Als Alexander Zverev nach mehr als dreieinhalb Stunden Schwerstarbeit seinen ersten Matchball verwandelt hatte, stieß er auf dem Court Philippe Chatrier einen Jubelschrei aus, der sicher auch am Eiffelturm noch zu hören war. Der Tennis-Olympiasieger hat den drohenden Zweitrunden-K.o. bei den French Open in allerhöchster Not noch abgewendet.
Der Weltranglistendritte aus Hamburg kämpfte den furios aufspielenden Argentinier Sebastian Baez am Mittwoch dank starker Nerven und Physis mit 2:6, 4:6, 6:1, 6:2, 7:5 nieder. Und war danach einfach nur erleichtert.
"Es war ein unglaubliches Match", sagte Zverev, der einen Matchball abwehren musste und sich nach dem zweiten Satz schon fast im Urlaub in Monaco wähnte, wie er scherzhaft behauptete: "Man spielt nicht immer großartig. Aber ich habe einfach gekämpft, meinen Rhythmus gefunden und bin froh, noch im Turnier zu sein."
Während sich der 25-Jährige letztlich erfolgreich ins Zeug legte, damit er die Jagd nach seinem ersten Grand-Slam-Titel fortsetzen kann, saß Angelique Kerber schon frisch geduscht im Bauch des Court Philippe Chatrier und blickte zufrieden voraus auf ihr anstehendes Duell ums Achtelfinale. "Natürlich schaue ich jetzt weiter und will noch mehr", sagte die dreimalige Grand-Slam-Siegerin, nachdem sie mit Biss und Cleverness den Einzug in die dritte Runde durch einen 6:1, 7:6 (7:2)-Sieg gegen die erst 19 Jahre alte Französin Elsa Jacquemot geschafft hatte.
Zverev, der nun auf den US-Amerikaner Brandon Nakashima trifft, und Kerber sind die beiden letzten verbliebenen deutschen Profis im Feld, da Andrea Petkovic mit einer 1:6, 6:7 (3:7)-Niederlage an der einstigen Weltranglistenersten Wiktoria Asarenka scheiterte. Für Petkovic war es womöglich der letzte Auftritt auf der Asche von Paris. "Das ist wirklich schwierig zu sagen", meinte die 34-Jährige: "Wenn es von meinem Willen abhängig wäre, würde ich noch zehn Jahre spielen." Sie müsse am Ende der Saison aber auf ihren Körper hören.
Angelique Kerber trifft nun auf Alijaksandra Sasnowitsch
Das gilt in Paris auch für Kerber, die ihr Momentum unbedingt nutzen will. Den Traum von einem Karriere-Slam schiebt sie aber entschlossen beiseite: "Es ist noch viel zu weit weg, um überhaupt darüber nachzudenken."
Den nächsten Schritt in die Richtung könnte sie gegen Alijaksandra Sasnowitsch aus Belarus machen, die US-Open-Siegerin Emma Raducanu ausschaltete. Kerber besiegte Sasnowitsch vergangene Woche in drei Sätzen auf ihrem Weg zum Titelgewinn in Straßburg. "Es war ein toughes Match, und es wird nicht einfach", sagte die Linkshänderin, die in ihrer Auftaktpartie gegen die Polin Magdalena Frech noch zwei Matchbälle abwehren musste.
Gegen Jacquemot spielte sie dann aber ihre Erfahrung aus - ganz im Gegensatz zum zunächst völlig indisponierten Zverev. "Ich würde ihn wachrütteln, provozieren", sagte sein Bruder Mischa, der bei Eurosport mitlitt: "Er wartet, dass Baez ihm eine Chance bietet, aber die musst du dir selbst erzwingen."
Die Gedanken schienen sich zu übertragen, denn dann fand der beste deutsche Tennisspieler doch den höchsten Gang, wehrte einen Matchball ab und jubelte nach einem harten Stück Arbeit.