Tennis - Doppel-Held Andy Mies im Interview: "Ein Chapuisat-Trikot hat mich zum BVB-Fan gemacht"

Andreas Mies holte sich an der Seite von Kevin Krawietz in Paris den Doppel-Titel.
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Die Paarung Krawietz/Mies hat sich in den letzten anderthalb Jahren kontinuierlich nach oben gespielt, es gab aber auch Rückschläge. Was war denn bitte im Herbst letzten Jahres in Banja Luka los? Stichwort: Ivan und Matej Sabanov. 0:6. 0:6.

Mies: (lacht) Oh mein Gott. Jetzt befinde ich mich hier mitten in der Euphorie und Sie müssen mich so hart auf den Boden der Tatsachen zurückholen. Ich kann mich an nichts erinnern und habe das Match aus meinem Gedächtnis gestrichen.

Sorry. Wie war's denn jetzt?

Mies: Es war so: Wir hatten zuvor noch das große Challenger in Genua gewonnen und sind dann weitergefahren nach Banja Luka. Nach der ersten Runde bin ich krank geworden und lag vor dem Match in der Nacht mit 40 Grad Fieber im Bett, ich habe kaum geschlafen. Aber ich war so arrogant, dass ich dachte, wir könnten das Match trotzdem gewinnen. Es wurde ein rabenschwarzer Tag. Wir haben keinen Ball reingespielt und unsere Gegner haben einen Atomlauf geschoben. Aber es war knapper, als es das Ergebnis aussagt. (lacht)

Andreas Mies und Kevin Krawietz kassieren für ihren French-Open.-Trioumph 580.000 Euro.
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Andreas Mies und Kevin Krawietz kassieren für ihren French-Open.-Trioumph 580.000 Euro.

Mies über das 0:6, 0:6 von Banja Luka

Es war 0:6, 0:6.

Mies: Aber wir haben die ersten vier Spiele und insgesamt bestimmt sechs Spiele über die No-Ad-Regel verloren. Ich habe noch bei 0:6, 0:4 daran geglaubt, dass wir das noch drehen könnten. Dem war leider nicht so. Im Doppel ist generell wirklich alles möglich. Du kannst gegen jedes Team gewinnen, aber auch gegen jedes Team verlieren. Wir hatten auch in diesem Jahr einige Rückschläge zu verkraften, in München, Budapest und Marrakech haben wir dreimal in Folge 8:10 im Champions Tiebreak verloren. In der Woche vor den French Open habe ich in Genf mit Fabrice Martin gespielt und im Halbfinale nach Matchball gegen Marach/Pavic verloren. Das war total enttäuschend. In Paris habe ich die Jungs dann mit Kevin besiegt. Aber jede Niederlage bringt einen weiter. Kevin und ich sind im ständigen Austausch und analysieren die ganze Zeit, wo wir uns noch verbessern könnten. Das macht uns auch aus.

Wann war denn der Punkt, als klar war, dass auch die ganz großen Doppel-Teams schlagbar sind?

Mies: Das Wimbledon-Turnier im vergangenen Jahr war ganz entscheidend. Da haben wir uns über die Quali ins Hauptfeld gespielt und hätten in der dritten Runde um ein Haar die späteren Champions Bryan/Sock rausgehauen. Wir hatten sogar Matchbälle. Da haben wir realisiert, dass wir gegen alle Weltklasse-Doppel nicht nur mithalten, sondern sie auch schlagen können. Als wir dann in diesem Jahr in NY in unserem dritten ATP-Turnier unseren ersten Titel eingefahren haben, dazu noch ohne Satzverlust, war das die Bestätigung. Dennoch ist der Triumph in Paris nochmal eine ganz andere Hausnummer und völlig gigantisch.

Krawietz/Mies sind jetzt die Nummer zwei im Doubles Race und natürlich auch in Wimbledon ein Titelkandidat.

Mies: Vor Paris wurden wir sicher auch schon wahrgenommen, aber größtenteils sind wir unter dem Radar geflogen. Jetzt sind wir voll im Radar, das ist uns auch bewusst. Wir werden als Mitfavoriten nach Wimbledon kommen, aber ich bin mir sicher, dass wir in diese neue Rolle hereinwachsen werden und dass wir bereit dafür sind. Wir können nicht nur jagen, wir können auch die Rolle des Gejagten ausfüllen. Wir haben immer noch Luft nach oben. Wir stehen jetzt in der Doppel-Weltrangliste auf Platz 21 und 22, wir wollen aber in die Top 10. Wir werden unsere Herangehensweise nicht verändern, "nur" weil wir die French Open gewonnen haben. Der Erfolg ist ja auch nicht nur Last, er sorgt vor allem dafür, dass wir ganz breite Schultern bekommen haben und unsere Gegner noch mehr Respekt vor uns haben werden. Die wissen jetzt alle, dass sie eine Weltklasse-Leistung brauchen, um uns zu schlagen. Das kann uns auch helfen.

Mies: "Ich bin das schwarze Schaf in meiner Familie"

Krawietz/Mies haben gezeigt, dass auch ein Erfolg im Doppel Tennis-Deutschland begeistern kann und wie cool einfach auch das Doppel ist. Dabei ist der Stellenwert des Doppels hierzulande eher gering.

Mies: In Ländern wie den USA, Australien oder England hat das Doppel eine größere Bedeutung, das stimmt. Das sieht man auch immer daran, wie voll dort bei Turnieren die Tribünen bei Doppel-Matches sind. Da ist definitiv mehr Interesse vorhanden als bei uns. Aber ich muss zugeben, dass ich selbst auch nie Doppel trainiert habe, bis ich dann in die USA ans College gegangen bin. Dort ist der Doppelpunkt aber so wichtig, in den Begegnungen der College-Teams wird sogar mit dem Doppel begonnen - so bin ich da richtig reingekommen. Es wäre schön, wenn wir ein bisschen Werbung fürs Doppel machen können und sich vielleicht ein paar Kids auch mal verabreden, um Doppel zu spielen. Bei den Medenspielen sind die Doppel ja auch eher Beiwerk und werden oft locker angesehen, vielleicht ändert sich da ja ein bisschen was. Auch im Doppel kannst du im Tennis Tolles erreichen, dafür sind wir jetzt der beste Beweis.

Letzte Frage: Sie sind in Köln geboren, der 1. FC Köln hat Ihnen jetzt auch gratuliert, aber Sie sind trotzdem BVB-Fan. Wie kann das sein?

Mies: (lacht) Ich bin das schwarze Schaf in meiner Familie. Die gesamte restliche Familie und viele meiner Freunde sind Effzeh-Fans. Aber ein Stephane-Chapuisat-Trikot hat mich zum BVB-Fan gemacht. Als ich ein kleiner Junge war, habe ich das Chappi-Jersey geschenkt bekommen. Ich muss gestehen, dass ich auch die Farben toll fand und der BVB hatte außerdem gerade die Champions League gewonnen. Da war es um mich geschehen. Aber wenn es nicht gegen den BVB geht, unterstütze ich immer den Effzeh und bin auch oft im Stadion.