Seine spektakuläre Abschiebung noch vor Beginn der Australian Open 2022 wird Novak Djokovic wohl nie gänzlich verdauen. "Du kannst sowas nicht vergessen. Das ist etwas, das dich wohl bis zum Ende deines Lebens begleiten wird", sagte der 35-jährige Serbe rückblickend auf die Ereignisse vor Jahresfrist. Damals wurde er wegen seines ungeklärten Impfstatus nach einer langen Hängepartie des Landes verwiesen.
Zwölf Monate später vollzog der nationale Verband Tennis Australia am Montag eine Kehrtwende in Sachen Corona. Überraschend verkündete Verbandschef Craig Tiley, dass ab dem 16. Januar in Melbourne auch solche Spieler zu ihren Matches antreten dürfen, die mit dem Coronavirus infiziert sind. Eine Testpflicht wird es nicht geben, die Veranstalter setzen auf die Vernunft von Spielern und Mitarbeitern.
"Wir haben es unseren Spielern und auch unseren über 12.000 Mitarbeitern deutlich gemacht. Wir haben darum gebeten, wenn sich jemand krank fühlt, soll er zu Hause bleiben", wurde Tiley von der australischen Zeitung The Age zitiert. Dennoch könne es "potenziell Spieler geben, die mit COVID antreten werden". Auch die Bekanntmachung einer Infektion sei Sache der Spieler.
Damit wollen die Organisatoren so vorgehen, wie es "momentan in der Gesellschaft" üblich sei. Der australische Spieler Alex de Minaur sagte, die Spieler seien "glücklich wieder an dem Punkt zu sein, wie es vor COVID war".
Professor Michael Toole vom Burnet Institute in Melbourne kritisiert dagegen diese Vorgehensweise. "Wir sind mitten in einer Welle, ich denke nicht, dass wir der Öffentlichkeit weiterhin Signal über Signal senden sollten, dass es alles vorbei ist, denn das ist es nicht", zitierte ihn The Age.
In erster Linie macht sich Toole sorgen um die einzelnen Spieler: "Stell dir vor, du spielst Tennis auf einem Platz im Freien bei 35 Grad, während du dir gerade ein Virus eingefangen hast, das jedes Organ des Körpers beeinflusst." Im Umgang mit der Gesundheit der Spieler sei so eine Entscheidung "fahrlässig".