Nach dem ersten Satz schien Ungemach zu drohen, doch dann war Zverev nicht mehr zu stoppen: Im Stile eines Champions zog der Hamburger mit einem 1:6, 6:3, 6:4, 6:2 gegen Wawrinka in die Runde der letzten Vier. Bei seiner 19. Teilnahme an einem Grand Slam ist der Weltranglistensiebte damit erstmals nur noch zwei Siege von seinem ersten Triumph bei einem der vier großen Turniere entfernt.
Als nach 2:19 Stunden Spielzeit beim ersten Matchball eine Vorhand von Wawrinka ins Aus flog, hob Zverev kurz den Zeigefinger der rechten Hand und lächelte glücklich hinüber in seine Box: "Es fühlt sich fantastisch an, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, was das für mich bedeutet", sagte er nach dem Match und ergänzte, er hoffe, sein erstes Halbfinale sei "erst das erste von vielen, die noch kommen".
Im dritten Anlauf nach den French Open 2018 und 2019 gewann Zverev erstmals ein Viertelfinale bei einem Grand Slam, dies war zuletzt 2009 Tommy Haas in Wimbledon gelungen. Letzter Deutscher im Finale eines Majors war 2003 bei den Australian Open Rainer Schüttler. Ehe er dort angelangt, muss Zverev am Freitag zunächst den Weltranglistenfünften Thiem besiegen - gegen ihn hat er eine negative Bilanz (2:6).
Dominic Thiem schlägt Rafael Nadal nach über vier Stunden
Thiem bezwang am Mittwochabend in Melbourne in einem packenden und verbissen geführten Match Nadal nach 4:10 Stunden mit 7:6 (7:3), 7:6 (7:4), 4:6, 7:6 (8:6). Für Thiem, der sich in der vergangenen Woche nach nur wenigen Tagen Zusammenarbeit von Coach Thomas Muster getrennt hatte, ist es die fünfte Halbfinalteilnahme bei einem Grand Slam. Bisher war er nur bei den French Open in Paris in die Runde der letzten Vier eingezogen - dies gelang ihm in den vergangenen vier Jahren.
2018 und 2019 stand er danach jeweils im Endspiel, verlor aber beide Male gegen Nadal. Sein Sieg am Mittwoch ist der erste im sechsten Grand-Slam-Duell mit dem Mallorquiner, der in den ersten beiden Sätzen jeweils ein Break nicht nutzen konnte.
Alexander Zverev macht die Big Points
Für Zverev lief das Match gegen den dreifachen Grand-Slam-Sieger Wawrinka zunächst überhaupt nicht, wie Zverev das geplant hatte. Sein Aufschlag ließ ihn meist im Stich, zum 0:2 und 0:4 kassierte er ein Break im ersten Satz, in dem der Weltranglisten-15. Wawrinka fast fehlerfrei und clever spielte. Dabei landete sein erster Aufschlag kaum im Feld, Zverev aber kam mit dem zweiten Service des Schweizers gar nicht zurecht. "Ich habe mir schon überlegt, wie ich erkläre", dass ich in drei Sätzen verloren habe", sagte er.
Doch wie bereits in den vergangenen vier Matches behielt Zverev bei Temperaturen um 30 Grad in der Rod Laver Arena die Nerven in einer für ihn kritischen Situation - und kämpfte sich eindrucksvoll zurück in das Match. Im zweiten Satz kam plötzlich sein Service, er gewann alle fünf Aufschlagspiele ohne Punktverlust und nutzte seine Chance zum Break zum 5:3 in einem Moment, als Wawrinka kurz schwächelte.
Der dritte Satz begann kurios: Zunächst gelang Zverev ein Break, dann Wawrinka das Rebreak. Doch der Hamburger ließ sich erneut nicht aus der Ruhe bringen, und nahm seinem Gegner, dem zunehmend Fehler unterliefen, zum 3:2 erneut den Aufschlag ab. Danach servierte Zverev souverän zum Satzgewinn durch und ließ Wawrinka danach auch nicht mehr zurück ins Match. Nach Breaks zum 1:0 und 3:0 im vierten Satz war die Tür zum Halbfinale offen.
Australian Open: Auch Halep und Muguruza im Halbfinale
Die zweifachen Grand-Slam-Siegerinnen Simona Halep und Garbine Muguruza bestreiten bei den Australian Open das zweite Halbfinal-Duell. Halep, Weltranglistendritte aus Rumänien, besiegte Anett Kontaveit aus Estland in nur 53 Minuten mit 6:1, 6:1. Die Spanierin Muguruza, derzeit nur die Nummer 32 im WTA-Ranking, gewann mit 7:5, 6:3 gegen Anastassija Pawljutschenkowa (Russland), die zuvor Angelique Kerber bezwungen hatte.
"Es wird ein hartes Match", sagte Muguruza, Siegerin in Wimbledon 2017 und bei den French Open 2016, zum anstehenden Duell mit Halep. Das zweite Halbfinale bestreiten die Weltranglistenerste Ashleigh Barty (Australien) und die an Nummer 14 gesetzte Sofia Kenin (USA), die ihre Viertelfinalmatches bereits am Dienstag bestritten hatten. Beide Partien finden am Donnerstag statt (ab 0.00 Uhr MEZ).
Halep hat die Runde der letzten Vier bei einem der vier großen Turniere zum achten Mal erreicht, zum zweiten Mal in Melbourne. Im vergangenen Jahr gewann sie in Wimbledon, 2018 die French Open. Muguruza steht zum fünften Mal im Halbfinale eines Grand Slams, zum ersten Mal bei den Australian Open.
"Ich bin glücklich, dass ich mein bestes Tennis spielen konnte. Ich habe mich großartig gefühlt", sagte Halep, die nach einer 1:0-Führung der an Nummer 28 gesetzten Kontaveit elf Spiele nacheinander gewann. Muguruza musste bei Temperaturen um 27 Grad immerhin 1:33 Stunden um den Einzug ins Halbfinale kämpfen.
Halep hatte vor zwei Jahren das Finale der Australian Open erreicht, unterlag dort allerdings Caroline Wozniacki (Dänemark). 2017 (gegen Jelena Ostapenko/Lettland) und 2014 (gegen Maria Scharapowa/Russland) verlor sie jeweils das Endspiel der French Open. Muguruza scheiterte 2015 im Finale von Wimbledon an Serena Williams (USA).
Australian Open: Viertelfinals im Überblick
Spieler/in 1 | Spieler/in 2 | Ergebnis |
Simona Halep | Anett Kontaveit | 6:1, 6:1 |
Garbine Muguruza | Anastasia Pavlyuchenkova | 7:5, 6:3 |
Alexander Zverev | Stan Wawrinka | 1:6, 6:3, 6:4, 6:2 |
Dominic Thiem | Rafael Nadal | 7:6 (7:3), 7:6 (7:4), 4:6, 7:6 (8:6) |