das würde zwar bedeuten, dass Nadal nicht zum zwölften Mal in Roland Garros gewinnt, okay, das klingt nach Unfug. Aber wer es nicht für möglich hält, der sollte sich einfach nur das Melbourne-Finale noch einmal anschauen.